Falsche Verdächtigung gemäß § 164 StGB - wenn Sie selbst Beschuldigter werden!
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Eine Person zu bezichtigen, eine Straftat begangen zu haben ohne sicheres Wissen dazu oder sogar wider besseren Wissens ist strafrechtlich sehr bedenklich, warnt Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Borken, Velen, Steinfurt). In § 164 StGB wird die sogenannte falsche Verdächtigung als strafbar eingestuft. Das Strafmaß in § 164 Abs. 1 und Abs. 2 StGB beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe.
Wann begehe ich eine falsche Verdächtigung gem. § 164 Abs. 1 StGB?
In § 164 Abs.1 StGB wird unter Strafe gestellt, einen anderen bei
- einer Behörde,
- einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger,
- militärischen Vorgesetzten oder
- öffentlich
einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht zu verdächtigen. Die Behauptung muss wider besseren Wissen erfolgen und in der Absicht ein behördliches Verfahren oder eine andere behördliche Maßnahme herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.
Wann verdächtige ich eine andere Person?
Man verdächtigt eine Person, indem man durch seine Äußerungen einen neuen Verdacht begründet oder einen bestehenden Verdacht bestärkt. Oftmals erfolgt dies, indem eine Strafanzeige bei der Polizei erhoben wird oder durch eine Aussage im Rahmen von Zeugen- oder Beschuldigtenvernehmungen.
Die verdächtigende Aussage muss sich auf eine rechtswidrige Tat oder die Verletzung einer Dienstpflicht beziehen. Dabei müssen Tatsachen behauptet werden, welche die Begehung der Tat belegen. Werturteile über eine Person genügen nicht. Die Aussage muss geeignet sein, wirklich einen Verdacht zu begründen bzw verstärken, welcher die Einleitung eines Verfahren hervorzurufen kann. Zum Beispiel würde darunter fallen seinen Nachbarn aus Missgunst des Diebstahls an den eigenen Sachen zu beschuldigen. Dazu muß man wissen, dass die Hürde für einen Anfangsverdacht in Deutschland sehr niedrig ist - entsprechend leicht können bedachte und unbedachte Äußerungen bereits eine falsche Verdächtigung darstellen.
Das bloße Leugnen einer Ihnen vorgeworfenen Tat ist keine Verdächtigung und wird demnach nicht von § 164 Abs. 1 StGB erfasst. Dies meint, dass wenn man selber beschuldigt wird, eine Tat begangen zu haben und dies leugnet, sodass der Verdacht geradezu notwendig auf eine andere Person fällt, dann ist es nicht strafbar.
Leugnet man jedoch die eigene Täterschaft und bezichtigt dann wider besseren Wissens eine andere Person dieser Tat, ist dies strafbar.
Sich selber fälschlicherweise zu beschuldigen, ist nicht strafbar. Ebenso scheidet § 164 Abs. 1 StGB aus, wenn offensichtlich ist, dass die Verdächtigung zu keiner der im Gesetz genannten Reaktionen, wie der Einleitung eines Verfahrens, führt.
Die getätigte Verdächtigung muss falsch sein. Eine Behauptung ist unwahr, wenn sie in ihrem wesentlichem Teil, welcher den Verdacht begründet, nicht der Wirklichkeit entspricht.
Eine falsche Verdächtigung liegt übrigens auch vor, wenn ich eine tatsächliche Straftat zu einer schwerwiegenderen Tat aufbausche. Beispiel: Ich bin mit der flachen Hand in der Disco geschlagen worden und daher tatsächlich Opfer einer einfachen Körperverletzung. Bei der Polizei behaupte ich als Zeuge jedoch in blumigen Schilderungen, der Täter habe mich mit einem Bierglas geschlagen. Dieses Aufbauschen der einfachen zu einen gefährlichen Körperverletzung ist eine falsche Verdächtigung.
Die falsche Verdächtigung kann auch erfolgen, indem zwar wahre Tatsachen vorgetragen werden, aber wesentliche Umstände zur Beurteilung der Strafbarkeit bewusst verschwiegen werden.
Hier ist der erste Anknüpfungspunkt für einen Strafverteidiger. Dieser kann Ihre Aussage im Hinblick auf ihre Falschheit überprüfen. Werden wirklich falsche Tatsachen behauptet oder lediglich Beobachtungen erzählt? Wussten Sie, dass ihre Aussage nicht der Wahrheit entspricht? Ein erfahrener Strafverteidiger überprüft dies für Sie und kann entlastende Umstände für sie hervorheben.
Wem gegenüber muss die Verdächtigung geäußert werden?
Die Verdächtigung kann gegenüber einer Behörde, einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger, einem militärischen Vorgesetzten oder öffentlich erfolgen.
In der Praxis erfolgen falsche Verdächtigungen vor allem gegenüber der Staatsanwaltschaft und der Polizei. Die öffentliche Äußerung einer Verdächtigung muss vor einem größeren, durch persönliche Beziehungen nicht verbundenen, Personenkreis geäußert werden. Eine Äußerung im Familienkreis würde nicht genügen.
Wann begehe ich eine falsche Verdächtigung gem. § 164 Abs. 2 StGB?
Gem. § 164 Abs. 2 StGB ist strafbar bei einer in Absatz 1 bezeichneten Stelle oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung aufzustellen, die geeignet ist ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. Ebenfalls sind hier nur Tatsachenbehauptungen erfasst und keine Werturteile.
Sonderfall Bußgeldverfahren:
Behördliche Maßnahmen sind beispielsweise Bußgeldverfahren oder Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Stellt man eine unwahre Behauptungen auf, damit gegen eine Person ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird, dann ist dies strafbar. Dazu gehört als häufiger Fall z.B., als eigentlicher Fahrer in einem Anhörungsbögen der Bußgeldstelle wahrheitswidrig zu behaupten, eine andere Person X sei der Fahrer gewesen. Das gegen X ausgelöste Bußgeldverfahren stellt letztlich eine strafbare falsche Verdächtigung sogar dann dar, wenn X zugestimmt hat, "den Punkt zu übernehmen". Wird X der Anhörungsbogen hingegen nur übergeben und X benennt sich selbst bei der Bußgeldstelle wahrheitswidrig als Fahrer, hat sich der echte Fahrer nicht strafbar gemacht, weil den X sich selbst hat benennen lassen.
Vorsätzliches Handeln
Der Täter muss zum Zeitpunkt seiner Behauptung die Unwahrheit der vorgetragenen Tatsache kennen.
Zudem muss der Täter die Absicht haben, dass ein behördliches Verfahren oder eine behördliche Maßnahme gegen die beschuldigte Person eingeleitet oder fortgesetzt wird. Zum Beispiel genügt die Absicht, dass eine Person, die in U-Haft ist, durch die falsche Verdächtigung weiter festgehalten wird. Die Absicht, dass ein Strafverfahren gegen die Person eingeleitet wird, genügt ebenfalls.
Qualifikation gem. § 164 Abs. 3
Wer eine falsche Verdächtigung vornimmt, um eine Strafmilderung in einem eigenen Strafprozess zu erlangen, der wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Erfasst sind die Strafmilderungen gem. § 46b StGB, § 31 BtMG und § 4a Anti-Doping-Gesetz.
Bei dem Verdacht der falschen Verdächtigung ist oftmals eine Aussage gegenüber der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gemacht worden, welche den Verdacht der falschen Verdächtigung erzeugte.
Wichtig ist nun, dass Sie keinesfalls weitere Aussagen tätigen! Schweigen Sie, kontaktieren Sie einen im Strafrecht versierten Rechtsanwalt und warten Sie die Akteneinsicht in die Ermittlungsakte ab. Wenn Sie durch die Akte wissen, was Ihnen genau vorgeworfen wird, kann Ihr Strafverteidiger Sie dahingehend beraten, wie Sie dem Vorwurf eventuell entgehen können. Er kann Ihre Aussage überprüfen und entlastende Umstände für Sie herausstellen. Wichtig ist es, dass Sie frühzeitig, möglichst aber er ersten Anhörung als Beschuldigter, einen Strafrechtsspezialisten einschalten, damit dieser ab Beginn des Verfahren für Sie kämpfen kann und schon im Ermittlungsverfahren entscheidende Schritte einleitet. Rechtsanwalt Urbanzyk aus Coesfeld weiß als Fachanwalt für Strafrecht: die Justiz verfolgt den Vorwurf falscher Verdächtigung mit aller Härte.
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