Familienrecht Frankreich: eheliche Güterstände und der deutsch-französische Wahlgüterstand

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Zwischen deutschen und französischen Güterständen und insbesondere zwischen den gesetzlichen Güterständen bestehen große Unterschiede, die in der Praxis zu Rechtsunsicherheit und Schwierigkeiten führen können. Dazu kommt, dass in jedem Land ein anderes internationales Privatrechts gilt.

Beispiel: Ein Deutscher und eine Französin heiraten in Deutschland ohne Ehevertrag. Nach drei Jahren zieht die Ehefrau nach Frankreich und beantragt nach einigen Monaten die Scheidung. Je nachdem, ob die Scheidung in Deutschland oder in Frankreich durchgeführt wird, kann für beide Ehegatten ganz unterschiedliche Folgen haben.

Folgende kurze Übersicht vermag die Unterschiede zwischen beiden Rechtssystemen zu verdeutlichen:

I. Der gesetzliche Güterstand

Deutschland: die Zugewinngemeinschaft

Die Zugewinngemeinschaft basiert auf dem Grundsatz, dass jeder das bereits vorhandene und während der Ehe erlangte Vermögen als sein eigenes Vermögen behält und verwaltet. Während der Ehe besteht keine Gütergemeinschaft. Erst bei Beendigung des Güterstandes durch Tod oder Scheidung wird der Vermögenszuwachs ausgeglichen. Dabei wird zunächst das Vermögen der Ehegatten bei Eheschließung (Anfangsvermögen) und bei Zustellung des Scheidungsantrags (Endvermögen) ermittelt. Der Partner mit dem geringeren Vermögenszuwachs wird am Vermögen des anderen Partners beteiligt.

Frankreich: Errungenschaftsgemeinschaft (Communauté réduite aux acquêts)

Der gesetzliche Güterstand ist die Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts). Dabei werden die nach der Eheschließung erworbenen Güter Gesamtgut (biens communs), die nicht zum Eigengut (bien propres) der Frau oder des Mannes gehören. Das Eigengut (biens propres) eines jeden Partners steht im Alleineigentum. Zu dem Eigengut zählen alle höchstpersönlichen Güter, wie beispielsweise die Kleidung und Gegenstände zur Berufsausübung, sowie das Eigentum, das jeder Partner vor der Eheschließung innehatte. Damit werden auch Güter, die diese später ersetzen, oder die durch Erbschaft oder unentgeltlich erworben werden, Eigengut.

II. Die vertraglichen Güterstände


Deutschland:

1) Die Gütertrennung
Durch Ehevertrag können die Eheleute festlegen, dass nach Scheidung oder Tod kein Zugewinnausgleich stattfindet. Während und nach der Ehe behält jeder sein vorhandenes und erworbenes Vermögen. Der Güterstand wird durch Auflösung der Ehe oder ehevertragliche Bestimmung beendet. Aber auch bei der Gütertrennung können vermögensrechtliche Ansprüche entstehen. Beispiel: Der Ehegatte, der im Betrieb des anderen Ehegatten mitarbeitet, hat einen Anspruch gegen den anderen Ehegatten.

2) Die Gütergemeinschaft
Durch Ehevertrag können die Eheleute festlegen, dass das in die Ehe eingebrachte und das während der Ehe erworbene Vermögen zum gesamthänderischen gemeinschaftlichen Vermögen wird. Die Beendigung der Gütergemeinschaft erfolgt durch die Auseinandersetzung des Gesamtgutes.

Frankreich:

1) Der Güterstand der vereinbarten Gemeinschaft (Communautés conventionnelles)
Durch notariellen Ehevertrag (contrat de mariage) können die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand abändern.
Beispiel: Die Ehegatten können vereinbaren, dass die Verwaltung der Güter nur gemeinschaftlich erfolgen kann und ihrer beider Unterschriften bedarf.

2) Der Güterstand der Gütertrennung (La séparation des biens)
Die Ehegatten können vereinbaren, dass jeder die Verwaltung, den freien Gebrauch und die freie Verfügung seines Vermögens behält. Das Vermögen jedes Ehegatten ist getrennt zu behandeln. Es entsteht kein gemeinschaftliches Vermögen.

3) Der Güterstand der Teilhabe an der Errungenschaft (La participation aux acquêts)
Jeder Ehegatte behält das Recht zur Verwaltung, Nutzung und zur freien Verfügung über sein persönliches Vermögen. Während der Ehe ähnelt der Güterstand daher dem Güterstand der Gütertrennung. Erst bei der Auflösung des Güterstandes werden die Errungenschaften durch Vergleich von Anfangs- und Endvermögen ausgeglichen.

III.Der deutsch-französische Wahlgüterstand

Diese Darstellung zeigt: Die Unterschiede der Güterstände nach deutschem und französischem Recht sind erheblich. Eine Angleichung erfolgte durch den deutsch-französischen Wahlgüterstand.

Der deutsch-französische Wahlgüterstand soll nicht nur deutschen Ehegatten in Frankreich oder französischen Ehegatten in Deutschland bzw. deutsch-französischen Paaren zur Wahl stehen, sondern auch ausländischen Ehegatten in Frankreich oder Deutschland. Ein internationaler Bezug ist bei dem deutsch-französischen Wahlgüterstand nicht erforderlich, sodass auch ein deutsches Paar in Deutschland oder ein französisches Paar in Frankreich den deutsch-französischen Güterstand wählen können.

Der deutsch-französische Wahlgüterstand wird durch Ehevertrag begründet. Er richtet sich nach der deutschen Zugewinngemeinschaft und berücksichtigt die Besonderheiten des französischen Rechts.

Die Vermögen bleiben während der Ehe, wie bei der deutschen Zugewinngemeinschaft, getrennt. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen in eigener Verantwortung. Die Verfügungsbeschränkungen gewährleisten, dass der Güterstand in beiden Rechtsordnungen identisch ist.

Der Wahlgüterstand wird durch den Tod eines Ehegatten, den Wechsel des Güterstandes oder eine rechtskräftige Scheidung beendet. Durch Ausgleich des Zugewinns soll der Ehegatte mit dem geringeren Vermögenszuwachs die Hälfte des Überschusses des anderen Ehegatten verlangen dürfen. Für die Bewertung des Vermögenszuwachses kommt es zu einem Vergleich der Anfangs- und Endvermögen.

Insbesondere das Anfangsvermögen enthält Besonderheiten des französischen Rechts, indem beispielsweise neben Erbschaft und Schenkung auch Schadensersatz und Schmerzensgeld zum privilegierten Erwerb gehören. Grundsätzlich kann das Anfangsvermögen negativ sein. Bei der Bewertung von Vermögensgegenständen wird der Wert am Tag des Eintritts in den Güterstand berücksichtigt.

Beispiel: Ein Ehegatte hatte bei Eintritt in den Güterstand Aktien im Wert von 5.000 €, die während der Ehe einen Wert von 6.000 € erzielt haben. Es wird im Anfangsvermögen der Betrag von 5.000 € berücksichtigt und 1.000 € als Zugewinn. Anderes gilt für Immobilien. Zur Bestimmung des Anfangsvermögens wird der Wert der Immobilie am Tag der Beendigung des Güterstands berücksichtigt.

Das Endvermögen wird am Tag der Einreichung des Scheidungsantrags bewertet. Der Anspruch auf Zugewinn ist ein Anspruch in Geld und ist auf die Hälfte des Überschusses begrenzt.

Der deutsch-französische Wahlgüterstand kann daher Erleichterungen und Vorteile für Eheleute, die in beiden Ländern leben möchten oder verwurzelt sind, bedeuten.

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