Fehlende Angaben im BU-Antrag – darf der Versicherer anfechten?

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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Versicherer nur 10 Jahre nach Abschluss des Vertrages diesen anfechten. Danach nicht mehr.

Anfechtung – sehr beliebt bei Versicherungsunternehmen

Die Zahlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ist für einen Versicherer sehr teuer. Deshalb werden in der Regel bei Beantragung einer Berufsunfähigkeits-Rente die Angaben im Versicherungsantrag zu Vorerkrankungen sehr genau unter die Lupe genommen.

Der Versicherer verschickt in der Regel bei Beantragung einer BU-Rente einen ausführlichen Fragebogen, den der Versicherungsnehmer ausfüllen muss. In dem Fragebogen werden ausführlich Fragen gestellt zu dem Krankheitsbild sowie wann zum ersten Mal die Erkrankung aufgetreten und eine ärztliche Behandlung erfolgt ist.

Wurden zum Zeitpunkt der Beantragung der Versicherung Erkrankungen verschwiegen, versucht der Versicherer, wegen Verschweigens der Vorerkrankungen durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung von seiner Leistungspflicht zu entziehen.

Wir empfehlen: Lassen Sie sich bereits beim Ausfüllen des Fragebogens beraten.

Versicherungsvertreter: Das müssen Sie nicht angeben – darf das Versicherungsunternehmen dann anfechten und die Zahlung verweigern?

Eine Mandantin der Kanzlei Dawood Rechtsanwälte hat das Ausfüllen des Versicherungsvertrages die Fragen mit dem Vermittler besprochen.

Dabei hat unsere Mandantin Allergien, eine Kur und vorherige Arztbesuche mit dem Vermittler besprochen. Der Vermittler sagte unserer Mandantin, all dies sei nicht so wichtig, das könne man weglassen.

Möglicherweise wollte der Vermittler den Vertrag schnell abschließen und Nachfragen vom Versicherer verhindern. Oder er wusste sogar, dass das Versicherungsunternehmen mit diesen Angaben ein Vertrag entweder gar nicht oder nur mit erheblichen Aufschlägen abgeschlossen hätte.

Schlimm für unsere Mandantin, sie wurde tatsächlich aufgrund einer Krankheit berufsunfähig. Das Versicherungsunternehmen hat den Vertrag angefochten mit der Begründung, dass beim Versicherungsantrag frühere Arztbesuche verschwiegen wurden.

Voraussichtlich werden wir bald Klage einreichen und vortragen, dass die Versicherung die frühen Arztbesuche kannte. Denn das Wissen des Versicherungsvertreters (in dem Gespräch wurden die Angaben gemacht und er wusste davon) ist dem Versicherungsunternehmen zuzurechnen. Das Versicherungsunternehmen

In vielen Fällen gibt es auch noch bei einer Anfechtung durchaus Chancen, sich zu wehren und BU-Leistungen zu bekommen

Achtung: Anfechtung 10 Jahre nach Abschluss des Vertrages nicht mehr möglich!

Der Versicherer kann jedoch nur 10 Jahre nach Abschluss des Vertrages anfechten. Nach Ablauf von 10 Jahren ist eine solche Anfechtung nicht mehr möglich. Die Grundlagen hierzu hat der Bundesgerichtshof unter anderem in einem Urteil vom 25.11.2015 (IV ZR 277/14) gelegt. In diesem Verfahren hatte die Frau als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes die Berufsunfähigkeits-Versicherung verklagt. 

Ihr Ehemann hatte eine Gruppen-Lebensversicherung über den Arbeitgeber mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen. Im Jahr 2002 wurde die bestehende Lebensversicherung um die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung erweitert. 

Der verstorbene Ehemann hatte im Jahr 2002 angegeben, unter keiner Krankheit zu leiden oder zu dieser Zeit an Parkinson erkrankt war. Ab dem Jahr 2008 war der Ehemann berufsunfähig. Erst im Januar 2012 machte er Leistungsansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geltend. Wahrheitsgemäß gab er an, bereits seit dem Jahr 1990 an Parkinson erkrankt zu sein. 

Das Versicherungsunternehmen hat erst im Juli 2012 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aufgrund des Verschweigens der Vorerkrankung erklärt. Leistungen aus der Versicherung wurden abgelehnt.

Der Bundesgerichtshof hat der Ehefrau Ansprüche gegen den Versicherer zugesprochen und dabei ausgeführt, dass die Anfechtung des Versicherungsunternehmens im August 2012 zu spät war, weil die 10-Jahres-Frist (Vertragsschluss im April 2002) bereits abgelaufen war.

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