FG Schleswig-Holstein 1 K 37/23 – Grundfreibetrag Einkommensteuer verfassungsgemäß?

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FG Schleswig-Holstein 1 K 37/23 – Grundfreibetrag Einkommensteuer verfassungsgemäß?

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Kläger, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden, fechten die Festsetzung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlungen für die Jahre 2023 und 2024 an.

Sie argumentieren, dass der im Einkommensteuergesetz (§ 32a Abs. 1 EStG) festgelegte Grundfreibetrag verfassungswidrig sei,

da er zu niedrig angesetzt sei und das Existenzminimum nicht ausreichend berücksichtige.

Die Kläger führen an, dass der Grundfreibetrag sowohl hinter der Inflation zurückbleibe als auch deutlich unter dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum liege, welches durch das neue Bürgergeld definiert wurde.

Sie sehen darin einen Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), da Steuerzahler gegenüber Bürgergeld-Empfängern benachteiligt würden.

FG Schleswig-Holstein 1 K 37/23 – Grundfreibetrag Einkommensteuer verfassungsgemäß?

Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts:

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Der Grundfreibetrag in § 32a Abs. 1 EStG ist sowohl für 2023 als auch für 2024 verfassungsgemäß.

Begründung:

  • Anwendbarkeit des § 32a Abs. 1 EStG: Das Gericht stellte fest, dass die im Inflationsausgleichsgesetz (InflAusG) festgelegten Grundfreibeträge für die Jahre 2023 und 2024 anzuwenden sind.
  • Verfassungsrechtliche Prüfung:Das Gericht prüfte die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
    • Existenzminimum: Das BVerfG hat entschieden, dass das steuerfreie Existenzminimum den sozialhilferechtlich definierten Mindestbedarf nicht unterschreiten darf.
    • Regelbedarf: Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass der im 14. Existenzminimumbericht ermittelte Regelbedarf verfassungswidrig ermittelt wurde. Die Fortschreibung des Regelbedarfs erfolgte anhand eines Mischindexes, der die Preisentwicklung und die Entwicklung der Nettolöhne berücksichtigt.
    • Unterkunftskosten: Die Kläger bemängelten, dass die im Grundfreibetrag berücksichtigten Kosten für die Unterkunft zu niedrig seien. Das Gericht hielt die im Existenzminimumbericht zugrunde gelegte Wohnfläche von 40 qm (60 qm für Ehepaare) für angemessen. Es sei zulässig, dass sich der Gesetzgeber bei der Bemessung der Wohnkosten an einem unteren Wert orientiert, wenn er zugleich ergänzende Sozialleistungen wie Wohngeld zur Verfügung stellt.

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  • Heizkosten: Auch die im Existenzminimumbericht prognostizierte Steigerung der Heizkosten sah das Gericht als verfassungsgemäß an. Der Gesetzgeber habe mit dem Wohngeld und dem Heizkostenzuschuss zusätzliche Regelungen zur Entlastung bei den Heizkosten geschaffen.
  • Mehrbedarf für Erwerbstätige: Die Kläger argumentierten, dass ein Mehrbedarf für Erwerbstätige von 25 % des Regelsatzes zu berücksichtigen sei. Das Gericht wies dies zurück, da ein solcher Mehrbedarf im Sozialrecht nicht mehr vorgesehen ist.
  • Unterschiedliche Regelbedarfe in 2024: Das Gericht erkannte an, dass der im Sozialrecht und im Steuerrecht berücksichtigte Regelbedarf für das Jahr 2024 unterschiedlich hoch ist. Im Sozialrecht wurde ein höherer Regelbedarf angesetzt als im Steuerrecht. Dies sah das Gericht zwar als verfassungsrechtlich bedenklich an, genügte aber nicht für die Annahme einer Verfassungswidrigkeit. Das BVerfG habe dem Gesetzgeber eine Typisierung zugestanden und im Bereich der Wohnkosten eine Orientierung am unteren Wert erlaubt.

Fazit:

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat die Klage abgewiesen, da es keine hinreichenden Gründe für eine Verfassungswidrigkeit des Grundfreibetrags in den Jahren 2023 und 2024 sah.

Das Gericht hat die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

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