Fragen rund um das Wechselmodell

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Nach einer Trennung stehen die Eltern, wenn ein gemeinsames Kind vorhanden ist, oft vor der Frage, wo das Kind leben wird. Mittlerweile entscheiden sich immer mehr Eltern für das sog. Wechselmodell. 

Seit dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes vom 01.02.2017 kann ein Familiengericht das Wechselmodel auch (gegen den Willen eines Elternteiles) anordnen, wenn der andere Elternteil dieses beantragt. 

1. Was bedeutet das Wechselmodell?

Beim Wechselmodell teilen sich Vater und Mutter paritätisch – also zu gleichen Teilen – die Kinderbetreuung. Das Kind lebt also zu ca. 50 Prozent bei seiner Mutter und zu ca. 50 Prozent beim Vater. Der häufigste Fall ist dabei der wochenweise Wechsel von einem Elternteil zum anderen Elternteil. 

Das Gegenteil bildet das sog. Residenzmodell. Hier lebt das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil und sieht den anderen Elternteil zu bestimmten Umgangszeiten, z. B. jedes zweite Wochenende von Freitag bis Sonntag sowie in den Ferien. 

2. Wer muss wieviel Unterhalt leisten?

Beim Residenzmodell übernimmt der Elternteil, der mit dem Kind zusammenlebt, die Betreuung und leistet damit den Betreuungsunterhalt überwiegend allein. Der andere Elternteil ist dann barunterhaltspflichtig, schuldet also Kindesunterhalt. 

Beim Wechselmodell übernehmen beide Elternteil die Betreuung zu gleichen Teilen und müssen auch für den Barunterhalt anteilig aufkommen. In diesem Fall richtet sich der Unterhaltsbedarf des Kindes nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Elternteile. 

Verdient also der Vater z. B. 2500 Euro netto und die Mutter 1500 Euro netto, ergibt das gemeinsame Einkommen 4000 Euro (= 100 Prozent). Der Vater trägt zu 62,5 Prozent dazu bei, die Mutter zu 37,5 Prozent. In dieser Höhe müssen sie jeweils auch den anfallenden Unterhaltsbedarf ihres Kindes decken. Zuvor können sie aber von ihrem Einkommen noch ihren Selbstbehalt sowie die Hälfte des Kindesbedarfs abziehen, da beide zur Hälfte auch Betreuungsunterhalt leisten. Der Elternteil, der kein Kindergeld erhält, darf darüber hinaus den Kindsbedarf noch um die Hälfte des Kindergelds mindern. Dagegen muss sich der Elternteil, dem das Kindergeld ausbezahlt wird, dieses voll anrechnen lassen.

3. Was sind die Vorteile des Wechselmodells?

Die Vorteile liegen klar auf der Hand – das Kind hat zu beiden Elternteilen gleich viel Kontakt, beide Elternteile erleben den Alltag und die Entwicklung ihres Kindes zu gleichen Teilen. Es tritt keine Entfremdung zwischen dem Kind und einem Elternteil auf, die Eltern-Kind-Bindung bleibt stabil. Die regelmäßige Betreuung durch beide Elternteile kann die Entwicklung des Kindes fördern. 

Auch für die Eltern kann das Wechselmodell vorteilhaft sein – es kann zur Entlastung der Eltern führen, die so wesentlich entspannter reagieren können und Platz für eigene Bedürfnisse und Freizeitaktivitäten haben.

4. Was sind die Nachteile des Wechselmodells?

Das Kind muss ständig zwischen zwei Wohnsitzen hin und her pendeln – gerade dann, wenn dazwischen große Entfernungen liegen, kann das für ein Kind belastend sein. Für viele Kinder kann der häufige Wechsel zu einem Gefühl der Zerrissenheit führen, es fühlt sich bei keinem Elternteil richtig zu Hause, weil die Kontinuität fehlt. 

Beide Elternteile müssen ein komplett eingerichtetes Kinderzimmer vorhalten und auch Kleidung, Spielsachen, Kosmetik etc. muss doppelt vorhanden sein. 

5. Was sollte gegeben sein, um das Wechselmodell auszuüben?

Voraussetzung, um das Wechselmodell zu praktizieren, sollte natürlich sein, dass das Kind zu beiden Elternteilen eine enge Bindung hat. Die Eltern müssen auch nach der Trennung eine gute Kommunikation miteinander haben und sich eng abstimmen. Die Erziehungsmethoden des anderen Elternteiles sollten bekannt sein und beide dieselben Ziele verfolgen. Neben dem angesprochenen genügenden Raum bei jedem Elternteil sollten auch Mutter und Vater in den Betreuungszeiten ausreichend Zeit haben, um sich tatsächlich um das Kind zu kümmern. 

Außerdem wäre wichtig, dass die Eltern nicht zu weit auseinander leben, damit das Kind nicht zu sehr aus seinem gewohnten Umfeld herausgerissen wird und bei beiden Elternteilen Kontakte zu Spielkameraden oder Schulfreunden pflegen und seinen Freizeitaktivitäten nachgehen kann. 

Entspricht das Wechselmodell nicht dem Kindeswohl oder den Interessen des Kindes, sollte von der Durchführung des Wechselmodells abgesehen werden. 


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