Geldbuße wegen Verstoß gegen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): EuGH verlangt ein Verschulden.

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Datenschutzverletzung und Datenschutzgrundverordnung

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist ein wichtiges Gesetz, das am 24. Mai 2016 in Kraft getreten ist und seit dem 25. Mai 2018 in der gesamten Europäischen Union (EU) gilt. Sie hat die bisherige allgemeine Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG ersetzt und zielt darauf ab, die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen zu schützen, insbesondere ihr Recht auf Datenschutz. Die DSGVO ist ein bedeutender Schritt in der Entwicklung des Datenschutzes und wird weltweit als Maßstab betrachtet.

Die DSGVO hat auch erhebliche finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen, die gegen ihre Bestimmungen verstoßen. Insbesondere können Geldbußen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4% des weltweit erzielten Jahresumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr verhängt werden, je nachdem, welcher Wert höher ist. 

Diese hohen Geldbußen unterstreichen die Bedeutung der Einhaltung der DSGVO und die Notwendigkeit für Unternehmen, Datenschutzbeauftragte zu benennen und ihre Datenschutzpraktiken regelmäßig zu überprüfen.

Trotz der Bedeutung der DSGVO und der potenziellen Geldbußen bei Verstößen gibt es immer noch viele Unsicherheiten in Bezug auf ihre Umsetzung. Dies liegt zum Teil daran, dass die DSGVO eine europäische Verordnung ist, die von den nationalen Gesetzgebern ausgestaltet werden muss. Zudem gibt es ständige Rechtsprechung über den EuGH, der die Pflichten und Anforderungen an die Datenschutzgrundverordnung konkretisiert.

Daher ist es wichtig, dass Unternehmen und Organisationen sich kontinuierlich über die neuesten Entwicklungen und Interpretationen der DSGVO informieren und ihre Datenschutzpraktiken und Handlungen entsprechend anpassen.


Neue Urteile zugunsten von Unternehmen: Keine Geldbuße mangels Verschulden

Ende 2023 ergingen durch den EuGH noch richtungsweisende Urteile für Unternehmen in Hinblick auf Bußgelder bei Datenschutzverstößen.

Die Urteile C-683/21 und C-807/21 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 5. Dezember 2023 betreffen Fragen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der Verhängung von Geldbußen bei Verstößen gegen diese.

a. Urteil C-807/21

Im Fall C-807/21 ("Deutsche Wohnen") ging es um die Frage, ob Datenschutzbehörden Geldbußen gegen Unternehmen nach Art. 83 DSGVO auch ohne Nachweis eines Verschuldens verhängen können. Der EuGH entschied, dass Geldbußen nur dann verhängt werden dürfen, wenn nachgewiesen ist, dass der Verantwortliche, der eine juristische Person und zugleich ein Unternehmen ist, einen in Art. 83 DSGVO genannten Verstoß begangen hat und dass dieser Verstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. 

Der Sachverhalt betraf das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen, gegen das eine Geldbuße von über 14 Mio. Euro verhängt wurde.

b. Urteil C-683/21

Im Fall C-683/21 ("Nacionalinis visuomenės sveikatos centras") entschied der EuGH, dass es für ein Bußgeld allerdings bereits ausreicht, dass sich ein Unternehmen über einen Datenschutzverstoß „nicht im Unklaren sein konnte“. D. h. ein bewusstes Untätigsein oder Wegschauen kann als untere Schwelle zur Auslösung eines Datenschutzverstoßes und eines auslösenden Bußgeldes angesehen werden.

Ob den Verantwortlichen der DSGVO-Verstoß bewusst gewesen sei, sei unerheblich. Dies gelte sogar dann, wenn ein anderes Unternehmen als Auftragsverarbeiter datenschutzwidrig gehandelt habe. Der Sachverhalt betraf das Nationale Zentrum für öffentliche Gesundheit in Litauen, das im Zusammenhang mit der Entwicklung einer App zur Erfassung und Überwachung der Daten der dem Covid-19-Virus ausgesetzten Personen eine Geldbuße erhielt.


Die Pflicht der Unternehmen zur Beachtung von Datenschutzverstößen nach der DSGVO bewegt sich daher in dem Rahmen "vermuteter Datenschutzverstoß" bis hin zu konkreter rechtswidriger Handlung.

Unterhalb dieser Schwelle fehlt es an einem Verschulden und ein Bußgeld ist nach Intention des EuGH nicht rechtmäßig.


Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der EuGH in beiden Urteilen die Anforderungen an die Verhängung von Geldbußen nach Art. 83 DSGVO präzisiert hat. Im Fall "Deutsche Wohnen" wurde klargestellt, dass ein Verschulden des Verantwortlichen nachgewiesen werden muss. 

Im Fall "Nacionalinis visuomenės sveikatos centras" wurde festgestellt, dass ein Unternehmen auch dann mit einem Bußgeld belegt werden kann, wenn es sich über einen Datenschutzverstoß nicht im Unklaren sein konnte, selbst wenn der Verstoß von einem Auftragsverarbeiter begangen wurde.

Final lässt sich zu den neuen Urteilen sagen, dass die DSGVO Unternehmen umfangreiche Pflichten auferlegt, um den Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Pflichten können zu erheblichen Geldbußen führen, wobei die Gerichte klargestellt haben, dass diese nur bei schuldhaften Verstößen verhängt werden können. Unternehmen sind daher gut beraten, die Anforderungen der DSGVO ernst zu nehmen und sicherzustellen, dass sie diese vollständig erfüllen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub generiert über Midjourney ai

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