Gemeinsamer Scheidungsanwalt - selten eine gute Idee

  • 2 Minuten Lesezeit

Die Scheidung ist eine der stressigsten und emotional aufregendsten Erfahrungen, die ein Paar durchmachen kann. Neben den rechtlichen Angelegenheiten und emotionalen Belastungen bereiten auch die finanziellen Fragen der Auseinandersetzung der Ehe vielen Beteiligten Kopfzerbrechen.

Viele Mandant:innen kommen auf uns zu und erfragen, ob sie auch einen gemeinsamen Scheidungsanwält:in beauftragen können. Meist ist die Motivation hierfür die erwartete Kostenersparnis.

Die Frage, ob die Beteiligten auch einen Anwalt oder eine Anwältin gemeinsam beauftragen können kann grundsätzlich mit „Ja“ beantwortet werden. Zu beachten ist jedoch, dass dies nur in sehr begrenzten Fällen der Fall ist und in den meisten Konstellationen auch nicht empfehlenswert ist.

1. Einvernehmliche Scheidungen

Von einvernehmlichen Scheidungen wird gesprochen, wenn sich die Ehegatten über sämtliche Scheidungs- und Scheidungsfolgenangelegenheiten einig sind. Ist dies der Fall, kann grundsätzlich eine Bevollmächtigung von nur einem Anwalt erfolgen. Grund hierfür ist, dass gem.  § 114 Abs. 4 Nr. 3 FamFG nur der Antragsteller des Antrags auf Ehescheidung anwaltlich vertreten sein muss. Sofern der Antragsgegner dem Scheidungsantrag uneingeschränkt zustimmen will, besteht für ihn kein Anwaltszwang. In genau dieser Konstellation ist es möglich, sich bereits im Vorhinein darauf zu einigen, dass nur einer der Ehepartner anwaltlich vertreten ist.

2. Streitige Scheidungsverfahren

Von streitigen Scheidungsverfahren spricht man, sobald die Ehegatten in Bezug auf die Ehescheidung widerstreitende Interessen verfolgen. Diese ergeben sich in aller Regel durch divergierende Vorstellungen der Ehepartner in Bezug auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung oder Unterhaltverpflichtung bzw. Höhe der Unterhaltsleistungen. Eine objektive und im besten Interesse des Mandanten/ der Mandantin geführte Beratung beider Mandant:innen ist dann nicht mehr möglich. In diesen Fällen kann ein Anwalt daher nicht beide Beteiligte der Scheidung beraten. Dies ist durch die Berufsordnung für Rechtsanwälte sogar verboten. Nach §   3 Abs. 1 BORA darf ein Rechtsanwalt/ eine Rechtsanwältin nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder in sonstiger Weise mit dieser Rechtssache beruflich befasst war.

3. Problematische Fälle

Problematisch wird es, wenn das Scheidungsverfahren in dessen Verlauf (unerwarteterweise) doch noch streitig wird. Wenn dann der Anwalt/ die Anwältin des Antragstellers/ der Antragstellerin im Vorfeld ein gemeinsames Beratungsgespräch mit den Beteiligten geführt hat, bestehen haftungsrechtliche Gefahren. Ab diesem Zeitpunkt sollte der Anwalt/ die Anwältin das Mandat spätestens niederlegen. Folge ist, dass der betreffende Anwalt dann keinen der beiden Eheleute mehr beraten kann. Die erhoffte Kostenersparnis ist dann nicht eingetreten.

4. Fazit

Die Erfahrung zeigt, dass viele Eheleute sich im Verlauf der Vorbereitung der Scheidung doch über einzelne Scheidungsfolgen uneinig werden. Dann geraten die Eheleute bei vorheriger gemeinsamer Beauftragung eines Scheidungsanwalts/ eines Scheidungsanwältin unter Druck, sich gegeben Falls eine neue Interessenvertretung suchen zu müssen. Besser ist es also, wenn – auch bei einvernehmlichen Scheidungen – gleich beide Eheleute einen eigenen Anwalt/ eine eigene Anwältin beauftragen, die ihre jeweils individuellen Interessen vertreten. Die jeweils Bevollmächtigten können das Scheidungsverfahren dann noch immer einvernehmlich und ohne persönliche Auseinandersetzung führen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Svenja Auerswald

Beiträge zum Thema