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Gesetzesänderungen im Dezember 2021: Verbraucherfreundlichere Vertragsregeln, verbessertes P-Konto und mehr

  • 8 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Schuldnerfreundliche Änderungen beim Pfändungsschutzkonto 

Für das Pfändungsschutzkonto gelten ab Dezember neue und übersichtlichere Regeln. Auf dem auch als P-Konto bezeichneten besonderen Girokonto verbleibt ein vor der Pfändung geschütztes Guthaben. Von Pfändung bedrohte Schuldner sollen dadurch davor bewahrt werden, dass sie mangels eines ausreichenden Kontoguthabens beispielsweise keine Miete mehr zahlen können und ihnen die Wohnungskündigung droht. Mehr als ein P-Konto pro Person ist unzulässig, da bei mehreren P-Konten der nur einmal gewährte Pfändungsschutzbetrag überschritten würde. Im Jahr 2018 bestanden bereits über 2,5 Millionen P-Konten.

Neuer eigener Abschnitt in der ZPO

Was ändert sich nun im Wesentlichen? Zunächst erhalten die P-Konto-Regeln einen eigenen Abschnitt in der Zivilprozessordnung (ZPO), der mit § 899 ZPO beginnt. Bisher waren die P-Kontoregeln vor allem im § 850k ZPO konzentriert. Der entsprechend unübersichtliche Paragraf wird damit nun entschlackt.

Umwandlung und Rückumwandlung von Konten

Neu ist, dass auch ein negativer Saldo auf einem existierenden Konto dessen Umwandlung in ein P-Konto nun ausdrücklich nicht entgegensteht. Ein P-Konto darf jedoch weiterhin nur als Guthabenkonto und nicht im Minus geführt werden. Die Umwandlung entsprechender Konten im Soll soll praktisch durch die Schaffung zweier Konten gelöst werden.

Umgekehrt ist nun auch die Rückumwandlung eines P-Kontos in ein Zahlungskonto ohne Pfändungsschutz durch dessen Inhaber gegenüber seiner Bank geregelt. Dafür gilt eine Frist von mindestens vier Geschäftstagen zum Monatsende.

Ansparen von Guthaben ausgedehnt

Für das Ansparen von Guthaben gilt, dass über den pfändungsfreien Betrag hinausgehendes Guthaben nun in den drei nachfolgenden Kalendermonaten zusätzlich zu dem geschützten Guthaben nicht von der Pfändung erfasst wird. Vorher war dieses Ansparen auf den Zeitraum von einem Kalendermonat begrenzt. Die dabei nach der BGH-Rechtsprechung (Az.: IX ZR 3/17) anzuwendende First-in-first-out-Regel findet sich nun auch im Gesetz. Verfügungen sind danach jeweils mit dem Guthaben zu verrechnen, das zuerst dem Pfändungsschutzkonto gutgeschrieben wurde. Der nach einer Pfändung verfügbare Guthabenbetrag ist zudem auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag aufzurunden.

Pfändungsgeschützte Erhöhungsbeträge erweitert

Neben dem Pfändungsfreibetrag waren bereits bisher sogenannte Erhöhungsbeträge geschützt. Als solche gelten etwa Beträge für bestehende gesetzlichen Unterhaltspflichten. Der abgeschlossene Katalog dieser Erhöhungsbeiträge wird nun erweitert. Insbesondere zählen als solche nun Geldleistungen, die dem Schuldner selbst nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden oder die nach landesrechtlichen oder bundesrechtlichen Vorschriften als unpfändbar gelten. Im Einzelfall muss ein P-Kontoinhaber die Unpfändbarkeit entsprechender Beträge gegenüber seinem Kreditinstitut nachweisen. Unbefristete Bescheinigungen gelten für mindestens zwei Jahre. Will ein Kreditinstitut eine Bescheinigung nicht mehr berücksichtigten, muss es das mindestens zwei Monate vorher dem Kontoinhaber mitteilen. Bekommt dieser keinen Nachweis für die Unpfändbarkeit einer Leistung, kann er das dem Vollstreckungsgericht gegenüber glaubhaft machen. Dieses kann die Erhöhungsbeträge dann gerichtlich festsetzen. Zudem kann es auch einen abweichenden pfändungsfreien Betrag festsetzen.

Pfändungsschutz von Nachzahlungen geregelt

Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist künftig zudem der Pfändungsschutz für bestimmte Nachzahlungen. Vollständig besteht er, wenn beispielsweise SGB II-Leistungen ganz oder teilweise nicht für die Zeiträume auf dem Konto eingehen, für die der Leistungsanspruch besteht. Nachgezahltes Arbeitseinkommen ist jedenfalls immerhin bis zum Betrag von 500 Euro geschützt. Darüber hinaus gehende Beträge sind unter weiteren Voraussetzungen geschützt. P-Kontoinhaber sind vergleichbar wie bei Erhöhungsbeiträgen zum Nachweis verpflichtet, dass die Nachzahlung unpfändbar ist. Möglich ist auch hier, dass das Vollstreckungsgericht einen bestimmten pfändungsfreien Betrag festsetzt.

Neue Informationspflichten für Kreditinstitute

Kreditinstitute müssen P-Kontoinhaber nun informieren über das im laufenden Kalendermonat noch verfügbare von der Pfändung nicht erfasste Guthaben und den Betrag, der mit Ablauf des laufenden Kalendermonats nicht mehr pfändungsfrei ist.

Pfändungen von Gemeinschaftskonten

Die Führung eines P-Kontos als Gemeinschaftskonto ist nicht möglich, da es nur einen Inhaber haben darf. Ab Dezember gelten jedoch Regeln für die Pfändung von Guthaben auf Gemeinschaftskonten. Danach gilt für unpfändbares Guthaben, dass die Bank an einen Gläubiger erst nach Ablauf von einem Monat nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses leisten oder den Betrag hinterlegen darf. Betroffene Schuldner können währenddessen von der Bank und unabhängig von anderen Gemeinschaftskontoinhabern die Guthabenübertragung auf ein eigenes Konto und dessen Führung als P-Konto verlangen.

TTDSG mit Cookie-Banner-Alternative

Die Cookie-Abfragen auf nahezu jeder Website sind der prominenteste Punkt, den das ab Dezember geltende Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz – kurz TTDSG – verändern will. Zugleich wird damit die fehlerhafte Umsetzung von EU-Recht durch die Bundesrepublik Deutschland, das bereits vor der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) galt, korrigiert. Die unzureichende Regelung durch nachträglichen Widerspruch von Nutzern gegen den Einsatz zu weitreichender Trackingtechnologien statt ihrer dazu erforderlichen vorherigen Einwilligung hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner sogenannten „Planet49“-Entscheidung festgestellt. Doch bis die nach dem TTDSG vorgesehene Alternative zu Cookie-Abfragen kommt, wird es voraussichtlich noch mindestens bis Ende des kommenden Jahres dauern.

PIMS als abzuwartende Lösung

Insofern dürfen nach § 26 TTDSG die Stelle von Cookie-Abfragen anerkannte Dienste zur Einwilligungsverwaltung treten. Anbieter dieser auch mit „Personal Information Management System“ bezeichneten und mit PIMS abgekürzten Lösungen benötigen jedoch eine Zulassung. Dem dafür zuständigen Bundeswirtschaftsministerium zufolge wird die PIMS regelnde Rechtsverordnung voraussichtlich erst Anfang 2023 anwendbar sein.

Bußgeld bis zu 300.000 Euro

Bis dahin werden Cookie-Abfragen weiterhin breite Verwendung finden. Fest steht dagegen bereits das Bußgeld für Verstöße gegen das Einwilligungsbedürfnis. Nach dem TTDSG kann es bis zu 300.000 Euro betragen. Das gilt insbesondere für den Einsatz von Technologien, die wie etwa mittels Cookies oder Fingerprinting das Nutzerverhalten im Internet verfolgen können.

Aufgrund der Gesetzesformulierung in § 25 TTDSG wird insofern interessant sein, wann dabei in dessen Sinne Informationen auf Endgeräten des Endnutzers gespeichert werden oder der Zugriff auf entsprechende bereits gespeicherte Informationen stattfindet.

In jedem Fall muss die Einwilligung infolge einer klaren und umfassenden vorherigen Information erfolgen. Im Raum steht zudem ein Datenschutzverstoß, wenn die Verarbeitung entsprechender Daten gegen die DSGVO verstößt.

Zusammenführung bestehender Regeln

Das TTDSG vereint darüber hinaus in sich vor allem datenschutzrechtliche Regeln aus dem bisherigen Telekommunikationsgesetz sowie Telemediengesetz. Entsprechend betrifft das TTDSG sowohl Anbieter von Telekommunikationsdiensten als auch Anbieter von Telemediendiensten. Während Telekommunikationsanbieter vorrangig Signale über Telekommunikationsnetze übertragen, bieten Telemedienanbieter Dienste zur elektronischen Information und Kommunikation an. Zu diesen zählen deshalb insbesondere Websitebetreiber.

Durch die Vereinigung finden sich im TTDSG Regeln, die verschiedene datenschutzrechtlich relevante Bereiche betreffen. Mit Blick auf die Telekommunikation sind das insbesondere die Vertraulichkeit der Kommunikation und damit insbesondere das Fernmeldegeheimnis, die Verarbeitung von Verkehrs- und Standortdaten sowie Regeln zu Anrufen wie etwa zur Rufnummernanzeige.

Hinsichtlich Telemedien finden sich neben den eingangs genannten Regeln zum Schutz der Privatsphäre von Nutzern auf Endgeräten weitere zur Datensicherheit, zum Schutz Minderjähriger, und für Auskunftserteilungen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung.

Abschließend enthält das TTDSG Vorschriften zu Strafen und Bußgeldern sowie zum Bundesdatenschutzbeauftragten und zur Bundesnetzagentur als zuständigen Behörden. Die Geldbußen können danach im Einzelfall bis zu 300.000 Euro betragen, wie das oben dargestellte Beispiel bei fehlender Einwilligung zeigt. Mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe sind Vergehen wie das Abhören von Nachrichten bedroht.

Verbraucherfreundlichere Verträge

Mobilfunk-, Festnetz- und Internetverträge verlängern sich in der Regel um die ursprüngliche Dauer, wenn man sie nicht rechtzeitig kündigt. Für entsprechende Verträge mit Verbrauchern ist damit ab Dezember Schluss. Neuverträge dürfen zwar weiterhin mit bis zu 24 Monaten Mindestvertragslaufzeit erfolgen. Danach gilt jedoch eine einmonatige Kündigungsfrist. Die bisher oft zu findende automatische Vertragsverlängerung um 12 Monate bei nicht rechtzeitiger Kündigung ist damit Vergangenheit. Und das sowohl für Neuverträge wie für bereits bestehende Verträge.

Vertragszusammenfassung wird Pflicht

Die Wirksamkeit eines Vertrags mit einem Verbraucher hängt zudem künftig von dessen schriftlich mitgeteilter Genehmigung ab, wenn er keine ausreichende Vertragszusammenfassung erhalten hat. Diese muss vor Vertragsschluss – wenn das nicht geht, spätestens aber unverzüglich danach – in Textform erteilt werden. Textform bedeutet, dass die Vertragszusammenfassung unverändert und dauerhaft speicherbar erfolgen muss, wie etwa per E-Mail. Untergeschobenen Verträgen sollen diese Regeln die Wirksamkeitsgrundlage entziehen.

Bessere Information über Drittanbieter

Bessere zu informieren sind Verbraucher auch über Kosten von Drittanbietern auf ihrer Rechnung. Diese ihrer besseren Identifikation dienenden Informationen sollen das Vorgehen gegen Drittanbieter erleichtern. Außerdem können sich Verbraucher auch direkt an ihren Erstanbieter wenden.

Neue Sonderkündigungsrechte

Ist der Internetanschluss auf Dauer oder immer wieder langsamer als vertraglich vereinbart, können betroffene Kunden nun den Preis dafür mindern oder den Vertrag kündigen. Was als zu langsam gilt, muss allerdings noch geregelt werden. Bei Störungen gibt es zudem einen Anspruch auf schnelle Beseitigung innerhalb eines Kalendertages und ab dem dritten Kalendertag auf eine festgelegte Entschädigung.

Auch wenn der Internetanschluss infolge eines Umzugs am neuen Wohnort nicht mehr verfügbar ist, besteht dann ein Sonderkündigungsrecht. Innerhalb eines Monats kann der Vertrag außerordentlich gekündigt werden.

Ebenso gilt künftig ein Sonderkündigungsrecht bei einseitiger Vertragsänderung, wenn diese ohne eine rechtliche Verpflichtung des Vertragspartners zulasten des Verbrauchers gehen. Begleitend gilt eine Informationspflicht über die Änderungen, die der Anbieter innerhalb eines Zeitraums von maximal zwei Monaten bis mindestens einen Monat vor deren Geltung erfüllen muss.

Vorteile auch für Altkunden

Ebenfalls zu informieren sind Altkunden über neue verbesserte Tarife und wie sie diese erreichen können – und das jährlich. Damit sollen Bestandskunden sich nicht ohne ihr Wissen jahrelang mit schlechteren Vertragskonditionen begnügen.

Auch die Mitnahme von Rufnummern beim Anbieterwechsel wird besser geregelt. Der alte Anbieter muss den Vertrag nicht nur bis zum erfolgreichen Wechsel fortführen. Er darf dafür auch nur die Hälfte des bisherigen Preises verlangen. Verspätet sich die erfolgreiche Mitnahme der Rufnummer hinsichtlich des dafür vereinbarten Termins, gibt es ab dem zweiten Tag eine Entschädigung von 10 Euro pro Tag.

Wettbewerbsrecht leicht verschärft

Die Anspruchsberechtigung auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung bei unzulässigen geschäftlichen Handlungen wird ab Dezember etwas stringenter geregelt. Bisher stand diese jedem Mitbewerber zu. Ab Dezember muss dieser Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen. Rechtsfähige Verbände müssen dann laut § 8 Abs. 3 UWG eine erhebliche Zahl entsprechender Unternehmen vertreten. Neu als Anspruchsberechtigte hinzukommen außerdem Gewerkschaften, wenn sie Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen erfüllen.

Whistleblower-Richtlinie: Umsetzung verspätet sich

Sehr wahrscheinlich nicht im Dezember kommen werden Gesetzesänderungen, die die Whistleblower-Richtlinie der EU umsetzen. Dabei ist Deutschland wie andere EU-Mitgliedstaaten dazu eigentlich bis 17. Dezember 2021 verpflichtet. Menschen, die auf gefährliche Missstände etwa für die öffentliche Gesundheit, Umwelt und Verbraucher hinweisen, müssen deshalb weiterhin auf mehr Sicherheit warten. Zu den Zielen der Whistleblower-Richtlinie zählen insbesondere die Schaffung sicherer Mitteilungskanäle und der Schutz vor Repressalien wie einer Kündigung, Diskriminierung, negativen Beurteilung oder Gehaltskürzung.

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com/Alexander Kirch

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