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Gesetzesänderungen im Mai 2021: Neues Jugendschutzgesetz und Medizinprodukte-Verordnung

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Gesetzesänderungen im Mai 2021: Neues Jugendschutzgesetz und Medizinprodukte-Verordnung
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Zeitgemäßeres Jugendschutzgesetz

Das Jugendschutzgesetz ist nicht mehr zeitgemäß. Das zeigen enthaltene Formulierungen wie „bespielte Videokassetten“, aber auch sonst passt es kaum zur Lebensrealität heutiger Kinder und Jugendlicher. Ab Mai ändert sich das seit 2002 existierende Jugendschutzgesetz entscheidend. Es soll damit den Risiken begegnen, denen Kinder und Jugendliche inzwischen vielfältig durch das Internet begegnen.

Schutzziele

Zum Schutz vor Medien nennt das Jugendschutzgesetz folgende Ziele:

  • Kinder und Jugendliche sollen vor entwicklungsbeeinträchtigenden Medien und jugendgefährdenden Medien geschützt werden.
  • Weiteres Ziel ist ihr Schutz bei der Mediennutzung.
  • Zudem soll der Umgang mit Medien zusammen mit Eltern und Fachkräften besser vermittelt werden.

Gefährdende Medien

Als entwicklungsgefährdend gelten Medien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Personen zu beeinträchtigen. Jugendgefährdend sind Medien, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen entsprechend gefährden.

Erhebliche Risiken bergen laut Jugendschutzgesetz insbesondere Kommunikations- und Kontaktfunktionen, Kauffunktionen, nicht altersgerechte Kaufappelle, glücksspielähnliche Mechanismen, Mechanismen zur Förderung eines exzessiven Mediennutzungsverhaltens und die Weitergabe von Bestands- und Nutzungsdaten ohne Einwilligung an Dritte. Konkret fallen darunter In-App-Käufe und Lootboxen, die etwa kostenpflichtige Inhalte zum Weiterspielen beinhalten. Konkrete Risiken stellen zudem Cybermobbing und Cybergrooming dar, also die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen im Internet.

Neue Pflichten für Betreiber

Betreiber von Film- und Spieleplattformen müssen Kennzeichnungs- und Kontrollpflichten erfüllen. Filme und Spiele müssen insbesondere eine Alterskennzeichnung erhalten.

Anbieter von Diensten, die sich wie insbesondere soziale Netzwerke auch an Kinder und Jugendliche richten und von diesen üblicherweise genutzt werden, müssen Vorsorgemaßnahmen treffen. Sie müssen Melde- und Abhilfeverfahren bereitstellen für unzulässige oder entwicklungsgefährdende Angebote und Beeinträchtigungen. Mit Letzteren sind insbesondere Cybermobbing, Hate Speech und Cybergrooming gemeint.

Für nur für Erwachsene geeignete Inhalte werden technische Mittel zur Altersverifikation vorgeschrieben. Zudem müssen Anbieter auf unabhängige Beratungsangebote hinweisen.

Voreinstellungen müssen vor der leichten Identifizierbarkeit Minderjähriger schützen. Außerdem müssen sie diese betreffende AGB kindgerecht darstellen.

Die Pflichten gelten auch für Betreiber mit Sitz im Ausland.

Neue Bundeszentrale zur Kontrolle

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird zur neu strukturierten Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz. Neben ihren bisherigen Aufgaben nimmt sie neue Aufgaben wahr, wie insbesondere die Kontrolle der genannten Anbieterpflichten. Bei Verstößen sieht das Jugendschutzgesetz Sanktionen wie insbesondere Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro vor.

Weiterer Corona-Kinderbonus

Ab Mai wird ein Kinderbonus von 150 Euro ausgezahlt für jedes Kind, für das im Jahr 2021 mindestens ein Monat Anspruch auf Kindergeld besteht beziehungsweise bestand. Die Auszahlung soll kurz nach der regulären Kindergeldzahlung erfolgen.

Bei später im Jahr entstehendem Kindergeldanspruch erfolgt die Zahlung entsprechend später. Im Jahr 2020 wurden bereits 300 Euro pro berechtigtem Kind als Corona-Maßnahme gezahlt.

Corona-Zuschuss für Bedürftige

Wer im Mai einen Anspruch auf Arbeitslosengeld 2, Sozialhilfe, Sozialgeld oder Leistungen gemäß Asylbewerberleistungsgesetz hat, erhält voraussichtlich bereits ab Ende April zusätzlich 150 Euro. Unter 25-Jährige erhalten den Zuschuss, wenn sie kein Kindergeld mehr erhalten.

Das Sozialgericht Karlsruhe hielt den Zuschuss in einem Fall für verspätet und zu gering (Aktenzeichen S 12 AS 711/21 ER).

Qualifikation von Berufskraftfahrern

Die für die Berufskraftfahrerqualifikation stehende Schlüsselzahl 95 im Führerschein entfällt. Stattdessen können Berufskraftfahrer ab 23. Mai 2021 einen Fahrerqualifizierungsnachweis erhalten. Berufskraftfahrern soll er auf Antrag direkt von der Fahrerlaubnisbehörde zugestellt werden. Diese kann dafür Gebühren verlangen. Der Fahrerqualifizierungsnachweis hat eine vergleichbare Form und Größe wie die Führerscheinkarte.

Außerdem startet das Berufskraftfahrerqualifikationsregister, das Angaben zu den Qualifikationen von Berufskraftfahrern enthält. Es soll den Austausch und Kontrollen in der EU erleichtern. Geführt wird das Berufskraftfahrerqualifikationsregister durch das Kraftfahrt-Bundesamt.

Gewerbliche Lkw- und Busfahrer müssen sich schon seit September 2009 bzw. 2008 regelmäßig alle fünf Jahre weiterbilden, damit sie als Berufskraftfahrer tätig sein dürfen. Bei unterbliebener Weiterbildung drohen Bußgelder für Fahrer und für sie beschäftigende Unternehmen im Falle einer Verkehrskontrolle von bis zu 20.000 Euro.

Wer Berufskraftfahrer werden will, muss zudem eine Grundqualifikation absolvieren. Neu ist insofern, dass sich abgeschlossene Ausbildungen leichter zu deren Erwerb anrechnen lassen.

Strengere Regeln für Medizinprodukte

Infolge der Corona-Pandemie ein Jahr später als geplant gelten ab 26. Mai 2021 neue Regeln für Medizinprodukte. Grundlage ist die EU-Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation – MDR). Als EU-Verordnung gilt sie unmittelbar in allen EU-Ländern. Sie begleiten in Deutschland Regeln im Medizinprodukte-Durchführungs-Gesetz, die ebenfalls am 26. Mai in Kraft treten.

Als Medizinprodukt gelten Produkte, die für medizinische Zwecke bei Menschen angewendet werden. Beispiele sind Pflaster, Implantate, Chirurgieinstrumente, Kontaktlinsen, Hörgeräte, Kondome oder auch Software wie z.B. Gesundheits-Apps. Nach ihrem Verletzungsrisiko werden Medizinprodukte in Risikoklassen eingeteilt. So fällt ein Herzschrittmacher etwa in die höchste Risikoklasse III, eine Gehhilfe dagegen in Klasse I.

Arzneimittel sind, sofern sie kein Teil eines Medizinprodukts sind, keine Medizinprodukte. Sie unterliegen deshalb nicht dem Recht für Medizinprodukte, sondern dem Arzneimittelrecht.

Die wichtigsten Änderungen durch die Medizinprodukte-Verordnung sind:

  • Strengere Überwachungspflichten nach dem Inverkehrbringen von Medizinprodukten
  • Weitere Melde- und Dokumentationspflichten bei unerwünschten Wirkungen und Fehlfunktionen von Medizinprodukten
  • Kennzeichnungspflicht von Medizinprodukten für Hersteller mittels Unique Device Identification (UDI)
  • Registrierung in der EU-Datenbank EUDAMED
  • Umfangreichere Vorsorge für Haftungsfälle
  • Aufwändigere Zertifizierungsverfahren für Hersteller

Die Zertifizierung erfolgt durch sogenannte Benannte Stellen in den EU-Ländern. In Deutschland sind das unter anderem Einrichtungen des TÜV, der DEKRA und der DGUV. Auch sie müssen erhöhte Anforderungen erfüllen.

Der Vertrieb von nach vorher geltenden Richtlinien zertifizierten Medizinprodukten ist in einer Übergangsfrist bis 27. Mai 2025 erlaubt.

Den betroffenen Herstellern, Betreibern, Händlern und Anwendern von Medizinprodukten zufolge führen diese und weitere gesteigerte Anforderungen zu einem erheblichen Mehraufwand.

Niedrigere Grenzwerte für Spielzeug

Für Aluminium und Formaldehyd in Spielzeugmaterialien gelten ab 21. Mai 2021 niedrigere Grenzwerte aufgrund der geänderten Spielzeug-Richtlinie (2009/48/EG).

Statt 5.625 mg/kg Aluminium dürfen trockene, brüchige, staubförmige oder geschmeidige Spielzeugmaterialien nur noch 2.250 mg/kg enthalten. Bei flüssigen oder anhaftenden Spielzeugmaterialen sinkt der Aluminium-Grenzwert von 1.406 mg/kg auf 560 mg/kg. Abgeschabte Spielzeugmaterialien dürfen nur noch 28.310 mg/kg statt 70.000 mg/kg Aluminium enthalten.

Ebenfalls gesenkt werden die Grenzwerte für Formaldehyd in Spielzeugen:

  • 1,5 mg/l (Migrationsgrenzwert) in polymeren Materialien für Spielzeug
  • 0,1 ml/m(Emissionsgrenzwert) in Materialien aus Kunstharzpressholz für Spielzeug
  • 30 mg/kg (Gehaltsgrenzwert) in Textilmaterialien für Spielzeug
  • 30 mg/kg (Gehaltsgrenzwert) in Ledermaterialien für Spielzeug
  • 30 mg/kg (Gehaltsgrenzwert) in Papiermaterialien für Spielzeug
  • 10 mg/kg (Gehaltsgrenzwert) in wasserbasierten Materialien für Spielzeug

Die Grenzwerte gelten für alle Spielzeuge, die Kinder bis zum Alter von 14 Jahren typischerweise zum Spielen verwenden. Insbesondere gelten sie auch für in die EU importierte Spielzeuge.

Löhne im Maler- und Lackiererhandwerk

Im Maler- und Lackiererhandwerk gelten ab Mai neue Mindestlöhne. Ungelernte Beschäftigte müssen ab Mai bundesweit mindestens 11,40 Euro pro Stunde erhalten. Für Gesellen gilt ebenfalls bundesweit ein Mindestlohn von 13,80 Euro pro Stunde.

Der Bundesecklohn im Maler- und Lackiererhandwerk steigt auf 17,51 Euro in den alten Bundesländern und auf 16,88 Euro in den neuen Bundesländern und Berlin.

Die rund 200.000 Beschäftigten im Maler- und Lackiererhandwerk erhalten zudem einmalig 330 Euro als Corona-Prämie.

Genehmigungsfiktion für Wohngebäude in Bayern

Bereits seit Februar 2021 gilt in Bayern ein geändertes Bauordnungrecht. Im Zuge dessen gilt nun zeitversetzt ab Mai die Genehmigungsfiktion für Wohngebäude im vereinfachten Genehmigungsverfahren. Danach hat die zuständige Baubehörde drei Monate nach Einreichen eines vollständigen Bauantrags Zeit, um diesen zu prüfen. Nach drei Monaten gilt das Bauvorhaben als genehmigt. Die Behörde muss diese Genehmigungsfiktion bescheinigen.

Die Genehmigungsfiktion wirkt wie eine Baugenehmigung. Bauherren, die keine Genehmigungsfiktion erhalten wollen, müssen vorher darauf gegenüber der Behörde verzichten.

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com/Alexander Kirch

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