Gesetzliche Neuerung des § 32 Abs. 2 BGB zur virtuellen Mitgliederversammlung in Vereinen

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Vor der Einführung des neuen § 32 Abs. 2 BGB (21.03.2023) wurden Mitgliederversammlungen grundsätzlich als Präsenzveranstaltung mit physischer Anwesenheit der Mitglieder am Versammlungsort abgehalten, es sei denn die Satzung regelte ausdrücklich etwas anderes.


Während der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Kontaktbeschränkungen wurde für das Vereinsrecht u.a. eine zeitlich begrenzte Sonderregelung in § 5 Abs. 2 Nr. 1 GesRuaCOVBekG (Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht) geschaffen, wonach eine Mitgliederversammlung im Wege der elektronischen Kommunikation ohne Anwesenheit am Versammlungsort durchgeführt werden konnte.


Nach dem Auslaufen dieses Gesetzes und in Zeiten der voranschreitenden Digitalisierung wurde der § 32 BGB am 21.03.2023 neu aufgestellt und ein zusätzlicher Absatz eingefügt. Seitdem sind die Berufung und die Teilnahme an hybriden oder rein virtuellen Mitgliederversammlungen allein aufgrund des § 32 Abs. 2 BGB ohne entsprechende Satzungsregelung möglich.


1. Hybride Mitgliederversammlung gem. § 32 Absatz 2 Satz 1 BGB


Kurz gesagt wird bei der hybriden Mitgliederversammlung vom Vorstand weiterhin eine Präsenzteilnahme an einem Versammlungsort durchgeführt. Den Mitgliedern wird jedoch zusätzlich eine Teilnahme auch ohne physische Anwesenheit im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung ermöglicht (z.B. Videokonferenz).


2. Rein virtuelle Mitgliederversammlung gem. § 32 Abs. 2 Satz 2 BGB


Gem. § 32 Abs. 2 Satz 2 „können die Mitglieder beschließen, dass künftige Versammlungen auch als rein virtuelle Versammlungen einberufen werden, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen.“ Dies ist fast schon eine revolutionäre Regelung des Vereinsrechts, weil bislang Vorgaben entweder das Bürgerliche Gesetzbuch oder die Satzung zu der Durchführung einer Mitgliederversammlung getroffen haben. Nunmehr bedarf es nur noch eines Beschlusses der Mitgliederversammlung, der die rein virtuelle Mitgliederversammlung für die Zukunft legitimiert. In diesem sollen die entsprechenden Konkretisierungen der Spielregeln bezüglich des „ob“ und „wie“ grundsätzlich festgehalten werden.


Sowohl bei der hybriden als auch bei der rein virtuellen Mitgliederversammlung müssen im Zusammenhang mit der Berufung Angaben und technische Vorkehrungen getroffen werden, damit die Mitglieder während der Mitgliederversammlung alle ihnen zustehenden Mitgliederrechte (z.B. das Rederecht, das Antragsrecht einschließlich des Vorschlagsrechts, das Auskunftsrecht, das Stimmrecht sowie das Widerspruchsrecht) ausüben können.


Dabei sind einige Punkte zu bedenken: Ladung samt Übersendung der Zugangsdaten sowie Sicherstellung der Teilnahme der tatsächlichen Vereinsmitgliedern und nicht etwa von Dritten. Zudem dürfte sich ein entsprechender Mitgliederbeschluss, der die rein virtuelle Mitgliederversammlung ermöglicht, unter Umständen bei einem Vorstandswechsel schwer nachhalten lassen.


Die Regelungen des § 32 Abs. 2 BGB sind über § 40 BGB disponibel und können per Satzungsregelung abgeändert oder auch ausgeschlossen werden.


Um den konkreten Bedürfnissen des Vereins bzgl. einer virtuellen Mitgliederversammlung gerecht zu werden und um eine Rechtsklarheit für alle Beteiligten herbeizuführen, ist es sinnvoll eine Satzungsregelung zu schaffen, in welcher Form die Mitgliederversammlung Ihres Vereins stattfinden kann.


Dabei stehen wir Ihnen gern als Ansprechpartner zur Seite.


(Nur am Rande wird darauf verwiesen, dass der § 32 Abs. 2 BGB auch über § 28 BGB für Beschlussfassungen des Vereinsvorstandes gilt, sofern keine anderslautende Regelung in der Satzung getroffen ist.)



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