Green, grüner, irreführend? Warum „klimaneutral“ nicht immer hält, was es verspricht

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„Unser Produkt ist klimaneutral“ – eine Aussage, die heute in fast jedem Supermarktregal steht. Doch was bedeutet das eigentlich konkret? Und darf man das einfach so behaupten? Diese Fragen stellen sich nicht nur Verbraucher:innen, sondern auch Unternehmen, die mit solchen Aussagen werben oder sich gegen Mitbewerber behaupten müssen. Die aktuelle Folge des Podcasts Kaffeerecht der Kanzlei TWW.LAW liefert fundierte Antworten – und genau daraus ist dieser Blogbeitrag entstanden.

Warum „klimaneutral“ zum rechtlichen Risiko werden kann

Immer mehr Produkte werben mit Umweltlabels: „klimaneutral“, „umweltfreundlich“, „nachhaltig produziert“. Doch nicht alles, was grün wirkt, ist es auch wirklich – zumindest rechtlich nicht. Hier kommt der Begriff Greenwashing ins Spiel. Gemeint ist damit die Praxis, Produkte umweltfreundlicher erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich sind – sei es durch geschickte Formulierungen oder das Weglassen relevanter Informationen.

Besonders im Fokus steht dabei das Label „klimaneutral“. Klingt gut, ist aber häufig nur eine bilanzielle Klimaneutralität: Unternehmen kaufen CO2-Zertifikate, um Emissionen rechnerisch auszugleichen, anstatt sie real zu vermeiden. Ob das rechtlich zulässig ist, hängt von mehreren Faktoren ab – und genau das beleuchtet die aktuelle Podcastfolge sehr anschaulich.

Rechtsprechung zum Thema: Was sagen die Gerichte?

Die Podcastfolge zeigt anhand mehrerer Urteile, wie Gerichte mit umweltbezogenen Werbeaussagen umgehen. Im Fokus steht vor allem das Lauterkeitsrecht, genauer gesagt die §§ 5 und 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Diese Normen schützen Verbraucher:innen und Mitbewerber:innen vor irreführender Werbung und dem Vorenthalten wesentlicher Informationen.

CO2-Bilanzierung verstehen: Die „Scopes“ einfach erklärt

Eine zentrale Rolle bei der rechtlichen Bewertung spielt die CO2-Bilanzierung nach Scopes. Diese unterteilt Emissionen in drei Kategorien:

 Scope 1: Direkte Emissionen durch eigene Produktionsprozesse (z. B. Abgase aus eigenen Anlagen)

 Scope 2: Indirekte Emissionen durch zugekaufte Energie (z. B. Strom)

 Scope 3: Weitere indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (z. B. Transport, Geschäftsreisen, Abfallentsorgung)

Scope-3-Emissionen machen oft den größten Anteil aus – werden aber in vielen Berechnungen ausgeklammert. Genau das kann problematisch sein: Wird ein Produkt als klimaneutral beworben, ohne Scope 3 zu berücksichtigen, muss das für Verbraucher:innen erkennbar gemacht werden.

Welche Anforderungen stellt die EU künftig?

Mit der geplanten EU-Richtlinie über Umweltaussagen („Green Claims Directive“) soll Greenwashing gezielt unterbunden werden. Der Richtlinienentwurf sieht unter anderem vor:

  • Aussagen wie „klimaneutral“ oder „umweltfreundlich“ müssen wissenschaftlich belegt werden.
  • Verbraucher:innen müssen transparent und leicht zugänglich über die Grundlagen der Aussagen informiert werden – ein Link zur Website reicht.
  • Freiwillige Umweltsiegel dürfen nur verwendet werden, wenn sie von unabhängiger Stelle geprüft wurden.
  • Vage Begriffe wie „grün“ oder „eco“ sollen nicht mehr ohne Nachweis verwendet werden dürfen.
  • Es soll EU-weit einheitliche Vorgaben geben, um Verbraucherschutz und fairen Wettbewerb zu stärken.

Die Umsetzung in nationales Recht dürfte noch Jahre dauern – aber sie wird kommen. Unternehmen tun gut daran, sich frühzeitig darauf einzustellen.

Praktische Hinweise für kreative Köpfe & Unternehmen

🔹 Transparenz ist Trumpf: Wer mit Umweltbegriffen wirbt, sollte im Zweifel lieber zu viel als zu wenig erklären.

🔹 Website als Info-Hub: Eine gut auffindbare und verständliche Erläuterung zu Labels und CO2-Bilanzierung ist ein Muss.

🔹 Wortwahl mit Bedacht: Begriffe wie „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ nur verwenden, wenn sie objektiv belegbar sind.

🔹 Auf dem Laufenden bleiben: Rechtsprechung und gesetzliche Vorgaben ändern sich – ein regelmäßiger Check lohnt sich.

🔹 Im Zweifel beraten lassen: Besonders bei neuen Produkten oder Werbekampagnen ist juristische Beratung sinnvoll, um Abmahnungen und Imageschäden zu vermeiden.

Weiterführende Einblicke im Podcast

Wer tiefer einsteigen möchte, dem sei die vollständige Folge von Kaffeerecht empfohlen. Darin beleuchten wir nicht nur spannende Urteile, sondern erklären auch juristische Hintergründe rund um Lauterkeitsrecht, CO2-Zertifikate und die Green Claims-Richtlinie – fundiert, unterhaltsam und verständlich.

Fazit: Umweltaussagen sind kein Spiel mit schönen Worten – sie sind rechtlich anspruchsvoll und wirtschaftlich relevant. Wer als Unternehmen oder Kreative:r nachhaltig kommunizieren will, muss auch juristisch sauber arbeiten. Denn nur so wird aus dem grünen Image kein rotes Tuch.

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Foto(s): Image by Sanchita Sarker from Pixabay

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