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Interessenkollision: Stets Tätigkeitsverbot des Anwalts?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Gemäß § 43a IV BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) i. V. m. § 3 I BORA (Berufsordnung für Rechtsanwälte) darf ein Anwalt nicht für zwei Parteien tätig werden, sofern sich deren Interessen in derselben Rechtssache widersprechen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) darf ein Anwalt daher in einem Kinderunterhaltsrechtsstreit nicht die Eltern und deren Kind vertreten. Anderes kann aber gelten, wenn der Jurist von einem Elternteil wegen seines Scheidungsverfahrens und von dem Kind wegen Unterhaltsforderungen gegen den anderen Elternteil aufgesucht wurde.

Ein Mann hatte sich von seiner Frau getrennt und beauftragte eine Anwältin mit der Vertretung in den Scheidungs- und Zugewinnausgleichsverfahren. Kurz darauf erschien auch der Sohn ihres Mandanten. Er wollte von seiner Mutter Unterhaltszahlungen verlangen; bisher sei allein sein Vater für den Unterhalt aufgekommen. Die Anwältin erhielt die nötigen Unterlagen zur Berechnung des Kinderunterhalts vom Vater. Weil die Juristin nun ihn und seinen Sohn vor Gericht vertrat, erteilte ihr die zuständige Rechtsanwaltskammer den belehrenden Hinweis, dass sie beide Mandate beenden solle; schließlich bestünden zwischen den Mandanten vorliegend widerstreitende Interessen. Die Rechtsanwältin zog daraufhin vor Gericht.

Der BGH sah keinen Verstoß gegen § 43a IV BRAO i. V. m. § 3 I Alt. 1 BORA. Zwar deckten sich die beiden Mandate zu einem gewissen Teil. Denn während etwa das Kind möglichst hohe Vermögensverhältnisse bei den Eltern „erhofft", wären etwa beim Vater eher schlechte Vermögensverhältnisse von Vorteil, damit der Zugewinnausgleich geringer ausfällt. Damit sind objektiv gesehen durchaus widerstreitende Interessen zu bejahen.

Vorliegend wollte der Sohn aber nur gegen die Mutter - und gerade nicht gegen den Vater - Unterhaltsansprüche durchsetzen. Der Vater kam bisher vielmehr alleine für den Unterhalt seines Kindes auf, weshalb es für das Kind letztendlich egal ist, wie die Vermögensverhältnisse seines Vaters bewertet werden. Auch gegen die Schweigepflicht hatte die Anwältin nicht verstoßen: Denn die nötigen Unterlagen für die Berechnung des Kinderunterhalts waren dem Vater bereits bekannt, da er sie der Anwältin übergeben hat.

(BGH, Urteil v. 23.04.2012, Az.: AnwZ(Brfg) 35/11)

(VOI)

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