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Inverkehrbringen nikotinhaltiger Liquids für E-Zigaretten laut BGH strafbar

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Mit einem nun veröffentlichten Urteil wirbelt der Bundesgerichtshof (BGH) das Geschäft mit E-Zigaretten gehörig durcheinander. Demnach ist das gewerbsmäßige Inverkehrbringen nikotinhaltiger Verbrauchsstoffe für E-Zigaretten derzeit strafbar. Der daraus folgende Verkaufsstopp für Liquids und Basen wirft bei Händlern wie Konsumenten jetzt viele Fragen auf.

Was ist beim Handel mit E-Zigaretten strafbar?

Auslöser für die Entscheidung war die Verurteilung eines Mannes, der einen Online-Shop für E-Zigaretten betreibt. Darüber verkaufte er insbesondere auch das beim E-Zigarettenkonsum verbrauchte Liquid. Diese Flüssigkeit wird beim Zug an der E-Zigarette elektronisch erhitzt, dadurch verdampft und anschließend eingeatmet. Liquids gibt es dabei in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen. In der Regel enthalten sie dabei Propylenglykol, Glycerin, Aromastoffe, destilliertes Wasser, Ethanol und mitunter auch Nikotin in unterschiedlicher Konzentration. Die Stoffe Propylenglykol, Glycerin, Ethanol und Nikotin waren dabei der Grund, warum der Mann im Juni 2013 durch das Landgericht Frankfurt/Main zu 90 Tagessätzen à 90 Euro (Az.: 5/26 KLs 13/12) verurteilt wurde, was der BGH in der daraufhin gegen das Urteil eingelegten Revision für rechtmäßig erklärte.

Nur Nikotin aus Tabakpflanzen betroffen

Denn nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 VTabakG (Vorläufiges Tabakgesetz) und der dazu erlassenen Tabakverordnung (TabV) ist es verboten, Tabakerzeugnisse, die zum anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt sind, in den Verkehr zu bringen. Hier geht der BGH davon aus, dass es sich bei dem Nikotin im angebotenen Liquid um ein Tabakerzeugnis handelt, denn es sei aus Rohtabak – also aus natürlichen Tabakpflanzen – gewonnen worden (§ 3 VTabakG). Dass dabei letztlich nur das darin enthaltene Nikotin und nicht der Rohtabak genutzt werde, spielt aus Sicht des BGH für die Einordnung keine Rolle. Auch auf den Nikotingehalt kommt es nicht an. Daher sind ausnahmslos alle nikotinhaltigen Liquids unabhängig von ihrem Nikotingehalt betroffen. Schlussendlich bedeutet diese Betrachtungsweise aber, dass Liquids ohne Nikotin und solche mit nicht aus Tabakpflanzen gewonnenem Nikotin dem Verbot und dementsprechend dem Straftatbestand nicht unterfallen.

Mit Blick auf den anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen geht der BGH davon aus, dass der orale Gebrauch weit zu verstehen ist. Es genügt demnach, ein Tabakerzeugnis irgendwie durch den Mund aufzunehmen, was beim Inhalieren des Liquiddampfs der Fall ist.

Unter Inverkehrbringen versteht der BGH letztlich bereits das Vorrätighalten zum Verkauf. Bei dem verurteilten Händler wurden daher über 15.000 Fläschchen aus seinem Warenbestand beschlagnahmt.

Ethanol, Propylenglykol, Glycerin unzulässige Inhaltsstoffe

Einen weiteren Strafgrund bildete das enthaltene Propylenglykol, Glycerin und Ethanol. Diese gehören zu den Stoffen, die beim Herstellen von Tabakerzeugnissen nicht bzw. nur in geringer Menge verwendet werden dürfen und so entsprechend nicht gewerbsmäßig in den Verkehr gelangen dürfen. Das ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 2 VTabakG und Anlage 1 der TabV. Ethanol dürfte demnach gar nicht, Propylenglykol und Glycerin nur in geringen Konzentrationen bis zu zehn Prozent in Tabakerzeugnissen enthalten sein, wo Propylenglykol zur Feuchthaltung dient. Im Liquid bildeten die letzten beiden Stoffe den Hauptbestandteil. Beim Konsum von E-Zigaretten intensiviert das Propylenglykol dabei den Geschmack. Glycerin sorgt dagegen für einen besseren Durchfluss des Liquids und mehr Dampf. Dass Propylenglykol sich unter anderem auch in Cremes und Nahrungsmitteln findet, lässt sich dabei nicht auf Tabakerzeugnisse übertragen.

Was müssen Verbraucher durch das E-Zigarettenurteil befürchten?

Verbraucher müssen durch das Urteil keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten, da es um das Inverkehrbringen entsprechender Tabakerzeugnisse geht. Der Erwerb ist somit nicht strafbar. Allerdings ist beim offiziellen Angebot nikotinhaltiger Liquids mit einer Verknappung zu rechnen, da Händler diese aus dem Sortiment nehmen, um einer Bestrafung zu entgehen. Für Jugendliche besteht ohnehin bald ein Verkaufsverbot von E-Zigaretten bzw. E-Shishas, der elektronischen Variante der Wasserpfeife. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag am 28.01.2016 beschlossen.

Wie geht es nach dem Urteil weiter mit der E-Zigarette?

Drei Millionen Menschen sollen inzwischen regelmäßig zur E-Zigarette greifen. Für einige Dampfer hat die E-Zigarette die normale Zigarette ganz oder teilweise ersetzt. Dementsprechend relevant ist aber auch das Nikotin beim „elektronischen Glimmstengel“, das für das Suchtpotenzial beim Tabakgenuss hauptverantwortlich ist. Das BGH-Urteil fällt dabei genau in eine Zeit, in der die 2014 von der EU verabschiedete Tabak-Richtlinie (2014/40/EU) in Kürze in nationales Recht umzusetzen ist. Konkret muss das in Deutschland bis 20.05.2016 geschehen. Dabei zielt der vorliegende Gesetzentwurf auf eine weitere Regulierung der E-Zigarette ab. In vielen Fällen wird das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und mit Zustimmung des Bundesrates ermächtigt, die gesetzlichen Vorgaben mittels Rechtsverordnungen auszugestalten.

Änderungen betreffen Anforderungen an die Produktsicherheit nikotinhaltiger elektronischer Zigaretten und Nachfüllbehälter, darunter Auslaufschutzmechanismen und Kindersicherungen. Für Liquids und Basen soll die maximale Nikotinkonzentration auf 20 mg/ml begrenzt werden. Das würde bedeuten, dass die momentane Strafbarkeit entsprechend entfällt. Nachfüllfläschchen sollen nur noch maximal 10 ml fassen dürfen. Für einzelne Aromen soll es Verbotsmöglichkeiten geben. Die Werbebeschränkung für E-Zigaretten soll der von Tabakerzeugnissen gleichgestellt werden.

Fazit: Der BGH hat die Verurteilung eines E-Zigarettenhändlers wegen Inverkehrbringens nikotinhaltiger Liquids bestätigt. Nach dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie würde die entsprechende Strafbarkeit aber künftig zumindest teilweise wieder entfallen.

(BGH, Urteil v. 23.12.2015, Az.: 2 StR 525/13)

(GUE)

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