Ist die Parole „ Alles für Deutschland“ strafbar?

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Diesen Sommer hat die Staatsanwaltschaft Halle nach langem Hin und Her Anklage gegen den Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Höcke erhoben, weil dieser im Rahmen einer Wahlkampfrede den Wortlaut „Alles für Deutschland“ gebraucht haben soll. Dies geht auf eine Anzeige zurück, die bereits 2021 vom Vorsitzenden der Grünen in Sachsen-Anhalt erstattet wurde.

Dass die Ermittlungen in diesem Fall so lange dauern, beweist, dass das Thema „Verfassungswidrige Symbole“ nicht so einfach ist, wie viele sich das wünschen würden.

Im folgenden daher ein kurzer Abriss zu diesem Thema:


1. Was heißt „Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen“?

2. Wann macht man sich strafbar?

3. Ist die Parole „Alles für Deutschland“ strafbar?

4. Welche Strafen drohen?

5. Wie sollte man sich als Beschuldigter verhalten?


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1. Was heißt „Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen“?


In Deutschland ist es verboten, Symbole und Kennzeichen von Organisationen öffentlich zu verwenden oder zu verbreiten, die dem Grundgesetz oder der sog. „Freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ zuwiderlaufen. Hierbei geht es in der Hauptsache um nationalsozialistische (oder in irgendeiner Weise mit dem Nationalsozialismus verbundene) Organisationen und deren Kennzeichen. Als Kennzeichen gelten typische Symbole wie z.B. Hakenkreuz und Sig-Rune, aber auch Fahnen, Uniformabzeichen, Grußformeln und andere politische Parolen.

Diese Verbote werden unter § 86a StGB geregelt.


2. Wann macht man sich strafbar?


Man verstößt gegen § 86a StGB, wenn man Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verbreitet oder in der Öffentlichkeit verwendet.

Es handelt sich hierbei um sogenannte „Gefährdungsdelikte“, wobei der demokratische Rechtsstaat das vor Gefährdung zu schützende Objekt darstellt. Kann eine solche Gefährdung ausgeschlossen werden, ist auch keine Strafbarkeit gegeben. So wäre beispielsweise eine Hakenkreuzfahne, die in einem fensterlosen privaten Kellerraum an der Wand hängt, nicht strafbar.

Es hat sogar schon Gerichtsurteile dahingehend gegeben, dass Nazi-Parolen auf geschlossenen Nazi-Veranstaltungen nicht strafbar seien, da sie keinem Nicht-Nazi zu Ohren gekommen seien, und dementsprechend keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliege.

Auch kann eine Strafbarkeit ausgeschlossen werden, wenn die Verwendung einschlägiger verfassungsfeindlicher Kennzeichen im öffentlichen Raume explizit zur Abwehr der betreffenden Organisationen und ihrer Ziele, zum Zwecke der Forschung und Lehre, oder historischer Berichterstattung o.ä. erfolgt. Hierunter können auch Kunstwerke, Satire, etc. fallen.


Achtung: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht! Wer öffentlich Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen benutzt, ohne um deren politischen Hintergrund zu wissen, kann nicht automatisch damit rechnen, straffrei auszugehen! Hier bedarf es einer guten Verteidigung, da der Verfolgungsdruck bei Propagandadelikten in den vergangenen Jahren massiv gestiegen ist. Wenn die Unbedarftheit des Täters vor Gericht glaubhaft gemacht werden kann, wirkt sich dies natürlich zu dessen Gunsten aus, und eine Einstellung des Verfahrens ist unter Umständen möglich.


3. Ist die Parole „Alles für Deutschland“ strafbar?


Die Parole „Alles für Deutschland“ galt in der NS-Zeit neben „Deutschland erwache“ als Losung der Sturmabteilung (SA), und ist somit ein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation.

Folgerichtig hat das OLG Hamm am 1.2.2006 geurteilt, dass die Benutzung dieser Parole bei öffentlichen Veranstaltungen einen strafbaren Verstoß gegen § 86a StGB darstellt.

Allerdings muss bei Parolen (im Gegensatz zu den weitaus klareren bildlichen Symbolen) natürlich der Zusammenhang berücksichtigt werden, da eine einfache Wortfolge schwerlich unter Strafe gestellt werden kann. Wer bei einer öffentlichen Versammlung lautstark beteuert, Angela Merkel habe in ihrer Amtszeit als Kanzlerin „immer alles für Deutschland und Europa getan, was ihr möglich war“ hat trotz Nutzung des einschlägigen Wortlautes keine NS-Propaganda betrieben, und eine Anklage wegen Verstoßes gegen § 86a StGB ist nicht zu befürchten. Solche Details sind im Falle einer Anzeige – ebenso wie die Absichten des Beschuldigten – genau zu prüfen.


4. Welche Strafen drohen?


Bei Verstößen gegen § 86a StGB drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.

Bei geringer Schuld (etwa nicht erwähnenswerter Reichweite oder Unkenntnis des Beschuldigten über die Strafbarkeit seines Tuns) kann auch von einer Strafe abgesehen werden. Hierfür bedarf es eines guten Verteidigers.

Bei einer Verurteilung zu mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe kann dem Angeklagten das Wahlrecht, das Recht , öffentliche Ämter zu bekleiden, oder Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, für bis zu fünf Jahre aberkennen. Dies ist vor allem für politisch brisante Fälle wie den eingangs Genannten interessant.


5. Wie sollte man sich als Beschuldigter verhalten?


Wenn sie beschuldigt werden, in irgendeiner Art und Weise gegen § 86a StGB verstoßen zu haben, sollten Sie diesen Vorwurf auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen!

Allein schon ein Ermittlungsverfahren, das Hausdurchsuchungen, und ähnliche Unannehmlichkeiten mit sich bringt, kann sich ruinös auf Ihr Sozialleben und auch auf berufliche Perspektiven auswirken! Politisch verdächtig zu sein, ist in Deutschland heute so gefährlich wie lange nicht mehr!

Daher beachten Sie unbedingt die beiden goldenen Regeln des Strafrechts:


1. Schweigen ist Gold!

Versuchen Sie auf keinen Fall, Ihr Handeln gegenüber den Ermittlungsbehörden in irgendeiner Weise zu legitimieren! Dies kann nur nach hinten losgehen! Nutzen Sie stattdessen Ihr gesetzliches Recht, zu schweigen! Wenn Sie zu einer Anhörung vorgeladen werden, gehen Sie nicht hin! Hierzu sind Sie nicht verpflichtet!


2. Ab zum Anwalt!

Kontaktieren Sie umgehend einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht. Dieser wird alle Kommunikation mit den Behörden für Sie übernehmen, und Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen, um die gegen Sie erhobenen Vorwürfe erst einmal gründlich zu prüfen. Darauf aufbauend kann entschieden werden, welche Verteidigungsstrategie für Sie den meisten Erfolg verspricht.


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