Kann eine Scheidung von in 2 EU-Staaten lebenden Bürgern auch in beiden EU-Ländern geschieden werden?

Mit dieser Frage hatte sich der EuGH in seinem Urteil vom 25. 11. 2021 (Rechtssache C 289/20) zu befassen. Geklagt hatte ein Ehemann, der in Irland mit seiner Familie lebte und wöchentlich nach Paris zum Arbeiten gefahren war und dort auch in einer von seinem Vater geerbten Wohnung lebte. Er reichte die Ehescheidung in Frankreich ein, worauf hin sich das französische Familiengericht für unzuständig erklärt. Der Ehemann klagte gegen diese Unzuständigkeitserklärung, worauf hin die Problematik dem EuGH vorgelegt wurde. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit von Ehescheidungen zwischen EU-Bürgern, die in mehreren Mitgliedstaaten ihr Leben verbringen, ist es so, dass es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Ehepartners ankommt, der die Scheidung einreicht. Am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes kann ein Ehepartner die Scheidung einreichen.

Die Entscheidung war deshalb von Brisanz, weil eine Abwägung zu treffen war zwischen 2 Rechtstaatsprinzipien: Einerseits war die Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu schützen, wonach im besten Fall nur ein Gericht über einen bestimmten Sachverhalt urteilen soll. Andererseits ist die EU-rechtliche Freizügigkeit zu schützen, wonach es das Recht eines jeden EU-Bürger ist, sich frei im EU-Gebiet zu bewegen und zu wohnen. Dies würde erschwert werden, wenn für Rechtshandlungen wie die Ehescheidung nur ein EU-Land zuständig ist. Im Ergebnis ging der EuGH davon aus, dass es nur einen gewöhnlichen Aufenthalt einer Person geben kann. Es ist nicht möglich, in 2 Ländern einen gewöhnlichen Aufenthalt zu bilden. Die Gerichte sind daher gehalten, anhand der Umstände des Einzelfalls konkret zu prüfen, wo sich der gewöhnliche Aufenthaltsort eines EU-Bürgers befindet. Nur dort kann dieser dann die Scheidung einreichen.