Kauf einer Schrottimmobilie, fehlende Widerrufsbelehrung und die Folgen

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(BGB §§ 171, 172, HaustürWG a.F., BGB n.F. §§ 312, 312a, 355 ff.)

1. In den 90er-Jahren wurden von Banken und Bausparkassen im großen Stil vermietete Wohnungen als Kapitalanlage und Steuersparmodelle verkauft. Sie warben mit Steuervorteilen, Sicherheit, der Aussicht auf Rendite und der Altersvorsorge. Besonders zur Altersvorsorge sei die vermietete Immobilie gut geeignet. In vielen Fällen kam es jedoch ganz anders.

2. Es gab hohe Verluste, die Immobilien waren nicht oder viel schlechter vermietbar und die Qualität der Immobilien war oft weit unter dem bezahlten und ausgelobten Standard. Der Preis für die Immobilien oder Beteiligungen war oft  zu hoch angesetzt und stieg durch Gebühren und Provisionen.

3. Die Folge für so manchen Käufer waren fatal. Aus dem Steuersparmodell oder der geplanten Altersvorsorge wurde ein Dauerproblem mit starken finanziellen Auswirkungen- oft der Insolvenz der Beteiligten. Viele Anleger konnten die Raten für den Kredit oder für die erforderlichen Sanierungen nicht mehr aufbringen. Es bestand oft keine Möglichkeit die Immobilie oder Beteiligung zum Einstandspreis oder für einen annähernd günstigen Preis zu verkaufen. Wenn die Immobilien überhaupt verwertbar waren, dann verblieben hohe Schulden.

4. Viele Schrottimmobilien wurden durch Vertreter, die die Investoren zur Hause besuchten, vermittelt.

5. Die Rechtsfolge bei Abschluss eines Vertrags zur Hause: Der Verbraucher hatte ein Widerrufsrecht. Nach deutschem Recht erstreckte sich das Widerrufsrecht jedoch nur auf den Darlehensvertrag. Immobilienkaufverträge waren ausdrücklich ausgenommen. Nur den Darlehensvertrag zu widerrufen, brachte den Verbrauchern nicht den Erfolg auch von der minderwertigen Immobilie loszukommen.  Außerdem mussten Sie nach einem Widerruf das gesamte Darlehen am Stück zurückzahlen. Das Landgericht Bochum und das Hanseatische Oberlandesgericht sahen darin einen Verstoß gegen europäisches Recht zum Verbraucherschutz. Hauptangriffspunkt: Das Widerrufsrecht für den Darlehensvertrag läuft ins Leere, wenn man an die Schrottimmobilie gebunden bleibt.  

6. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 25.10.2005 in den Fällen
Crailsheimer Volksbank und Schulte/Badenia, entschieden, dass das Risiko ausbleibender Mieteinnahmen oder eines überhöhten Kaufpreises die Geldinstitute und Bausparkassen tragen, wenn Geldanleger den Schaden bei ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht hätten verhindern können.
Verbraucher, die ohne Belehrung über ihr Widerrufsrecht daheim oder bei der Arbeit einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer minderwertigen Immobilie abgeschlossen haben, dürfen nach Ansicht der EuGH nicht auf dem Schaden sitzen bleiben.  Details ließen die Richter in Luxemburg offen, vgl. Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 25. Oktober, Aktenzeichen: C-350/03 und C-229/04, NJW 2005, 3551; 3555. Details sollten die nationalen Gerichte entscheiden.

7. Der Bundesgerichtshof entschied 2008 (BGH, Urt. v. 26.2.2008 – XI ZR 74/06). dass Immobilienanleger Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo von der den Immobilienkauf finanzierenden Bank wegen unterlassener Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem (früheren)Haustürwiderrufsgesetz verlangen können.
Voraussetzung ist neben dem Verschulden und dem Beweis der Schadenskausalität, dass der Anleger bei Abschluss des Darlehensvertrages noch nicht an den Grundstückskaufvertrag gebunden war.
Die Bindung kann wegen Nichtigkeit des Kaufvertrages nach § 134 BGB entfallen, wenn der vom Anleger bevollmächtigte Treuhänder gegen Art. 1 § RBerG verstoßen hat und sich der Grundstücksveräußerer nicht auf den Gutglaubensschutz nach §§ 171, 172 BGB berufen kann. Einer Berufung auf diesen Schutz steht nicht entgegen, dass der Veräußerer das Erwerbsmodell initiiert und konzipiert und den Treuhänder ausgesucht hat

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