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Kein Widerrufsrecht bei individuell hergestellter Ware?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Verbraucher können nicht jeden Fernabsatzvertrag widerrufen. Diese Regel galt bereits vor der europaweiten Vereinheitlichung des Widerrufsrechts. Schließlich kann der Händler die Ware, die speziell nach Kundenwünschen hergestellt wurde, meistens gar nicht mehr oder nur mit erheblichen Preisnachlässen weiterverkaufen – sie ist also wirtschaftlich gesehen für ihn zumeist wertlos. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass ein Widerrufsrecht nur entfällt, wenn für den Verbraucher die Anfertigung nach Kundenspezifikation auch erkennbar war.

Wahl zwischen 578 Gestaltungsmöglichkeiten

Ein Verbraucher bestellte online bei einem Möbelhändler ein Sofa der Kategorie „Sofas EXKLUSIV“. Hierbei konnte der Besteller für das zweifarbige Sofa aus 17 verschiedenen Farben auswählen und sich ferner für eine spiegelverkehrte Anordnung des Möbelstücks entscheiden. Auf seiner Website wies der Händler im Übrigen darauf hin, dass aufgrund dieser Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten eine Lagerung sämtlicher Sofavarianten nicht möglich sei. Erst nach der individuellen Bestellung durch den Kunden werde mit der Herstellung des Einrichtungsgegenstandes begonnen. Daher betrage die Lieferzeit zwischen 12 und 16 Wochen.

Nach Erhalt des Sofas wollte der Verbraucher den Vertrag widerrufen, was vom Händler jedoch abgelehnt wurde. Der Kunde gab daraufhin an, dass für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass die Ware erst für ihn hergestellt wird. Aufgrund der Artikelbezeichnung und der Begrenzung der Gestaltungsmöglichkeiten sei er vielmehr davon ausgegangen, das Sofa sei lediglich ein Standardmodell. Ihm dürfe das Widerrufsrecht daher nicht verwehrt werden. Der Streit endete vor Gericht.

Verbraucher hatte kein Widerrufsrecht

Nach Ansicht des Landgerichts (LG) Düsseldorf stand dem Verbraucher kein Widerrufsrecht zu. Ein solches ist nämlich ausgeschlossen, wenn – wie vorliegend – die Ware kundenspezifisch hergestellt wurde und dem Händler deren Rücknahme unzumutbar ist, weil er hierdurch erhebliche finanzielle Nachteile erleiden würde.

Unzumutbarkeit ist nur abzulehnen, wenn das gefertigte Produkt ohne Probleme wieder in seine Standardeinzelteile aufgetrennt werden könnte, ohne deren Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen, wie es etwa bei einem Notebook möglich ist. Ein Sofa dagegen besteht nicht aus vorgefertigten Standardbauteilen, die nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt werden – es wird grundsätzlich vielmehr von Grund auf anhand der Kundenwünsche hergestellt. Müsste der Händler ein kundenspezifisch angefertigtes Sofa zurücknehmen, würde er ferner Gefahr laufen, es nicht mehr bzw. nur mit erheblichem Preisnachlass weiterverkaufen zu können. Die Ware ist dann für den Händler in wirtschaftlicher Hinsicht wertlos – ihre Rücknahme daher unzumutbar. Ferner handelte es sich im vorliegenden Fall zweifelsfrei um ein individuell hergestelltes Möbelstück – der Kunde konnte sich schließlich aus einer Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten ein „Sofa nach Maß“ auswählen.

Letztendlich war für den Kunden auch erkennbar, dass er kein Standardsofa erwirbt, sondern vielmehr ein speziell nach seinen Wünschen hergestelltes Möbelstück. So konnte er sein Wunschsofa aus über 500 Gestaltungsmöglichkeiten wählen. Ferner konnte bereits aus der Bezeichnung der Kategorie „Sofas EXKLUSIV“ geschlossen werden, dass es sich bei dem Einrichtungsgegenstand gerade nicht um ein Standardprodukt handelt.

Auch die lange Lieferzeit von 12 bis 16 Wochen sprach eher dafür, dass das Sofa noch angefertigt werden muss und nicht beim Händler vorrätig ist – eine Lagerung der Sofas in sämtlichen Variationen ist dem Händler aus logistischen Gründen ohnehin nicht möglich. Darüber hinaus hat dieser auf seiner Website ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einrichtungsgegenstände nicht gelagert, sondern nach Bestellung kundenspezifisch fabriziert werden. Außerdem werden heutzutage viele Einrichtungsgegenstände auf besonderen Wunsch gefertigt – schließlich soll das Möbelstück zum Rest der Einrichtung des Bestellers passen und seinem Stil entsprechen. Anderes gilt natürlich, wenn man ein Möbelhaus aufsucht, dass seine Waren auch als „standardisierte Massenware verkauft“.

(LG Düsseldorf, Urteil v. 12.02.2014, Az.: 23 S 111/13)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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