Keine Selbstbelastung in Ordnungswidrigkeitenverfahren

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Nach einer aktuellen Entscheidung des BVerfG von diesem Jahr (2022), Aktenzeichen: 2 BvR 2462718 muss ein:e Geschäftsführer:in oder -inhaber:in weder sich noch Familienangehörige im Rahmen des Transports von gefährlichen Gütern belasten. Warum das so ist und was dabei beachtet werden muss, möchte ich für Sie anhand dieser Entscheidung darstellen.

Der Sachverhalt der Entscheidung war wie folgt:

Nach einer polizeilichen Kontrolle fiel bei einem Lastfahrzeug, geladen mit Gefahrgut, auf, dass dieses nicht mit Feuerlöschgeräten ausgerüstet war und seit mehr als zwei Jahre keine Nachprüfung des Kontrollgerätes stattgefunden hatte, was jeweils eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Um den Sachverhalt zu ermitteln, forderte die zuständige Verkehrspolizeiinspektion das Unternehmen und den Spediteur auf, den „Verantwortlichen“ zu nennen, hier u.a. die Person, die für die Einhaltung der gefahrgutrechtlichen Vorschriften verantwortlich ist.

Der Geschäftsinhaber lehnte dies mit der Begründung ab, dass er sich und Angehörige nicht belasten müsse.

Da keine weitere Reaktion erfolgte erließ die zuständige Bußgeldbehörde zwei Bußgeldbescheide, beide gegen den Geschäftsinhaber: Einen wegen Nichteinhaltung der gefahrgutrechtlichen Vorschriften, den anderen in Höhe von 1.000,00 € plus Kosten für die Weigerung gem. § 9 GGBefG Auskunft zu erteilen.

Das erste Verfahren wurde eingestellt. Hier soll es aber um den Bescheid wegen der Weigerung der Auskunft gehen.

Mit dem oben genannten Beschluss stellte das BVerfG nämlich klar, dass § 9 Abs. 4 GGBefG auch für Geschäftsführer und Geschäftsinhaber gilt.


§ 9 Abs. 4 GGBefG

Der zur Erteilung der Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach OWiG aussetzen würde.


Wörtlich sagte das BVerfG:

„Im vorliegenden Verfahren verstößt die Verurteilung wegen Nichterteilung einer Auskunft gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit. Der Beschwerdeführer war aufgrund der Gefahr einer ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfolgung wegen eines vorherigen gefahrgutrechtlichen Verstoßes nicht zur Auskunft über seine Verantwortlichkeit verpflichtet. […] Das Verfahren gegen den Beschwerdeführer war […] von Beginn an repressiv auf die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit gerichtet, sodass der Beschwerdeführer nicht verpflichtet war, sich im laufenden Ordnungswidrigkeitenverfahren durch das Eingeständnis seiner Verantwortlichkeit für die bußgeldbewehrten Verstöße gegen das Gefahrgutbeförderungsgesetz selbst zu bezichtigen. Darüber hinaus war sein Auskunftsverweigerungsrecht in § 9 Abs. 4 GGBefG gesetzlich verankert. Die Ausübung dieses Rechts darf nicht - wie hier geschehen - mit einer Geldbuße sanktioniert werden, weil hiervon eine nötigende Wirkung ausgeht und der Betroffene andernfalls gezwungen wäre, zur Vermeidung einer (weiteren) Geldbuße auf sein Auskunftsverweigerungsrecht zu verzichten.“


Die Auskunftspflicht den Verantwortlichen betreffend besteht für die geschäftsführende oder geschäftsinhabende Person mithin nur dann, wenn nicht die Gefahr besteht, dass man sich selbst oder Angehörige belastet. Ein allgemeines Auskunftsverweigerungsrecht ergibt sich daraus jedoch nicht.


Im Einzelfall helfe und prüfe ich gerne, ob ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht oder wenn Sie sonst Fragen im Gefahr- und Transportrecht, vor allem auch in Bußgeld- und Einziehungsverfahren, haben.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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