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Können Eltern zum Umgang mit ihrem Kind gezwungen werden?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Um zu einem selbstständigen und selbstbewussten Menschen heranzuwachsen, benötigt jedes Kind die Liebe und die Erziehung seiner Eltern. Trennen die beiden sich jedoch, entsteht im Leben des Kindes zumeist eine Lücke. Einer Entfremdung des getrennt lebenden Elternteils vom Sprössling kann jedoch entgegengewirkt werden, wenn die beiden regelmäßig Kontakt miteinander haben. Doch was passiert, wenn der Elternteil gar keinen Umgang mit seinem Nachwuchs haben will? Kann er mittels Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft dazu gezwungen werden?

Vater stellt Kontakt zum Kind „schweren Herzens“ ein

Ein Vater wollte regelmäßigen Kontakt zu seinem kleinen Sohn – allerdings reichte ihm der bisherige Umgang nicht, weshalb die Eltern häufigere Kontakte zwischen Vater und Sohn vereinbarten. Das zuständige Gericht billigte diese Regelung, drohte aber gleichzeitig Ordnungsmittel an, falls der Vater den Umgang nicht wahrnehmen sollte.

Der sagte prompt jeden Umgangstermin ab – woraufhin seine Expartnerin vor Gericht erfolgreich die Verhängung eines Ordnungsgelds oder einer Ordnungshaft beantragte. Der Vater hielt dieses Vorgehen für unrechtmäßig. Er stellte klar, den Kontakt zu seinem Sprössling „schweren Herzens“ beendet zu haben – seiner Ansicht nach habe es bei er Übergabe des Kindes stets Ärger mit seiner Expartnerin gegeben. So seien entspannte Umgangskontakte auch in Zukunft nicht möglich.

Umgangskontakt muss Kindeswohl dienen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hob den Beschluss des Amtsgerichts, wonach gegen den Kindesvater ein Ordnungsgeld festgesetzt worden war, auf.

Ist Erzwingung von Umgang möglich?

Nach § 89 I Familienverfahrensgesetz (FamFG) kann gegen einen Elternteil Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn er sich nicht an die gerichtliche Umgangsregelung hält. Kann das Ordnungsgeld nicht eingetrieben werden, darf das Gericht sogar Ordnungshaft anordnen. Es ist also möglich, den Umgangspflichtigen quasi zu zwingen, sich an die gerichtliche Umgangsvereinbarung zu halten und Kontakt zu seinem Nachwuchs aufzunehmen.

Deutlicher Widerstand des Elternteils: Umgang sollte nicht erzwungen werden

Eltern trifft nicht nur ein Recht auf Umgang, sondern auch eine entsprechende Pflicht, vgl. § 1684 I Hs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dennoch ist die Festsetzung von Ordnungsmitteln für Gerichte nicht verpflichtend. Sie müssen vielmehr im Einzelfall entscheiden, ob es der Entwicklung und dem Wohl des Kindes dient, wenn sein Vater oder seine Mutter aufgrund der gerichtlichen Umgangsvereinbarung zu regelmäßigen Treffen mit ihm gezwungen wird.

Denn oftmals ist es eher so, dass ein Elternteil bei einem Wiedersehen seinen Unwillen und seine Ablehnung gegenüber dem Kind deutlich zeigt – was dieses verunsichern und an der Liebe seines Vaters bzw. seiner Mutter zweifeln lassen könnte. Das wiederum ist für eine optimale Persönlichkeitsentwicklung des Sprösslings hinderlich, weil er unter Umständen Minderwertigkeitskomplexe entwickelt oder verlernt, anderen zu vertrauen.

In solchen Fällen sollte davon abgesehen werden, dem Elternteil einen Umgang mit seinem Nachwuchs regelrecht aufzudrängen.

Vater muss kein Ordnungsgeld zahlen

Vorliegend hatte der Vater deutlich zu verstehen gegeben, dass er keinen Kontakt mit seinem Sohn mehr wünscht. Das hatte er überwiegend auf die belastende Situation beim Abholen und Zurückbringen seines Kindes zurückgeführt. Die Richter gingen deshalb davon aus, dass gemeinsame Treffen zwischen Vater und Sohn nicht dem Kindeswohl gedient hätten, zumal der Sohn aufgrund der bereits abgesagten Treffen ohnehin schon etwas verunsichert war. Die Durchsetzung des Umgangs mittels Ordnungsmitteln war somit alles andere als erfolgversprechend und damit abzulehnen.

(OLG Hamm, Beschluss v. 25.07.2017, Az.: 6 WF 179/17)

(VOI)

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