Krankenkasse muss Kosten für Daisy-Player einer Blinden übernehmen - Hilfsmittel

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Das Sozialgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 21.05.19, Az. S 15 KR 4347/18, erfreulicherweise entschieden, dass eine erblindete Frau gegenüber ihrer Krankenversicherung einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für einen Daisy-Player hat.

Daisy-Player?

Die Abkürzung Daisy steht für Digital Accessible Information System und bezeichnet einen Standard für navigierbare Multimediadokumente. Mit dem Daisy-Player können der blinden Person Inhalte und Informationen jeglicher Art zur Verfügung gestellt werden, die den Informationsbedarf der Klägerin im Rahmen ihrer Lebensführung decken, z. B. Kochbücher, Zeitschriften, Sachbücher, Belletristik, Informationen der Verbände, Lehrbücher etc. 

Bei einem Daisy-Player handelt es sich um ein Hilfsmittel i. S. v. § 33 SGB V zum mittelbaren Behinderungsausgleich. Dieses ist nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft.

Anspruch auf Versorgung mit dem Daisy-Player aus § 33 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 SGB V

Das Sozialgericht Stuttgart führte hierzu aus, dass der Einsatz des Daisy-Players der täglichen Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse eines Menschen zuzuordnen sei. 

Die Schaffung eines auch geistigen Freiraumes, der vom Bundessozialgericht als Grundbedürfnis im Rahmen des § 33 SGB V eingeordnet wurde, umfasse schließlich auch die Fähigkeit, sich selbstständig und möglichst ohne fremde Hilfe im eigenen Umfeld zu orientieren, zurecht zu finden und zu bewegen. 

Insbesondere könne die Klägerin hier nicht darauf verwiesen werden, sich die Texte von einer anderen Person vorlesen zu lassen oder sie mit Hilfe eines Vorlesesystems zu erfassen. 

Zu dem Grundbedürfnis der eigenständigen und individuellen Informationsbeschaffung gehöre auch die freie Entscheidung darüber, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt zugänglich gemacht werden sollen. 

Die bei einem Daisy-Player bestehende Möglichkeit, in den Werken zu navigieren, um genau an die Stelle in einem zumutbaren Zeitrahmen zu gelangen, die den Versicherten tatsächlich interessiere, komme den Möglichkeiten eines Sehgesunden bereits recht nah, da dieser ebenfalls schnell in der Lage sei, nach Erfassung eines Inhaltsverzeichnisses eines Werkes mit wenigen Schritten zu der Textstelle zu gelangen, die für ihn von besonderer Bedeutung sei. 

Vorlesegerät keine Alternative

Das bereits vorhandene Vorlesegerät der Klägerin enthalte solche Navigationsmöglichkeiten gerade nicht und verpflichte den Nutzer bis auf einige Ausnahmen, sich den gesamten Text vorlesen zu lassen, um schließlich die wichtigen Passagen, die sich möglicherweise am Ende eines mehrstündigen Werkes befänden, zu erfassen. 

Außerdem würden gewisse Informationen wie z. B. von Blindenverbänden nur noch im Daisy-System zur Verfügung gestellt, sodass die Klägerin von solchen Informationen völlig ausgeschlossen wäre, so die Stuttgarter Sozialrichter.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des SG Stuttgart, Auszug der aktuellen Rechtsprechung (Stand: August 2019), v. 02.08.2019.

Die Autorin ist in den medizinrechtlichen Bereichen der Hilfsmittelversorgungen bundesweit tätig.


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