Kündigung wegen E-Mail: Wann die Weiterleitung von Firmendaten das Arbeitsverhältnis kostet
- 7 Minuten Lesezeit

Ein kurzer Klick – ein schwerwiegender Fehler:
Ein Investmentbanker einer Großbank leitete sich wenige Tage nach seiner Beurlaubung eine Kundenadressliste an seinen privaten E-Mail-Account weiter.
Eigentlich wollte er nur seine Kontakte für Weihnachtsgrüße sichern. Doch die Bank überwachte den Mailverkehr und erkannte sofort die Weiterleitung.
Die Folge: fristlose Kündigung.
Die Weitergabe der Daten wurde als schwerwiegender Verstoß gegen Datenschutz- und Geheimnisschutzpflichten gewertet – trotz einer zuvor ausgehandelten millionenschweren Abfindung.
Dieser Fall zeigt eindrücklich:
Auch vermeintlich harmlose E-Mails können schwerwiegende rechtliche Konsequenzen haben.
Für Arbeitgeber stellt sich deshalb die entscheidende Frage:
Wann rechtfertigt eine E-Mail tatsächlich die Kündigung eines Arbeitnehmers?
In diesem Beitrag erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung wegen E-Mail-Versands wirksam ist und worauf Arbeitgeber achten müssen, um rechtssicher zu handeln.
Rechtlicher Hintergrund: E-Mail-Versand und arbeitsrechtliche Pflichten
Die Nutzung betrieblicher E-Mail-Systeme ist rechtlich nicht unproblematisch. Arbeitnehmer unterliegen dabei verschiedenen arbeitsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Pflichten, deren Verletzung eine Kündigung rechtfertigen kann.
Treuepflicht des Arbeitnehmers (§ 241 Abs. 2 BGB)
Nach § 241 Abs. 2 BGB sind Arbeitnehmer verpflichtet, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört insbesondere, Unternehmensdaten vertraulich zu behandeln und nicht eigenmächtig zu verwenden oder weiterzugeben.
Die Weiterleitung sensibler Firmendaten an private E-Mail-Accounts kann eine schwerwiegende Verletzung dieser Treuepflicht darstellen und – je nach Schwere des Verstoßes – eine ordentliche oder sogar fristlose Kündigung rechtfertigen.
Pflicht zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (§ 2 GeschGehG)
Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) verpflichtet Arbeitnehmer, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Geschäftsgeheimnisse sind alle Informationen, die wirtschaftlichen Wert haben und nicht allgemein bekannt sind, beispielsweise Kundenlisten, Preisstrategien oder interne Planungen.
Das unbefugte Weiterleiten oder Offenbaren solcher Informationen, etwa per privater E-Mail, stellt regelmäßig eine Verletzung des Geschäftsgeheimnisschutzes dar und kann ebenfalls Grundlage für eine Kündigung sein.
Datenschutzrechtliche Anforderungen (DSGVO, BDSG)
Personenbezogene Daten von Kunden, Geschäftspartnern oder Mitarbeitern unterliegen dem Schutz der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).
Eine Weiterleitung solcher Daten an private Accounts ohne ausdrückliche Erlaubnis des Arbeitgebers stellt eine unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten dar.
Ein solcher Datenschutzverstoß kann nicht nur arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung haben, sondern den Arbeitgeber selbst gegenüber Behörden (z.B. Datenschutzaufsichtsbehörden) erheblichen Risiken aussetzen.
Betriebsvereinbarungen und interne IT-Richtlinien als Maßstab
Viele Unternehmen haben die Nutzung von IT-Systemen und den Umgang mit vertraulichen Informationen in Betriebsvereinbarungen oder internen Richtlinien geregelt.
Verstößt ein Arbeitnehmer gegen klare betriebliche Vorgaben – etwa ein Verbot der privaten E-Mail-Nutzung oder das Verbot, Daten auf private Geräte oder Accounts zu übertragen –, kann dies die Grundlage für arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zur Kündigung bilden.
Wichtig ist hierbei, dass solche Richtlinien klar, bekannt gemacht und für die Mitarbeiter verbindlich sind.
Wann eine E-Mail die Kündigung rechtfertigen kann
Nicht jede private oder nachlässige Nutzung von E-Mails im Betrieb rechtfertigt automatisch eine Kündigung.
Arbeitgeber müssen prüfen, ob ein erheblicher Pflichtverstoß vorliegt, der das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört. Dabei kommt es auf die Art und Schwere des Fehlverhaltens an.
Verstoß gegen Datenschutzvorschriften
Wird eine E-Mail versendet, die personenbezogene Daten – etwa Kundenlisten, interne Mitarbeiterdaten oder sensible Geschäftsinformationen – ohne Erlaubnis des Arbeitgebers weitergibt, liegt ein Datenschutzverstoß vor.
Ein solcher Verstoß kann die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens erheblich gefährden und ist deshalb in vielen Fällen geeignet, eine außerordentliche (fristlose) Kündigung zu rechtfertigen.
Beispiel:
Ein Mitarbeiter leitet ohne Zustimmung des Arbeitgebers eine komplette Kundendatenbank an seine private E-Mail-Adresse weiter. Selbst wenn dies ohne schädigende Absicht erfolgt, verletzt er grundlegende Datenschutzpflichten.
Verletzung von Geschäftsgeheimnissen
Geschäftsgeheimnisse sind besonders schützenswerte Informationen. Ihre unbefugte Weitergabe – selbst durch einfache E-Mail-Weiterleitung – stellt regelmäßig einen gravierenden Pflichtverstoß dar.
Insbesondere wenn ein Arbeitnehmer Zugang zu vertraulichen Informationen hat (z. B. als Führungskraft, Projektleiter oder in sensiblen Abteilungen), wiegt ein solcher Verstoß besonders schwer.
Praxisrelevant:
Bereits die Übermittlung einer Liste mit Namen wichtiger Kunden oder vertraulicher Geschäftsstrategien an einen privaten Account kann eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen und eine fristlose Kündigung ermöglichen.
Gefährdung betrieblicher Interessen
E-Mails, die sensible Informationen unkontrolliert nach außen tragen, können erhebliche Risiken für das Unternehmen bergen:
Verlust von Wettbewerbsvorteilen, Imageschäden oder sogar Bußgelder wegen Datenschutzverstößen.
Je größer die Gefahr für das Unternehmen, desto eher kann eine Kündigung als verhältnismäßig angesehen werden.
Ordentliche oder außerordentliche Kündigung?
Je nach Schwere und Umständen des Fehlverhaltens kommen sowohl eine ordentliche Kündigung als auch eine außerordentliche (fristlose) Kündigung in Betracht:
Ordentliche Kündigung: Wenn der Pflichtverstoß schwer, aber nicht existenzbedrohend für den Betrieb ist.
Außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB): Wenn das Vertrauensverhältnis durch die E-Mail so massiv beschädigt ist, dass eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist.
Ob eine Kündigung im Einzelfall zulässig ist, hängt immer von einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände ab.
Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung
Eine Kündigung wegen des Versands von problematischen E-Mails ist nur dann rechtlich wirksam, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Arbeitgeber sollten diese Punkte sorgfältig prüfen, bevor sie eine Kündigung aussprechen:
Erheblicher Pflichtverstoß
Der Pflichtverstoß muss so schwerwiegend sein, dass das Vertrauen in den Arbeitnehmer nachhaltig erschüttert ist.
Eine einmalige Unachtsamkeit reicht in der Regel nicht aus, es sei denn, sie betrifft besonders sensible Daten oder Geschäftsgeheimnisse.
Entscheidend ist der konkrete Inhalt der E-Mail und das damit verbundene Risiko für das Unternehmen.
Interessenabwägung
Arbeitgeber müssen eine Abwägung zwischen den Interessen des Unternehmens und den Interessen des Arbeitnehmers vornehmen.
Kriterien sind u.a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers, die Schwere des Verstoßes und mögliche Folgen für den Betrieb.
Eine langjährige beanstandungsfreie Mitarbeit kann im Einzelfall gegen eine sofortige Kündigung sprechen.
Abmahnung erforderlich?
Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer vor einer Kündigung abgemahnt werden, um ihm Gelegenheit zur Verhaltensänderung zu geben.
Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn der Pflichtverstoß so gravierend ist, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (z.B. schwerwiegende Geheimnisverletzungen oder Datenschutzverstöße).
Einhaltung von Fristen und Formerfordernissen
Bei einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes aussprechen (§ 626 Abs. 2 BGB).
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 623 BGB) – eine E-Mail oder mündliche Kündigung reicht nicht aus.
Im Kündigungsschreiben müssen die Gründe nicht detailliert angegeben werden, sollten aber auf Nachfrage nachvollziehbar begründet werden können.
Prävention: Wie Arbeitgeber sich absichern können
Um Risiken durch unzulässigen E-Mail-Versand zu minimieren, sollten Arbeitgeber klare interne Vorgaben schaffen und ihre Mitarbeiter umfassend sensibilisieren.
Eine gut organisierte Prävention stärkt zudem die rechtliche Position im Falle einer notwendigen Kündigung.
Zunächst empfiehlt es sich, die private Nutzung betrieblicher E-Mail-Accounts klar zu regeln. Arbeitgeber sollten eindeutig festlegen, ob und in welchem Umfang private E-Mails über die Unternehmensserver erlaubt sind.
Ein vollständiges Verbot oder eine ausdrückliche Einschränkung erleichtert es, bei Verstößen konsequent zu reagieren. Diese Regelungen sollten am besten in einer IT-Richtlinie oder direkt im Arbeitsvertrag verankert sein.
Ebenso wichtig ist die regelmäßige Aufklärung der Belegschaft über Datenschutz- und Geheimnisschutzpflichten.
Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter verstehen, welche Informationen als vertraulich gelten und wie sie damit umgehen müssen. Schulungen, schriftliche Hinweise oder Informationsveranstaltungen sind geeignete Mittel, um das Bewusstsein für die Risiken zu schärfen.
Auch die technische Seite verdient Beachtung. Die Überwachung des E-Mail-Verkehrs ist nur unter engen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen zulässig.
Erforderlich sind eine transparente Information der Arbeitnehmer über Art, Umfang und Zweck einer möglichen Kontrolle sowie eine sorgfältige Interessenabwägung. Idealerweise werden diese Maßnahmen in einer Betriebsvereinbarung geregelt, wenn ein Betriebsrat existiert.
Darüber hinaus können moderne IT-Sicherheitskonzepte helfen, Verstöße frühzeitig zu erkennen.
Automatische Alarmsysteme bei ungewöhnlichen Datenübertragungen oder Einschränkungen beim Versand sensibler Dateien an externe Adressen sind effektive Mittel, um Unternehmensdaten zu schützen, ohne das Vertrauen der Belegschaft unnötig zu belasten.
Insgesamt gilt: Wer klare Regeln aufstellt, seine Mitarbeiter sensibilisiert und geeignete technische Schutzmechanismen einsetzt, kann das Risiko gravierender Pflichtverletzungen im Umgang mit E-Mails erheblich reduzieren – und im Ernstfall rechtssicher reagieren.
Schlussfolgerung: Keine harmlosen E-Mails – klare Regeln, klare Konsequenzen
Der Versand scheinbar harmloser E-Mails kann schwerwiegende Folgen haben – für Arbeitnehmer wie auch für Arbeitgeber.
Der Praxisfall des Investmentbankers zeigt eindrücklich, dass gerade die Weiterleitung sensibler Daten schnell als schwerwiegender Pflichtverstoß gewertet werden kann und eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Für Arbeitgeber bedeutet das: Klare Regelungen zum Umgang mit Unternehmensdaten und E-Mail-Kommunikation sind unerlässlich. Nur wer frühzeitig sensibilisiert, Regeln transparent gestaltet und Verstöße konsequent bewertet, schafft eine sichere Grundlage für den Ernstfall.
Gleichzeitig schützt ein systematisches Vorgehen das eigene Unternehmen vor Datenschutzverstößen, Reputationsschäden und finanziellen Risiken.
Bei Verdachtsfällen sollten Arbeitgeber nicht vorschnell handeln, sondern den Einzelfall sorgfältig prüfen und arbeitsrechtliche Beratung in Anspruch nehmen. So wird verhindert, dass formale Fehler eine ansonsten gerechtfertigte Kündigung angreifbar machen.
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