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Landgericht Berlin: Ku’damm-Raser erneut wegen Mordes verurteilt

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Nach der Aufhebung des ersten Urteils hat das Landgericht Berlin zwei Raser erneut wegen Mordes verurteilt.
  • Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte eine erneute Verhandlung verlangt.
  • Eine erneute Revision zum BGH gegen das Urteil ist möglich.

2017 hatte das Berliner Landgericht erstmals Teilnehmer eines illegalen Autorennens wegen Mordes verurteilt. 2018 hob der Bundesgerichtshof das Urteil jedoch auf. Nun hat das Landgericht Berlin seine Entscheidung bestätigt.

Mit 160 km/h über rote Ampel gerast

Die Männer hatten 2016 nachts an einer Ampel auf dem Ku’damm spontan ein Wettrennen gestartet. Es endete mit dem Tod eines unbeteiligten Mannes. Er war mit seinem Jeep bei Grün auf die von den Männern befahrene Straße eingebogen. Deren Ampel zeigte Rot. Einer der beiden Raser rammte den Jeep auf der Kreuzung mit mehr als 160 km/h, der dadurch 70 Meter weit geschleudert wurde. Bis zum Zusammenstoß hatten die beiden Raser zuvor bereits 20 Kreuzungen, teilweise bei Rot, überfahren.

Tod unbeteiligter Menschen in Kauf genommen

Geschwindigkeiten weit über dem Erlaubten. Überfahren mehrerer roter Ampeln. Mitten in der Stadt auf einer auch nachts belebten Straße. Die nicht einsehbare Straße, aus der der Fahrer des Jeeps kam. Unter diesen Umständen hätten die Männer den Tod unbeteiligter Menschen billigend in Kauf genommen, entschied das Berliner Landgericht. Danach sind sie mit der Einstellung „Na, wenn schon“ gefahren und nicht mehr im Vertrauen darauf „es werde schon gut gehen“.

Zudem seien sie Mittäter, da sie sich zum Rennen herausgefordert hätten, gemeinsam Risiken eingegangen seien und den Rennablauf bestimmten. Jeder hätte das Rennen vorzeitig beenden können.

Mord mit gemeingefährlichen Mitteln

Entscheidend für die Verurteilung wegen Mordes war, dass sie das Geschehen nicht mehr beherrschten. Für einen nicht eingrenzbaren größeren Personenkreis habe eine konkrete Lebens- und Todesgefahr bestanden. Die Richter verglichen das Rennen mit einer vorsätzlichen Geisterfahrt. Wie bei dieser sei keine Kontrolle über die damit verbundene Gefahr mehr gegeben. Die Tat sei deshalb mit gemeingefährlichen Mitteln erfolgt und damit als Mord mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen. Beiden Männern wurden zudem lebenslang die Fahrerlaubnisse entzogen.

Gericht musste Vorsatz besser begründen

Der BGH hob dieses Urteil im März 2018 auf. Das Landgericht habe sich zu wenig mit dem Vorsatz auseinandergesetzt. Fehlt er, ist nur eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung möglich. Insbesondere bemängelten die BGH-Richter die fehlende Berücksichtigung der eigenen Gefährdung, der sich die beiden Raser ausgesetzt haben. Diese kann entscheidend sein für die Annahme von Vorsatz.

Die seit November 2018 in Berlin laufende Verhandlung drehte sich deshalb vor allem um die Frage, wie sicher sich die beiden Raser waren, keine anderen Menschen zu gefährden. Die Verteidiger wollten dem Gericht deshalb eine andere Einstellung ihrer Mandanten zum Risiko und ihren Fähigkeiten vermitteln. Einer der Angeklagten hatte im Prozess über sich geäußert, dass er überzeugt gewesen sei, dass „niemals etwas passiert, weil ich einfach zu gut war“. Dieser Linie ist das Landgericht augenscheinlich nicht gefolgt und wertete das als Schutzbehauptung. Die Verteidiger hatten für den Fall einer erneuten Verurteilung angekündigt, dass sie erneut Revision einlegen.

Laut des Gerichts sei den beiden Fahrern alles egal gewesen, selbst der Tod anderer Verkehrsteilnehmer. Das Risiko des eigenen Todes hätten sie um des Rennen Willen akzeptiert. Angesichts des heftigen Zusammenpralls der Fahrzeuge sei die Gefährung anderer vom Zufall abhängig gewesen. Neben dieser gemeingefährlichen Begehung nahm das Gericht mit Heimtücke und niedrigen Beweggründen zwei weitere Mordmerkmale an. Ersteres, weil der getötete Autofahrer beim Einbiegen bei Grün arg- und wehrlos gewesen sei. Letzeres, weil ihr Streben nach dem Gewinn des Autorennens auf sittlich tiefster Stufe stehe.

Illegale Autorennen sind inzwischen strafbar

Bis zur Strafverschärfung für Autorennen verbot die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Rennen auf öffentlichen Straßen. Wer dennoch unerlaubt öffentliche Straßen zur Rennstrecke machte, musste – ohne dass andere irgendwie gefährdet wurden – mit einem Bußgeld von 400 Euro, einem Monat Fahrverbot und zwei Punkten rechnen.

Auch infolge dieses Falles werden illegale Autorennen stärker geahndet. Der § 315d Strafgesetzbuch sieht für verbotene Kraftfahrzeugrennen nun bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe vor. Da der neue Straftatbestand zum Zeitpunkt des Ku'damm-Raserfalles noch nicht existierte, konnten die beiden Beteiligten nicht danach bestraft werden. Im Übrigen bleibt eine Verurteilung wegen Mordes weiter möglich. 

(LG Berlin, Urteil v. 26.03.2019, Az.: 532 Ks 9/18)

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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