LG Konstanz verurteilt Daimler zur Rücknahme eines Mercedes GLK 250 4Matik

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Das Landgericht Koblenz gab der Klage des Mercedes-Fahrers statt und verurteilte die Daimler Benz AG zur Rücknahme des Autos. Im Oktober 2017 hatte der Kläger den damals 3 Jahre alten GLK 250 4Matik 32.750 € gebraucht gekauft. Ausgestattet ist der Wagen mit dem Motor OM651 EURO 6 ist. Das Kraftfahrtbundesamt erließ im Mai 2018 einen Rückruf für dieses mit einem SCR-Kat bestückten Modell (Urteil LG Konstanz vom 14.06.2021, Az. E 2 O 410/20).

Mercedes habe durch den Einbau zumindest einer unzulässigen Abschalteinrichtung das KBA bewusst getäuscht und sich damit zugleich gegenüber dem Kläger sittenwidrig verhalten, befand das Gericht. Das Verschweigen des Einbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem KBA im Typengenehmigungsverfahren wertete das Gericht als sittenwidrig.

In dem von uns geführten Verfahren, wurden gleich mehrere unzulässigerweise vom Stuttgarter Konzern installierte technische Abläufe im Emissionskontrollsystem des Motors OM 651 substantiiert dargelegt, ohne dass Mercedes diesen Vortrag durch Vorlage der Bescheide und Angaben zum weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens wirksam bestritt.
 Angesichts der Vielzahl der nicht unter Einhaltung der im Typengenehmigungsverfahren genehmigten Grenzwerte für Stickoxide, arbeitenden Mechanismen, könne nur der Rückschluss gezogen werden, dass den Verantwortlichen bei Mercedes diese Täuschung bewusst gewesen sei.

Der Inhalt der Rückrufbescheide des KBA vom 23. Mai 2018 und vom 3.August 2018 für das von der Daimler Benz AG entwickelte Softwareupdate belegten nach Auffassung der Richter das unzweifelhafte Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in eindrücklicher Deutlichkeit. Die Bescheide des KBA gaben dem Mercedes-Konzern auf, auf der Basis der erteilten Typengenehmigungen in den von ihm produzierten Fahrzeugen die "Vorschriftsmäßigkeit herzustellen, indem alle unzulässigen Abschalteinrichtungen aus dem Emissionskontrollsystem entfernt werden" und "die Emissionsstrategie der derzeit in Produktion befindlichen Fahrzeuge Mercedes C 1.6 l Diesel Euro 6 vollständig offen zu legen".

Die vom Mercedes-Konzern gewählte Verteidigungsstrategie der Verschleierung, des Verschweigens und des Versteckens hinter Betriebsgeheimnissen ging indes nicht auf.

Allein auf Grundlage der von Mercedes teilweise unvollständig vorgelegten geschwärzten Bescheide des KBA sei nicht nachvollziehbar, dass das KBA zum einen einzig das SCR-System als unzulässige Abschalteinrichtung bemängelt hat. Es sei nicht abschätzbar, ob die weiteren, vom Kläger ebenfalls als unzulässig angeführten Funktionsweisen im Emissionskontrollsystem des Motors nicht auch vom KBA beanstandet wurden.

Da zudem kein weiterer Vortrag zum Stand des Widerspruchsverfahrens erfolgt, sei ebenfalls nicht abschätzbar, ob und mit welchem Ausgang dieses abgeschlossen ist. Offenkundig habe Mercedes zumindest nicht obsiegt; denn die Vorlage des stattgebenden Widerspruchsbescheids hätte ihre prozessuale Stellung aufgrund der daraus abzuleitenden Zulässigkeit der monierten Abschalteinrichtung erheblich verbessert. Die Nichtvorlage des Widerspruchs liefe in diesem Fall einer sorgfältigen Prozessführung zuwider und kann nicht unterstellt werden. Vielmehr sei angesichts des Schweigens hinsichtlich der als notwendig angesehenen Information zum Stand des Widerspruchsverfahrens weiterhin von dem im Rückrufbescheid zugrunde gelegten status quo, nämlich einer unzulässigen Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Motor, auszugehen.

Uns freut dieses Urteil aus zwei Gründen besonders. Zum einen begrüßen wir es immer, wenn ein Gericht nicht vor dem großen Konzern eingeknickt und zum anderen weil die Kammer nicht auf das Scheinargument des „Betriebsgeheimnisses“ eingegangen, sondern klipp und klar gesagt hat, was Sache ist.

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