Mängelrechte des Bestellers vor Abnahme der Werkleistung

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Mangelbeseitigungskosten wurden zugesprochen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte sich als Berufungsinstanz (Vorinstanz: Landgericht Münster, AZ: 12 U 297/13) mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen, bei dem die Klägerin – eine Wohnungseigentümergemeinschaft – die Beklagte, ein Handwerksunternehmen, mit der Sanierung des Bodenbelags eines Laubenganges beauftragte (Urteil vom 19.08.2014, AZ: 24 U 41/14).

Nach Abschluss ihrer Arbeiten erstellte die Beklagte am 15.12.2011 eine Schlussrechnung über 25.081,77 Euro. Die Klägerin bezahlte lediglich einen Teil dieser Forderung und rügte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.02.2012 die Mangelhaftigkeit der Arbeiten.

Am 09.03.2012 fand hieraufhin ein Ortstermin statt. Aufgrund der von der Klägerin festgestellten Mängel verweigerte diese die Abnahme. Infolge konnten sich die Parteien über die durchzuführenden Mängelbeseitigungsarbeiten nicht einigen, woraufhin die Klägerin der Beklagten mitteilte, dass noch zwingend bis Ende September 2012 die Mangelbeseitigungsarbeiten abzuschließen seien.

Nachdem immer noch Mängel vorhanden waren, lehnte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 22.10.2012 gegenüber der Beklagten die Abnahme der Arbeiten ab. Gleichzeitig forderte sie die Beklagte mit Frist bis 30.10.2012 dazu auf, die Übernahme geschätzter Sanierungskosten in Höhe von 25.000 bis 30.000 Euro zuzusagen. Vorgerichtlich lehnte die Beklagte die Übernahme von Mängelbeseitigungskosten ab.

Hierauf zog die Klägerin vor Gericht und erhielt vom LG Münster gegenüber der Beklagten 31.461,74 Euro an Mangelbeseitigungskosten zugesprochen. Gegen das Urteil ging die Beklagte in Berufung und begehrte Klageabweisung. Die Berufung der Beklagten war nur zu einem geringen Teil begründet. Das OLG Hamm verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 29.175,99 Euro an die Klägerin.

Problematisch an diesem Fall war, dass unstreitig noch keine Abnahme der Leistung stattgefunden hatte. Dies steht allerdings nach Ansicht des OLG Hamm dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen.

Diese Frage werde zwar kontrovers diskutiert, allerdings würde überwiegend befürwortet, dass der Besteller auch schon vor der Abnahme auf die Mängelrechte zurückgreifen könne. Dies gelte dann, wenn der Unternehmer sein Werk als fertiggestellt ansieht und abgeliefert habe, der Besteller im Gegenzug jedoch die Abnahme wegen Mängeln verweigere und der Unternehmer wiederum eine weitere Mängelbeseitigung endgültig ablehne.

Der Senat des OLG Hamm schloss sich dieser Auffassung an. Somit kann der Besteller vom Auftragnehmer bereits vor der Abnahme einen Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten verlangen. Da nach im Prozess erfolgter Beweisaufnahme auch feststand, dass die Beklagte mangelhaft gearbeitet hatte, bestätigte das OLG Hamm als Berufungsinstanz das erstinstanzliche Urteil weitaus überwiegend.

Das Urteil in der Praxis

Die Entscheidung erging zwar zu einem Sachverhalt, bei welchem es um die Verlegung eines Bodenbelags ging, die Aussagen sind allerdings auf den Kfz-Werkvertrag übertragbar.

Eine Fälligkeit des Werklohnanspruchs setzt grundsätzlich die Abnahme des Werkes durch den Besteller voraus. Umgekehrt hat der Besteller vor der Abnahme primär Anspruch auf Nachbesserung.

Eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz wird nun in der Entscheidung des OLG Hamm wiedergegeben: Sieht der Auftragnehmer sein Werk als fertiggestellt an und verweigert der Besteller die Abnahme wegen Mängeln, so kann der Besteller auch ohne die Abnahme der Werkleistung Sachmangelansprüche geltend machen, wenn wiederum der Unternehmer eine Mängelbeseitigung endgültig abgelehnt hat. Der Grundsatz des Vorranges der Nachbesserung gilt hier gerade nicht.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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