Markenschutz in Gefahr: Warum Chiquitas Bananen-Logo seinen Schutz verlor – und was Unternehmen daraus lernen können
- 4 Minuten Lesezeit

Inhaltsverzeichnis
Was auf den ersten Blick wie eine Kuriosität aus der Markenwelt klingt, ist ein echter Weckruf für Unternehmen und Kreative: Auch langjährig eingetragene Marken können ihren Schutz verlieren. Genau das passierte im Fall von Chiquita Brands LLC, dem Unternehmen hinter den bekannten blauen Bananenstickern. Doch wie konnte es so weit kommen – und was bedeutet das für andere Markeninhaber?
In der Folge des Podcasts „Kaffeerecht“ haben wir dieses spannende Urteil des Europäischen Gerichts vom 13. November 2024 unter die Lupe genommen. In diesem Beitrag fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und zeigen, wie Unternehmen rechtssichere Marken aufbauen können.
Der Fall Chiquita: Was war passiert?
Chiquita hatte seit 2010 eine Bildmarke schützen lassen: den blauen, ovalen Hintergrund mit gelbem Rand – also das, was viele als Teil des typischen Bananenstickers kennen. Der Schutz galt insbesondere für frische Früchte.
2020 stellte ein anderes Unternehmen beim EUIPO (Amt der EU für geistiges Eigentum) einen Antrag auf Nichtigkeit der Marke, mit der Begründung: mangelnde Unterscheidungskraft. Das Amt folgte dem Argument und erklärte die Marke – zumindest teilweise – für nichtig. Chiquita legte Beschwerde ein, doch das Europäische Gericht bestätigte nun: Für frische Früchte fehlt der Schutz.
Was bedeutet „Unterscheidungskraft“?
Eine Marke muss mehr sein als eine hübsche Grafik. Sie muss:
Produkte eines Unternehmens von denen anderer unterscheiden können, und
vom Verkehr (also dem Publikum) als solche Unterscheidung erkannt werden.
Ein einfaches, farbiges Oval reicht dafür nach Auffassung der Gerichte nicht aus. Auch die jahrzehntelange Benutzung reichte im Fall Chiquita nicht: Die Marke wurde als zu simpel und allgemein eingestuft, um exklusiv geschützt zu bleiben.
Strategische Markenanmeldung – mit System
Der Fall zeigt: Formale Eintragung allein garantiert noch keinen dauerhaften Schutz. Wer eine starke, widerstandsfähige Marke aufbauen will, sollte strategisch vorgehen:
🔹 1. Markenbestandteile gezielt schützen
Chiquita hatte alle Elemente ihres Logos separat schützen lassen – Schriftzug, Figur, Hintergrund. Das ist kostenintensiv, bietet aber im Ernstfall größere rechtliche Spielräume. Diese Strategie kann sich besonders für größere Unternehmen lohnen, die regelmäßig Marken verteidigen müssen.
🔹 2. Marken frühzeitig gestalten – mit Unterscheidungskraft
Allgemeine Formen, Farben oder Begriffe (wie „Bananenladen“) gelten oft als nicht unterscheidungskräftig und sind damit nicht schutzfähig. Wer von Anfang an kreativ denkt und eigene visuelle und sprachliche Identität schafft, hat bessere Chancen auf nachhaltigen Schutz.
🔹 3. Zielgerichtete Auswahl der Waren- und Dienstleistungsklassen
Bei der Anmeldung muss genau angegeben werden, für welche Produkte oder Leistungen die Marke Schutz beanspruchen soll. Tipp: Nur realistisch geplante Produktbereiche angeben, um die Gefahr späterer Löschungen wegen Nichtbenutzung zu vermeiden.
Eintragung ist nicht gleich „alles sicher“
Ein besonders wichtiger Punkt aus der Entscheidung: Auch eine langjährig eingetragene Marke kann im Nachhinein für nichtig erklärt werden.
Der Grund: In der EU kann jeder Dritte jederzeit die Nichtigkeit einer Marke beantragen, z. B. wegen mangelnder Unterscheidungskraft.
Wer also glaubt, mit einer zehn Jahre alten Marke sei alles erledigt, irrt. Die Anforderungen bleiben bestehen – und können bei Streitigkeiten wieder relevant werden.
Regionale Nachweise – EU-weiter Schutz?
Chiquita versuchte den Markenschutz zu retten, indem sie Benutzung und Bekanntheit in vier EU-Ländern (u. a. Deutschland und Italien) nachwies. Doch das reichte dem Gericht nicht:
Bei einer Unionsmarke muss sich die durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft auf die gesamte EU beziehen – nicht nur auf einzelne Mitgliedstaaten.
Eine wichtige Lehre: Wer nur in ausgewählten Ländern tätig ist, sollte über nationale Marken statt einer Unionsmarke nachdenken.
Was bedeutet das für andere Unternehmen?
Auch wenn Chiquita nach wie vor seine Marke nutzen darf, ist der rechtliche Schutz für das einfache Symbol nun weg– und damit die Möglichkeit, sich gegen Nachahmer zu wehren.
❗ Die Konsequenz:
Andere Unternehmen dürfen ähnliche Zeichen theoretisch für frische Früchte nutzen – auch wenn praktisch sicher mit Gegenwehr gerechnet werden muss, z. B. über das Wettbewerbsrecht (UWG).
Praxis-Tipps für Kreative & Unternehmen
- Frühzeitig Markenstrategie entwickeln: Noch vor dem Launch prüfen, ob das gewünschte Zeichen unterscheidungskräftig und frei von Konflikten ist.
- Recherche betreiben: Was ist schon geschützt? Gibt es ähnliche Logos oder Namen?
- Kreativ sein: Je individueller und spezifischer das Zeichen, desto besser die Chancen auf Schutz.
- Realistisch bleiben bei der Klassenauswahl: Nur das eintragen, was auch wirklich genutzt wird – oder bald genutzt werden soll.
- Schutz überwachen und nutzen: Wer eine Marke hat, muss sie aktiv nutzen – und notfalls auch verteidigen.
Fazit
Marken sind mehr als ein Logo – sie sind strategische Wirtschaftsgüter. Der Fall Chiquita zeigt eindrucksvoll, wie schnell ein vermeintlich sicherer Schutz ins Wanken geraten kann. Wer frühzeitig auf Klarheit, Kreativität und saubere Anmeldung achtet, kann sich viel Ärger und Kosten ersparen.
Artikel teilen: