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Maximal 3x IVF - offene Fragen bei Leistungsbeschränkungen der GKV für künstliche Befruchtung

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Das Problem

In der aktuell geltenden Fassung sieht § 27a SGB V vor, dass die Kassenleistung auf 3 IVF-Behandlungszyklen beschränkt ist (Kostenanteil daraus nur 50 %). Doch diverse Fragen zur Zählweise (z. B. selbst bezahlte Behandlung, Auslandsbehandlung, 2. Kind) sind derzeit offen bzw. in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch unbeantwortet.

Zur Rechtshistorie

Seit dem 01.01.2004 ist Deutschland die Kinderwunschbehandlung weniger wert als früher. Der Leistungsumfang der GKV (gesetzliche Krankenversicherung) für die Behandlung von Ehepaaren, bei denen 1 Partner oder beide an einer fertilitätsrelevanten Beeinträchtigung erkrankt sind und daher eine künstliche Befruchtung (IVF) medizinisch notwendig ist, wurde aus Gründen der Kosteneinsparung ganz erheblich reduziert.

Ab dem 01.01.2004 verordnete der Gesetzgeber aus Gründen der Kostendämpfung in der GKV:

  • maximal 3 IVF-Behandlungszyklen
  • Kostenbeteiligung der GKV nur 50 %
  • strikte Höchstaltersgrenzen (Frau 40 Jahre).

Zuvor galt: 4 IVF-Behandlungszyklen zu 100 % und eine weibliche Höchstaltersgrenze von 45 Jahren; war die Frau zwischen 40 – 45 Jahre alt, konnte im Einzelfall dargelegt werden, dass die IVF-Behandlung im konkreten Fall trotz des fortgeschrittenen weiblichen Alters noch medizinische Erfolgsaussichten hat.

Einschlägige Rechtsnorm ist § 27a SGB V. Diese Vorschrift wurde zum 01.01.2004 zum Nachteil der betroffenen Kassenpatienten geändert.

Das BSG (Bundessozialgericht) und das BVerfG (Bundesverfassungsgericht) haben diese rigorose Gesetzesänderung zum Zweck der Kosteneinsparung abgesegnet mit der bemerkenswerten – aber medizinisch völlig falschen – Begründung, die Behandlung einer Sterilitätskrankheit sei keine Heilbehandlung im eigentlichen Sinne und ein Fertilitätsleiden gehöre in den „Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen ... Beeinträchtigungen ..., deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der GKV nicht von vornherein veranlasst ist“ (BSG, Urteil vom 25.6.2009, Az.: B 3 KR 9/08 R).

BSG: Sterilitätserkrankung ist nebensächlich!

Die völlig falsche Bewertung einer Fertilitätskrankheit als nebensächlich lässt dann aus Sicht des BSG die weitere Folgerung zu, dass der Gesetzgeber bei der Leistungsgewährung eine sehr weitgehende Gestaltungsfreiheit besitze, auch was die grundsätzlichen Voraussetzungen und den Umfang von Leistungsansprüchen der Patienten anlange. Mit anderen Worten: Eine Sterilitätskrankheit, wie z. B. das Fehlen von Eileitern nach einer Krebserkrankung, ist aus der Sicht des BSG eine Krankheit 3. Klasse und für die GKV eine nebensächliche Randerscheinung! Krankhafte Fertilitätsbeeinträchtigungen werden vom BSG damit als mehr oder weniger belanglos abgestempelt. Die betroffenen kranken Patienten werden ihr Sterilitätsleiden sicherlich ganz anders beurteilen!

Leider zementiert das BSG damit auch die 2-Klassen-Gesellschaft im Gesundheitswesen. Während in der PKV (private Krankenversicherung) krankheitsbedingte Sterilität anerkanntermaßen den Versicherungsfall begründet, wird sie für den Bereich der GKV vom BSG zur Nebensache gemacht. Das hat zur Folge, dass das BSG dem Gesetzgeber weitgehend freie Hand bei der Ausgestaltung und so auch bei der Beschneidung des Leistungsrechts für IVF einräumt.

Maximal 3x IVF in der GKV – offene Fragen

Das BSG hat im Urteil vom 25.06.2009 entschieden, dass die gesetzliche Beschränkung der Kassenleistung auf höchstens 3x IVF zu 50 % zulässig und wirksam ist, § 27a SGB V (Fassung ab 01.01.2004). Jedoch ließ das BSG zur Zählweise diverse Fragen offen, da sie in dem dortigen Fall keine Rolle spielten.

Ungeklärt blieb:

  • Zählt eine selbst finanzierte (erfolglose) IVF-Behandlung mit oder nicht?
  • Zählt eine Behandlung im Ausland in einem Kinderwunsch-Zentrum, das keine Zulassung aus deutscher Sicht hat, mit, wenn die Kasse für die dortige Behandlung auch keine Leistungen erbracht hat?
  • 2. oder weiteres Kind – „Neustart“ in der Zählweise oder keine Leistung, wenn das 1. Kind z. B. erst aus dem 4. Behandlungszyklus hervorging? 

Rechtsanwälte Modl & Coll.

Rechtsanwalt Hans Modl

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