Medizinprodukterecht: Prozessschlappe für Brustimplantatshersteller Allergan vor dem Amtsgericht Wiesbaden

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Amtsgericht Wiesbaden vom 15.12.2022
Medizinprodukterecht - Personenschadenrecht:
Prozessschlappe für Brustimplantatshersteller Allergan nach Anerkenntnis, AG Wiesbaden, Az.: 92 C 1895/22

Chronologie:

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Ersatz von immateriellen und materiellen Schäden in Bezug auf fehlerhafter Brustimplantate in Anspruch. Hintergrund hierzu war eine Recall-Aktion des Herstellers Allergan:

Im Jahre 2019 rief der Medizinproduktehersteller Allergan mit Sitz in Marlow, Großbritannien, weltweit seine BIOCELL-Brustimplantate zurück. Die sogenannten rauen oder strukturierten Allergan-Implantate stehen im Verdacht, das Wachstum von ALCL (anaplastisches großzelliges Lymphom) zu begünstigen. Auch das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wies damals auf Gefahren dieser Implantate hin.

Zu den rückgerufenen Implantaten zählen prinzipiell alle Allergan-Implantate mit einer rauen Oberfläche, insbesondere sind allerdings folgende Modelle betroffen:

  • Natrelle Kochsalz gefüllte Implantate
  • Natrelle Silikon gefüllte Implantate
  • Natrelle Inspira Silikon gefüllte Implantate
  • BRST Brustimplantate
  • Gewebeexpander 133Plus
  • McGhan
  • CUI

Betroffene haben die Möglichkeit, gegen Allergan Schadenersatzansprüche und Schmerzensgeld geltend zu machen. Höchstrichterliche Rechtsprechungen existieren zwar noch nicht, aber die ersten Gerichtsverfahren sind bereits auf den Weg gebracht, oder kurz vor der Einbringung bei den zuständigen Gerichten. So steht aktuell vor dem Landgericht Krefeld nach der positiven Konstatierung der vom Gericht bestellten fachmedizinischen Gutachtern in Kürze ein Prozesserfolg für die Betroffene zu erwarten. Die möglichen Schadensummen variieren, je nach Schädigung:

Am geringsten fallen diejenigen Ansprüche aus, in denen Betroffene lediglich aufgrund der Karzinomgefahr nun eine Explantation der Implantate vornehmen lassen wollen. Hierbei handelt es sich oftmals um reine Vorsorgemaßnahmen, die dennoch auch psychische Belastungen mit sich bringen. Die zweite Gruppe umfasst diejenigen Fälle, in denen bereits ein körperlicher Gesundheitsschaden durch schadhafte Implantate eingetreten ist, wie etwa eine Kapselfibrose. Die höchsten Ansprüche sind in den Fällen zu erzielen, in denen es zu einer Karzinomerkrankung gekommen ist, die nachweislich auf den eingesetzten Implantaten beruht.

In der vorgenannten Sache hatte sich die Beklagte vorgerichtlich dazu bereit erklärt, eine pauschale Entschädigungssumme zu leisten. Die Zahlung unterließ sie jedoch, so dass gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden musste.


Verfahren:

Nach Klagezustellung erkannte die Beklagte die Klageforderung an, woraufhin das Gericht die Beklagte zur Zahlung der Klageforderung, nebst Zinsen verurteilte. Im Übrigen wurden die Kosten des Rechtsstreites der Beklagten auferlegt.


Anmerkungen von Ciper & Coll.:

Es sind gegenwärtig zahlreiche Gerichtsverfahren gegen den Brustimplantatshersteller in denjenigen Fällen anhängig, in denen er nicht zu einer vorgerichtlichen Regulierung bereit war. Rechtskräftige Entscheidungen dürften noch nicht bestehen, stehen aber in Kürze zu erwarten. Betroffenen wird angeraten, sich qualifizierter anwaltlicher Hilfe zu bedienen, um zu eruieren, ob und wenn ja, welche möglichen Ansprüche durchgesetzt werden können, so Dr. DC Ciper LLM, der rund einhundert Betroffene vertritt.



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