Merkantiler Minderwert als ersatzfähiger Schaden nach Verkehrsunfall
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Wer in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, hat das Recht darauf, seinen Schaden erstattet zu bekommen. Neben den Reparaturkosten kann sich der Geschädigte auch die Wertminderung ersetzen lassen. Hier ist zunächst die technische von der merkantilen Wertminderung zu unterscheiden. Bei der technischen Wertminderung lässt sich ein gleichwertiger, technischer Zustand wie vor dem Unfall nicht wiederherstellen.
Der merkantile Minderwert dagegen beruht auf der nach der Verkehrsanschauung begründeten Erfahrung, dass auch reparierte Unfallwagen im Falle ihres späteren Verkaufs oder anderweitigen Bewertung bzw. Verwertung geringer eingeschätzt werden als gleichwertige Fahrzeuge ohne Vorschäden. Insbesondere beim Verkauf ist der Unfallschaden offenbarungspflichtig. Im Vergleich zu einem Fahrzeug, das bisher unfallfrei war, ist ein Mindererlös zu erwarten. Auch wenn es ordnungsgemäß repariert wurde, hat es den Makel eines Unfallwagens.
Die merkantile Wertminderung kann nicht erst verlangt werden, wenn sich der verminderte Handelswert durch den Verkauf realisiert hat. Vielmehr stellt die Minderung des Verkaufswertes auch dann einen Vermögensschaden dar, wenn der Geschädigte das reparierte Fahrzeug selbst weiternutzt.
Eine verbindliche Methode zur Berechnung der Wertminderung gibt es nicht. In der Praxis wird üblicherweise die Methode von Ruhkopf/Sahm herangezogen. Hierbei wird der merkantile Minderwert aus einem gestaffelten Prozentsatz aus der Summe der Wiederbeschaffungskosten für das unbeschädigte Fahrzeug einerseits und der Reparaturkosten andererseits ermittelt. So kann bei einem Fahrzeug im ersten Zulassungsjahr, einem Wiederbeschaffungswert von 30.000,00 € und Reparaturkosten von 3.000,00 € eine merkantile Wertminderung von 1650,00 € durchaus vorliegen.
Nach verbreiteter Ansicht soll bei älteren Fahrzeugen oder Fahrzeugen mit einer hohen Laufleistung eine Wertminderung ausgeschlossen sein. Die Versicherungen lehnen in der Regel den Ersatz bei Fahrzeugen ab einem Alter von fünf Jahren oder ab einer Laufleistung von über 100.000 km ab. In der Rechtsprechung gelten jedoch keine starren Grenzen. Es kommt immer auf den Einzelfall an, so kann beispielsweise bei Oldtimern das Fahrzeugalter nicht der entscheidende Faktor sein. Auch bei Lastkraftwagen kann der Anspruch auf Ersatz einer merkantilen Wertminderung trotz einer Laufleistung von über 100.000 km begründet sein, da solche Fahrzeuge durchaus eine Laufleistung von über 300.000 km erreichen können.
Auch bei sogenannten Bagatellschäden verneinen die Versicherungen zum Teil den Ersatz einer Wertminderung, mit der Begründung, dass bei reinen Blechschäden keine verborgenen Mängel vorliegen können. Auch dieser Einwand überzeugt nicht, denn ein potentieller Käufer würde für ein solches Fahrzeug kaum denselben Preis bezahlen wie für ein vergleichbares unfallfreies Fahrzeug.
Deshalb ist es wichtig, alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen wie Alter, Laufleistung, Art des Schadens, aber auch die Reparatur, eventuelle Wertverbesserungen sowie die Marktgängigkeit des Fahrzeugs auf dem Gebrauchtwagenmarkt.
Rechtsanwältin Helena Meißner, Kanzlei Wohlfeil, Gießen
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