Neues zur EU-Erbrechtsverordnung

  • 1 Minuten Lesezeit

Obwohl bereits einige Jahre in der Anwendung, ist vielen Beratern, aber vor allem rechtlichen Laien die Wirkweise der in Deutschland und weiten Teilen Europas umgesetzten EU-Erbrechtsverordnung unbekannt. Im Kern regelt diese Verordnung das materielle Erbrecht und verfahrensrechtliche Fragen bei grenzüberschreitenden Erbfällen, also bei einer ausländischen Staatsangehörigkeit, einem gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnsitz im Ausland oder Auslandsvermögen (Beispiel 1: die Immobilie in Österreich, Beispiel 2: das Bankkonto in der Schweiz, Beispiel 3: die Gesellschaftsbeteiligung in Frankreich). Eine aktuelle Fragestellungen aus der Rechtsprechung stelle ich Ihnen vor.

1. letzter gewöhnlicher Aufenthalt

Der letzte gewöhnliche Aufenthalt bestimmt, welches materielle Erbrecht angewendet wird. Das Element ist schwächer als der Wohnsitzbegriff. Die Rechtsprechung sagt, dass für einen solchen Aufenthalt auch ein Aufenthalts- und Bleibewille als subjektive Komponente erforderlich ist. Dieser Wille fehlt beispielsweise bei einem Geschäftsunfähigen, der in ein ausländisches Pflegeheim gebracht wird und dort stirbt (Beispiel OLG München in NJW-RR 2023, 583).

2. Nachlassvermögen in Deutschland

Deutsche Gerichte sind sogar dann zuständig, wenn der Erblasser zwar seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte, aber sich eine Nachlassimmobilie in Deutschland befindet. Es drohen dann parallele Verfahren im Ausland und in Deutschland und ein Zuständigkeitsstreit (Beispiel OLG Karlsruhe in ZEV 2024, 534).

3. Pflichtteilsanspruch

Eine drastische Auswirkung kann der Erbrechtskonflikt zwischen Deutschland und England sein, da das dortige Recht keinen Pflichtteilsanspruch kennt. Dies kann dazu führen, dass die deutsche Rechtsordnung eine Testamentsregelung hin zu englischem Recht nicht akzeptiert (Beispiel BGH in NJW 2022, 2547).

4. Ausschlagung

Eine Ausschlagung vor einem Gericht, das für den gewöhnlichen Aufenthalt des Ausschlagenden zuständig ist, kann auch für Erbfälle wirksam sein, das nach anderem Erbrecht abgehandelt wird (Beispiel BGH in ZEV 2022, 521).




Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Böh

Beiträge zum Thema