No more Bullshit

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Eine frühere GNTM-Gewinnerin hat kürzlich auf einem ihrer Social Media Kanäle verkündet, dass sie künftig keine Dinge mehr tun möchte, die ihr nichts bedeuten. No more Bullshit, wie sie sich ausgedrückt hat.


Was genau sie damit gemeint hat, weiß ich nicht, und es spielt hier auch keine Rolle. Vielleicht will sie nicht mehr bei dummen Werbekampagnen mitmachen, vielleicht nicht mehr in stupiden Fernsehshows auftreten oder tagein tagaus irgendeinen belanglosen Mist auf Insta oder TikTok posten. Egal.


Mich als Anwalt interessiert vielmehr: Was würde dieses No more Bullshit eigentlich für uns als Anwälte bedeuten?


- Keine Beratung und Mitwirkung mehr bei Steuertricksereien im Sinne von cum ex?


- Keine Vertretung von Rasern, deren Geschwindigkeitsüberschreitung auf dem Blitzer-Video eindeutig dokumentiert ist?


- Keine Kündigungsschutzklagen mehr gegen klar rechtmäßige Kündigungen in der Erwartung, dass man dem Arbeitgeber im Gütetermin schon irgendeine Art von Abfindung „abnötigen“ kann?


- Keine Unterstützung des mehrfachen Wohnungseigentümers bei der Vorbereitung einer Kündigung wegen Eigenbedarf, um die Wohnung des alten Mieters danach deutlich teurer an einen neuen Mieter weitervermieten zu können?


Aber halt, höre ich den ein oder anderen Kollegen sagen, das sind doch alles Graubereiche, in denen der Mandant anwaltliche Hilfe braucht. 


Aber sind das wirklich „Graubereiche“? Sind  das wirklich legitime Mandate, oder nicht vielleicht doch eher das, was man, wenn man ehrlich ist, als Bullshit bezeichnen muss?


Anders formuliert: Muss man vielleicht sogar sagen, Bullshit is our Business?


Und wenn es so ist, wenn so viele Anwälte Fälle übernehmen, die man eigentlich nicht übernehmen sollte, woran liegt das? Liegt es vielleicht daran, dass es einfach zu viele Anwälte für zu wenige relevante Fälle gibt? Zu viele, zumal jüngere Anwälte, die dann auf irgendwelchen Internetportalen, mit teuren Google Adwords-Kampagnen und/oder kostenlosen Erstberatungsangeboten um Mandanten buhlen? Bedauernswerte Kollegen, die mitunter sogar auf „fake“ Mandantsanfragen hereinfallen und Oper von Internetbetrügern werden? …


Der Zugang zum Anwaltsberuf ist nicht quantitativ beschränkt. Während die Justiz jedes Jahr nur eine bestimmte Zahl von Richtern und Staatsanwälten einstellt, gibt es für die Anzahl der neu zugelassenen Anwälte keine zahlenmäßige Begrenzung. Notarstellen, zumindest in Bayern, sind zahlenmäßig eng begrenzt. Und auch als Kassenarzt kann man sich, wenn ich das richtig sehe, nicht überall niederlassen, wo man möchte, sondern dafür gibt es ein Zulassungsverfahren, welches bestimmten Ärzten bestimmte Bezirke vorbehält. Damit die dann eben dort auch ihr Auskommen haben und ihren Patienten keine unsinnigen Behandlungen „aufschwatzen“, um selber finanziell über die Runden zu kommen.


Anwälte dagegen gibt es wie Sand am Meer, und die schaffen sich dann eben ihre Arbeit, teilweise notgedrungen dadurch, dass sie Fälle übernehmen und/oder gerichtliche Auseinandersetzungen „produzieren“, die es eigentlich nicht geben sollte. Bullshit eben.


Ich würde mir wünschen, dass mehr von uns Anwälten der Maxime folgen würden: No more Bullshit!



Dr. Wolfgang Gottwald

Rechtsanwalt


Foto(s): wogo

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