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Nutzungsersatz - Geschädigter muss die eigene Kaskoversicherung nicht in Anspruch nehmen

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Der BGH hat in seinem Urteil vom 17.11.2020, Az. VI ZR 569/19, entschieden, dass ein Geschädigter eines Verkehrsunfalls nicht dazu verpflichtet ist, den eigenen Kaskoversicherer auf Regulierung des Unfallschadens in Anspruch zu nehmen, um dadurch die Zeit des Nutzungsausfalls und hiermit die Höhe des Schadensersatzes des Schädigers möglich gering zu zahlen.

Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: 

Das vollkaskoversicherte Fahrzeug der Klägerin wurde bei einem Unfall beschädigte. Die Haftung zwischen den Parteien war unstreitig. Einige Tage später meldete der Rechtsanwalt der Klägerin bei der Beklagten Ansprüche an und wie diese darauf hin, dass die finanziellen Verhältnisse der Klägerin eine Vorfinanzierung der Reparatur nicht ermöglichen. Die Klägerin informierte auch ihren Vollkaskoversicherer über den Unfall.

Einige Tage später erteilte die Klägerin den Reparaturauftrag, der 9 Tage später abgeschlossen wurde. Die Beklagte zahlte außergerichtlich Nutzungsausfall für 10 Tage Reparaturdauer, zwei zusätzliche Tage für die Beauftrag und Erstellung des Gutachtens und drei weitere Tage für die Überlegungsfrist, mithin also für 15 Tage. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage jedoch für die gesamte Zeitspanne vom Unfallbeginn bis zum Abschluss der Reparatur und somit für 27 Tage.

Das zuständige Amts- sowie Landgericht wiesen die Klage ab. Das Landgericht ließ jedoch die Revision zum BGH zu.

Urteilsgründe des BGH: 

Der BGH sieht keine Schadensminderungspflicht des Unfallgeschädigten in der Art, dass er seine eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen müsste. Der BHG vertritt die Auffassung, dass man aus § 254 Abs. 2 BGB nicht herleiten könne, dass ein Schaden vom Geschädigten vorfinanziert werden müsse. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall:

Der Geschädigte ist gerade nicht verpflichtet, den Kaskoversicherer in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung des § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB ist nämlich, dass der Geschädigte schuldhaft unterlassen habe, einen Schaden abzuwenden oder zu mindern. Das „schuldhafte“ Unterlassen muss jedoch an den Grundsätzen von Treu und Glauben gemessen werden. Dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls kann solches jedoch nicht zugemutet werden, da der Geschädigte dann u.a. mit einem etwaigen Rückstufungsschaden zu rechnen habe. Dem stehen auch die AKB der Kaskoversicherung nicht entgegen, welche die Klausel enthalten, dass ein solcher Rückstufungsschaden entfalle, wenn die gegnerische Versicherung den Schaden ersetzt.

Ferner sei zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht die Einstandspflicht des Schädigers bzw. dessen Versicherung geprüft worden, weshalb es zu einer Vermehrung des Schadens kommen könnte, da es immer zu einer frühzeitigen Inanspruchnahme der Kaskoversicherung kommen würde und somit der Rückstufungsschaden ausgelöst werden würde.

Der BGH hat das Urteil deshalb aufgehoben und die Sache zur Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da das Berufungsgericht betreffend die weiteren Voraussetzungen des Nutzungsausfallschadens keine weiteren Feststellungen getroffen hatte und somit keine Entscheidungsreife vorlag.

Diese Entscheidung ist letztlich zu begrüßen, da die Gerichte in der Vergangenheit oftmals unterschiedlich betreffend diese Frage vorgegangen sind. Diese klare Aussage des BGH dürfte nunmehr Einheitlichkeit in die Rechtsprechung bringen.



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