OLG Nürnberg zur Entziehung der elterlichen Sorge bei körperlicher Züchtigung

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Der zuständige Familiensenat des Oberlandesgerichts Nürnberg hat mit zwei aktuellen Entscheidungen aus Mai beziehungsweise Juni 2015 (Beschluss vom 27. Mai 2015 – Aktenzeichen 9 UF 1549/14 sowie Beschluss vom 11. Juni 2015 – Aktenzeichen 9 UF 1430/14) den jeweiligen Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder teilweise entzogen, da durch die festgestellten Züchtigungen der Kinder mit der Rute aus religiösen Gründen (die Eltern waren Mitglieder der Glaubensgemeinschaft der Zwölf Stämme) das Kindeswohl gefährdet sei.

Weil die Züchtigung mit der Rute nach den Vorstellungen der Eltern sowie der Glaubensgemeinschaft unabdingbar zur Kindesentziehung gehören, stand für den entscheidenden Familiensenat fest, dass die Eltern ihre Kinder auch zukünftig körperlich züchtigen würden.

Aus § 1631 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) resultiere jedoch ein Recht eines jeden Kindes auf eine uneingeschränkte gewaltfreie Erziehung, welches körperliche Bestrafungen als unzulässige Erziehungsmethode erscheinen lasse.

Nach Auffassung des Senats reiche es insoweit für den teilweisen Entzug des Sorgerechts, insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts aus, wenn weitere körperliche Züchtigungshandlungen in der Zukunft zu erwarten seien, was das Gericht in den vorliegenden Fällen bejahte. Auf physische Verletzungen oder das Ausmaß psychischer Spätfolgen komme es daher nicht an.

Der Senat hat damit dem Schutz der Kinder ein größeres Gewicht beigemessen als den Folgen des staatlichen Eingriffs in das Elternrecht durch die Trennung von Eltern und ihren leiblichen Kindern, zumal der wirkungsvolle Schutz der Kinder etwa durch eine mildere Maßnahme nicht zu erreichen sei.


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