OVG Schleswig: KBA und VW müssen Einsicht in Unterlagen zum Abgasskandal gewähren

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Schluss mit der Geheimniskrämerei im Abgasskandal: Nur zu gerne verstecken sich VW und andere Autohersteller hinter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, wenn sie Angaben zu den Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen machen sollen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mauert ebenfalls und rückt keine Informationen heraus. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig spielt dabei jedoch nicht mit. 

Mit Beschluss vom 27. April 2020 hat das OVG entschieden, dass das Kraftfahrt-Bundesamt einem Journalisten-Team Einsicht in die Unterlagen zum Software-Update beim Motor des Typs EA 189 geben muss (Az.: 4 LA 251/19). Bei diesem Motor hatte VW bekanntlich die Abgaswerte manipuliert, so dass nach Rückruf durch das KBA ein Update auf die betroffenen Fahrzeuge der Marken VW, Audi, Seat und Skoda aufgespielt werden musste. 

Ein Team des ZDF hatte Einsicht in die Unterlagen zum Software-Update beim KBA verlangt. Die Behörde müsse diese Einsicht gewähren, entschied das OVG und bestätigte damit das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts. Dieses hatte entschieden, dass die Journalisten des ZDF Einsicht in die Unterlagen zum Software-Update beim VW Amarok, Audi A4, A5 und Q5 sowie Seat Exeo nehmen dürfen. Insbesondere auch in die Unterlagen aus denen hervorgeht, was die Behörden bei der Bewertung des Software-Updates als illegale Abschalteinrichtung versteht und unter welchen Voraussetzungen diese als entfernt gilt. 

Sowohl KBA als auch VW hatten sich gegen das Urteil gewährt und müssen nun nach der Entscheidung des OVG Einsicht gewähren. Das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiege den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, hatte das VG Schleswig in seinem Urteil bereits klargestellt. Die Schutzwürdigkeit sei angesichts von rund 2,5 Millionen alleine in Deutschland vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen ohnehin fragwürdig. 

„Die Offenlegung der Unterlagen kann durchaus brisant sein. Immerhin gibt es Vermutungen, dass die Fahrzeuge auch nach dem Software-Update eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters bei der Abgasreinigung enthalten“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel. 

Die Entscheidung hat aber auch über den ursprünglichen Abgasskandal hinausgehende Wirkung. Auch bei den größeren 3 Liter V6 TDI-Motoren, die bei Audi, Porsche und VW verwendet werden, gibt es den Verdacht unzulässiger Abschalteinrichtungen. Gleiches gilt für Dieselfahrzeuge des VW-Konzerns mit bis zu 2 Litern Hubraum, indem der Nachfolgemotor des EA 189, der EA 288 verbaut ist.

 Zudem sind auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller wie Daimler unzulässige Abschalteinrichtungen im Einsatz. „Auch hier können sich die Autohersteller nicht mehr hinter Betriebsgeheimnissen verstecken, sondern müssen die Karten bei den Abschalteinrichtungen auf den Tisch legen. Das haben inzwischen schon mehrere Gerichte entschieden, zuletzt auch das OLG Köln bei einem VW Touareg (Az.: 3 U 55/19). 

„Nachdem die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston Ende April erklärt hat, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie im Straßenverkehr zu einem erhöhten Emissionsaustausch führen und Ausnahmen nur in sehr engen Grenzen zulässig sind, dürften die Autohersteller es schwer haben, die Zulässigkeit ihrer Abschalteinrichtungen zu erklären. Die Chancen, Schadensersatzansprüche gegen VW, Daimler & Co durchzusetzen, sind weiter gestiegen“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal. 

Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/



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