Patentverletzung durch Handlungen im Ausland

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Ein Patent gilt immer nur in dem Land in dem es erteilt ist. Dieser Territorialgrundsatz verursacht heutzutage in einer Wirtschaft mit sehr starkem zwischenstaatlichem Warenverkehr häufig komplizierte Fallgestaltungen. Dies gilt insbesondere, wenn das Patent nur in einzelnen Ländern des europäischen Binnenmarkts gilt.

Unstrittig ist, dass der direkte Import von patentverletzenden Waren in das Land des Patentschutzes eine Patentverletzung darstellt. Komplizierter wird es, wenn die patentverletzende Ware über ebenfalls im Ausland angesiedelte Zwischenhändler importiert wird. Auch dann gilt, dass es eine Patentverletzung darstellt, wenn der Produzent im Ausland positive Kenntnis über einen möglichen Verkauf oder Import hat.

Strittig sind die Fälle, in denen der Lieferant die Waren im Ausland an Dritte verkauft und diese Dritte die Ware dann – ohne Kenntnis des Lieferanten – patentverletzend anbieten, importieren oder ähnliches.

In dem Urteil X ZR 120/15 „Abdichtsystem“ hat der Bundesgerichtshof nun Kriterien aufgestellt, welche bei dieser Konstellation heranzuziehen sind. In dem Fall hatte ein in Italien ansässiger Lieferant Abnehmer in Italien mit Reparaturkits für Autoreifen beliefert. Diese haben die Reparaturkits nach Deutschland geliefert, ohne dass der Lieferant davon wusste. Der Patentinhaber hat den Lieferanten auf Verletzung seines in Deutschland gültigen Patents verklagt.

Der Bundesgerichtshof hat nun festgestellt, dass ein Lieferant nicht ohne Weiteres verpflichtet ist, die weitere Verwendung der gelieferten Ware durch den Abnehmer zu überprüfen und zu überwachen. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage. Allerdings ist der Lieferant zu einer Überprüfung verpflichtet, wenn für ihn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die darauf hindeuten, dass seine Abnehmer die gelieferte Ware patentverletzend anbieten oder liefern.

Solche Anhaltspunkte können sein:

  • Der Lieferant hat Kenntnis von einer bevorstehenden oder erfolgten Weiterlieferung.
  • Die abgenommene Menge ist so groß, dass sie schwerlich nur auf schutzrechtsfreien Märkten vertrieben werden kann. So gab es im vorliegenden Fall eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Anzahl vom Lieferanten selbst nach Deutschland gelieferten Gegenständen und der Anzahl vom Lieferanten hergestellte und (über Dritte) nach Deutschland gelangten Gegenständen.
  • Das Abnahmeverhalten korreliert auffällig mit einer wahrnehmbaren und potenziell schutzrechtsverletzenden Tätigkeit des Abnehmers.

Die bloße Tätigkeit des Abnehmers auf dem patentgeschützten Markt ist nicht ausreichend. Auch der Verkauf an Dritte im Ausland mit einer deutschen Bedienungsanleitung wird als nicht ausreichend angesehen, wobei es dabei immer auf den Einzelfall ankommen kann. Da die Parteien noch nicht zu allen Punkten vortragen konnten, wurde der Fall an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Schlussfolgerungen

Importe über Dritte sind eine häufig anzutreffende Konstellation. Häufig ist es dabei schwierig, dem Produzenten konkrete Kenntnis über patentverletzende Handlungen seiner Abnehmer nachzuweisen. In diesem Urteil werden nun erstmals Richtlinien angegeben, welche es ermöglichen, Ansatzpunkte zum Belangen des Lieferanten und seine Abnehmer zu finden. Allerdings hat der BGH klargestellt, dass ohne Weiteres kein umfassender Unterlassungsanspruch gegen den Lieferanten besteht, da nicht alle Verkäufe im Ausland eine Patentverletzung darstellen. Allerdings besteht Anspruch auf Rechnungslegung auf alle Lieferung an einen Abnehmer, wenn dieser zumindest eine Verletzungshandlung begangen hat.

Gleichzeitig gibt das Urteil auch im Ausland ansässigen Lieferanten Auskunft über den Umfang ihrer Prüfungspflichten, wenn potenziell patentverletzende Produkte im Ausland weiterverkauft werden.

Für weitere Fragen zu Patenten, Marken, Designs und Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes steht die Kanzlei Patentanwälte Gierlich & Pischitzis Partnerschaft mbB gerne zu Ihrer Verfügung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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