Pflegegrad für Kinder mit Diabetes

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Oft wird seitens der Pflegekasse und des Medizinischen Dienstes der Hilfebedarf bei Kindern mit Diabetes erheblich unterschätzt und ein Pflegegrad trotz massivem Unterstützungsbedarf nicht anerkannt. Im Folgenden führe ich aus, wo in der Praxis die Probleme liegen und wie am besten gegenüber Behörde und Medizinischem Dienst (MD) argumentiert werden sollte.


Der Umgang mit einer Diabeteserkrankung stellt Kinder und ihre Eltern vor erhebliche Herausforderungen. Die Kinder haben in der Regel einen erhöhten Hilfebedarf gegenüber gleichaltrigen, gesunden Kindern. Eltern müssen in unterschiedlichen Bereichen massiv unterstützen, sei es im Bereich der eigentlichen Therapie mit Messungen und Insulingaben oder im Bereich Essen und Trinken. Auch führen Diabeteserkrankungen bei Kindern oftmals zu Problemen in anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Schule oder im Sozialbereich. Eltern müssen die Kinder zu einer Vielzahl von Arzt- und Therapeutenbesuch begleiten. All diese Bedarfe sind bei der Feststellung eines Pflegegrades zu berücksichtigen.


Keine Berücksichtigung durch Medizinischen Dienst

Leider musste in der Praxis zuletzt vermehrt festgestellt werden, dass unterschiedliche Bedarfe bei Kindern mit Diabeteserkrankung seitens des Medizinischen Dienstes nicht mehr berücksichtigt werden und dies teils mit fadenscheinigen Begründungen.


So wird bei Kindern ab einem bestimmten Alter oftmals angenommen, die Erfordernisse einer Insulintherapie und die Deutung von Messergebnissen würden doch gut verstanden und es bestehe insofern kein oder allenfalls ein sehr geringer Hilfe- oder Unterstützungsbedarf durch Eltern oder sonstige Bezugspersonen.


Worauf kommt es an

Legen Sie unbedingt eine ärztliche Bescheinigung des behandelnden Diabetologen zum Fremdhilfebedarf im Zusammenhang mit der Insulintherapie dar. Inwieweit benötigt Ihr Kind Anleitung beim Essen und Trinken? Kann Ihr Kind schon selbständig abschätzen, was und wieviel es essen und trinken darf? Falls nicht, lassen Sie sich dies bescheinigen.


Das Sozialgericht Duisburg hat dazu unlängst am 24.5.22 (S 38 P 268/20) entschieden, dass für den Fall, dass ein Kind nicht über die erforderliche Einsichtsfähigkeit oder das Hintergrundwissen bezüglich der Ernährungsvorgaben für Diabetes mellitus eins Erkrankte verfügt und demnach ein bloßes Bereitstellen der Mahlzeiten nicht ausreichend ist, sondern darüber hinaus mehrfach ein (tägliches) Eingreifen der Eltern erforderlich ist, dieser Bedarf im Rahmen der Selbstversorgung zu berücksichtigen ist.


Insulinpumpe

Auch bei einer Insulinpunmpe wird oftmals fälschlicherweise vom MD angenommen, es bestehe kein Hilfebedarf mehr. Gerade der besondere Hilfebedarf wegen des Tragens einer Insulinpunpe begründet nach der Rechtsprechung jedoch einen Hilfebedarf bei einem Kind (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.09.2016, L 15 P 15/15).


Vorbereitung auf den Termin

Machen Sie sich am besten im Vorfeld des Termins mit dem Medizinischen Dienst eine Liste mit den Punkten des Hilfebedarfs und machen Sie den Gutachter/die Gutachterin auf diese Punkte explizit aufmerksam. Dazu sollten Sie im Vorfeld ein Pflegetagebuch über mindestens eine Woche machen, in dem Sie die Hilfe über den gesamten Tag detailliert festhalten. Legen Sie dieses bei der Begutachtung vor!


Sollte der Hilfebedarf nicht berücksichtigt werden, legen Sie gegen den anschließenden Bescheid der Pflegekasse Widerspruch ein. Es wird daraufhin erneut eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst stattfinden.


Sollten Sie bei der Prüfung eines Bescheides der Pflegekasse Hilfe benötigen, Rückfragen haben oder Widerspruch gegen einen Bescheid einlegen wollen, stehe ich Ihnen gerne bei der Durchsetzung Ihrer berechtigten Ansprüche gegenüber der Pflegekasse zur Verfügung.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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