Pflichten bei einer Staulücke vor der Ausfahrt einer Tankstelle

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Auf einer dreispurigen Bundesstraße bildete sich an einer roten Ampel in Höhe einer Tankstelle eine Fahrzeugschlange. In der Schlange befand sich ein Lkw, der auf das vorausfahrende Auto 5 m Abstand ließ. Der klägerische PKW verließ das Tankstellengelände und durchfuhr die Lücke, um auf die linke Fahrspur der Bundesstraße zu fahren. Als die Ampel auf grünes Licht umschaltete, fuhr der Lkw-Fahrer an und es kam zum Zusammenstoß der Fahrzeuge.

Das LG Saarbrücken hatte nunmehr über die Haftungsquote der Parteien zu entscheiden (AZ 13 S 193/15).

Die Haftung des Lkw-Fahrers wurde trotz des unvorsichtigen Einfahrens durch den Pkw-Fahrer mit 30 % bemessen, da der Lkw-Fahrer vor dem Anfahren den „toten Winkel“ seines Lkw nicht auf andere Fahrzeuge überprüfte. Bei einer Lücke von 5 Metern sei in dieser Situation damit zu rechnen, dass andere Fahrzeuge diese Lücke zum Ausfahren aus dem Tankstellengelände nutzen.

Bei einer Lücke muss mit einfahrenden Autos gerechnet werden

Lässt ein Fahrzeugführer im stockenden oder sich stauenden Verkehr vor einer Tankstellenausfahrt eine so große Lücke, dass Fahrzeuge hierdurch von einer angrenzenden Tankstelle auf die Straße einfahren können, muss er nicht nur den ausfahrenden Verkehr vom Tankstellengelände beobachten, sondern sich auch vor dem weiteren Anfahren durch geeignete Maßnahmen vergewissern, dass sich keine einfahrenden Fahrzeuge unmittelbar vor einem Fahrzeug befinden.

Aufgepasst – der tote Winkel

Dies bedeute er müsse sich durch Spiegel oder den Einsatz von Beifahrern Einblick in nicht zugängliche Sichtbereiche verschaffen, zumindest, wenn er damit rechnen müsse, dass Fahrzeuge beim Einfahren sich in einem solchen „toten Winkel“ befinden könnten.

Insoweit ergaben die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, dass der LKW-Fahrer bereits beim Ausfahren aus der Tankstelle den klägerischen Pkw erkannt hätte, jedenfalls aber durch einen sorgfältigen Blick in die am Lkw vorhandenen Spiegel hätte erkennen können.

Im Rahmen der Haftungsverteilung kommt dem Umstand, dass der Lkw-Fahrer bevorrechtigt war und der Fahrer des Pkw gegen die höchstmögliche Sorgfalt nach § 10 Satz 1 StVO verstoßen hat, entscheidende Bedeutung zu. Damit trifft die Klägerin eine überwiegende Haftung von 70 %, den LKW-Fahrer nur eine Quote von 30 %.

Fazit

Bei einer Lücke im Verkehr vor einer Tankstellenausfahrt muss immer damit gerechnet werden, dass Autofahrer, die von der Tankstelle ausfahren, in diese Lücke einfahren. Sowohl der ausfahrende Autofahrer als auch der Autofahrer im Straßenverkehr, der die Lücke vor sich hat, müssen größte Sorgfalt walten lassen und auf den Verkehr achten. Kommt es zu einem Unfall, können bei Vernachlässigung der Sorgfalt beide Autofahrer haften.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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