Autokauf: Welche Aufklärungspflichten haben Autoverkäufer und welche Rechte stehen dem Käufer zu?

  • 4 Minuten Lesezeit

Aufklärungspflichten

Sie möchten Ihr Fahrzeug verkaufen, wollen jedoch sichergehen, dass Sie sich nicht aufgrund irgendwelcher fehlenden Angaben haftbar machen, oder Sie möchten ein Fahrzeug kaufen und sichergehen, dass Sie in ausreichendem Maße vom Verkäufer über das zu kaufende Fahrzeug informiert werden? In dieser Situation stellen sich Verkäufer oftmals die Frage, welche Informationen gegenüber dem Käufer schon von sich aus offengelegt und welche Informationen erst nach Rückfrage offengelegt werden müssen. Genauso stellen sich Käufer die Frage, welche Informationen müssen mir als Käufer offengelegt werden und welche Fragen muss ich konkret stellen, um sicherzugehen, dass ich keine bösen Überraschungen erlebe. 

Daran knüpft zunächst die Frage an, wann Autoverkäufern überhaupt eine Aufklärungspflicht zukommt. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass – entgegen der gängigen Meinung – es keine generelle Aufklärungspflicht gibt. Der Verkäufer ist also nicht verpflichtet, über jeden vorhandenen Mangel aufzuklären.

Die Rechtsprechung bejaht die Aufklärungspflicht vielmehr nur in zwei Fällen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Aufklärungspflicht bei einer konkreten Frage und der Aufklärungspflicht, die bereits besteht, ohne dass der Käufer konkret nachfragt. 

Aufklärungspflicht ohne Nachfrage des Käufers

Eine solche Aufklärungspflicht kommt nur in solchen Konstellationen zu tragen, wenn der Verkäufer verpflichtet ist, alle wichtigen Informationen bzw. Tatsachen ungefragt offen zu legen. 

Ungefragt muss der Verkäufer nur über solche Tatsachen aufklären, die für den Kaufentschluss des potentiellen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind. Darüber hinaus muss eine solche Mitteilung nach der vorherrschenden Verkehrssitte vom Käufer erwartet werden bzw. vorausgesetzt worden sein. Die Rechtsprechung nennt diesem Umstand, dass eine solche Mitteilung „erwartbar“ sein müsse. Grundsätzlich sind diese Voraussetzungen nur bei solchen Tatsachen erfüllt, die ein potentieller Käufer nicht kennt und auch ohne Mitteilung des Verkäufers nicht kennen kann. 

Die Rechtsprechung nimmt eine solche Aufklärungspflicht ohne vorherige Frage in folgenden Fällen an (Liste ist nicht abschließend): 

  • Der BGH hat in seinem Urteil vom 03.12.1986, Az. VIII ZR 345/85, entschieden, dass über das Bestehen eines Unfallschadens und die Art des Schadens stets aufgeklärt werden müsse. Dies auch deshalb, weil ein Unfallschaden ein erhebliches (und auch wertgestaltendes) Kriterium ist, das beim Fahrzeugkauf eine übergeordnete Rolle spielt. 
  • Der BGH hat in seinem Urteil vom 16.12.2009, Az. VIII ZR 38/09, entschieden, dass ein Gebrauchtwagenverkäufer darüber aufzuklären hat, dass er das Fahrzeug kurz vor dem Weiterverkauf von einem sogenannten „fliegenden Zwischenhändler“ erworben hat, soweit dieser „fliegende Zwischenhändler“ nicht im Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist. 
  • Das OLG Stuttgart hat in seinem Urteil vom 31.07.2008, Az. 19 U 54/08, entschieden, dass bei einem Verkauf aus „erster Hand“ der Verkäufer darüber aufklären muss, wenn und soweit das Fahrzeug zuvor ausschließlich als Mietwagen genutzt worden ist. 
  • Das Landgericht München I hat in seinem Urteil vom 5.06.2004, Az. 6 O 12298/02, entschieden, dass ein Gebrauchtwagenhändler darüber aufklären muss, wenn er das Fahrzeug vor dem Verkauf nicht auf Unfallschäden untersucht hat. 

Aufklärungspflichten im Falle einer konkreten Nachfrage

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es so, dass immer dann, wenn ein Käufer eine konkrete Frage stellt, diesbezüglich eine Aufklärungspflicht des Verkäufers besteht. In solchen Fällen ist der Verkäufer verpflichtet, die Frage vollständig und richtig zu beantworten. Es dürfen keine Angaben „ins blaue Hinein“ gemacht werden. Genauso verboten ist die Bagatellisierung der Wahrheit durch den Verkäufer. 

Oberste Voraussetzung in beiden Fällen ist jedoch, dass der Verkäufer die Tatsache kennt, die zu einer solchen Aufklärungspflicht führen könnte. Ohne die Kenntnis, das heißt ohne das Wissen des Verkäufers vom etwaigen Sachmangel, kann keine Aufklärungspflicht bestehen. 

Welche Rechte stehen dem Käufer zu

Dem Käufer stehen grundsätzlich sämtliche kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte und die hieraus resultierenden Gestaltungsrechte zu. Daneben kann er auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklären. 

Gewährleistungsrechte

Diese bestehen grundsätzlich neben den Rechten des Käufers auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Dies stellt auch das Gesetz systematisch dadurch klar, dass es § 444 BGB die Regelung enthält, dass der Verkäufer sich selbst bei einem vertraglichen Gewährleistungsausschluss im Falle der arglistigen Täuschung auf einen solchen nicht berufen kann. 

Dem Verkäufer steht nach den kaufrechtlichen Vorschriften des BGB grundsätzlich immer das sogenannte Recht zur zweiten Andienung zu. Dies bedeutet, dass der Käufer dem Verkäufer das Recht zugestehen muss, innerhalb einer vom Käufer gesetzten angemessenen Frist den etwaigen Sachmangel zu beheben. Dies wird im Gesetz als sogenannte Nacherfüllung zusammengefasst. Der Käufer kann – je nachdem – Mangelbeseitigung oder Neulieferung verlangen. In Einzelfällen kann die jeweilige Alternative unmöglich sein. Dies hängt jedoch vom jeweiligen Einzelfall ab und müsste entsprechend geprüft werden. 

Wenn die Nacherfüllung scheitert, kann der Käufer auf Gestaltungsrechte und Schadensersatz zurückgreifen. Hier sind insbesondere die Minderung und der Rücktritt zu erwähnen. Beide Ansprüche haben insoweit dieselben Voraussetzungen, wobei der Rücktritt im Gegensatz zur Minderung nur dann möglich ist, soweit ein nicht nur unerheblicher Mangel vorliegt. 

Schadensersatz kann auch neben dem Rücktritt/der Minderung gefordert werden. Dieser setzt voraus, dass ein kausaler Schaden vorliegt. 

Anfechtung

Sofern die Aufklärungspflicht durch den Verkäufer vorsätzlich verletzt worden ist, steht dem Käufer – neben den Gewährleistungsrechten – das Recht zu, seine Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Dies führt dann dazu, dass der Vertrag von Anfang an nichtig ist und die Leistung sowie Gegenleistung sind zurück zu gewähren. 

Das größte Problem in der Praxis ist, dass der Käufer hinsichtlich der arglistigen Täuschung die Beweislast dafür trägt, dass der Verkäufer die Tatsache, die verschwiegen wurde, gekannt hat und vorsätzlich gegen eine tatsächlich bestehende Aufklärungspflicht verstoßen hat. 

Sollten Sie weitergehende Informationen benötigen oder weitergehende Rechtsfragen hierzu haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit zur Verfügung. Melden Sie sich bei uns!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Gräf & Centorbi Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Beiträge zum Thema