Pflichtteil: Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeiten

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Der Bundesgerichtshof (BGH, 26.05.2021, IV ZR 174/20) hat entschieden, dass Grabpflegekosten keine Nachlassverbindlichkeiten sind. Selbst bei einer im Testament verfügten Auflage zur Grabpflege führt dies nicht zur Kürzung des Pflichtteils.

Sachverhalt des BGH-Urteils

Ein Pflichtteilsberechtigter macht gegenüber den Erben, bzw. der Testamentsvollstreckerin den Pflichtteil geltend. Die Testamentsvollstreckerin zahlt den Pflichtteil nach dem erstellten Nachlassverzeichnis aus, jedoch unter Berücksichtigung von Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählte die Testamentsvollstreckerin auch Grabpflegekosten für 20 Jahre. Diese beliefen sich auf - nach mehreren Angeboten - zwischen 7.000,- € und 11.000,- €.
Die Verstorbene verfügte im Testament: „… Wenn alles Verkauft ist, bekommen alle 10 % + 5 % die ich jetzt Namentlich schreibe. Der Rest ist für die Beerdigung und, 20 Jahre Pflege des Grabes…“
Der Pflichtteilsberechtigte wehrte sich gegen die Berücksichtigung der Grabpflegekosten für 20 Jahre und bekam nun vor dem Bundesgerichtshof Recht.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass dem Kläger ein zusätzlicher Pflichtteil aus § 2305 Satz 1 BGB zusteht.
Der Kläger ist pflichtteilsberechtigt als Abkömmling der Verstorbenen. Nach den üblichen Regelungen der §§ 1924 Abs. 1, 2303 Abs. 1 BGB beträgt der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der BGH ist der Ansicht, dass durch die bisherige Zahlung der vollständige Pflichtteil nicht beglichen worden ist.
Nach Auffassung des BGH sind die Kosten für die Grabpflege im Rahmen der Berechnung des Pflichtteils nach § 2311 BGB nicht als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen.
Der Erbe sei nach § 1968 BGB für die Kosten der Beerdigung des Erblassers verantwortlich. Die Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals zählten jedoch nicht mehr zu den Kosten der Beerdigung und seien allenfalls eine sittliche Verpflichtung des Erben.
Etwas anderes ergebe sich nach dem BGH auch nicht aus der im Testament zu findenden Anordnung der Erblasserin. Eine als Auflage zu bewertende Verpflichtung des Erben führe nicht zur Begründung einer Nachlassverbindlichkeit und damit auch nicht zur Kürzung eines Pflichtteilsanspruchs. Ansprüche aus Auflagen und Vermächtnissen seien gegenüber dem Pflichtteilsanspruch nachrangig.

Auswirkungen für die Beratung in Pflichtteils-Angelegenheiten

Bei der Berechnung von Nachlassverbindlichkeiten ist immer mehr Vorsicht geboten. Der BGH hat jedoch in der Entscheidung auch deutlich gemacht, dass die Grabpflege in anderen Konstellationen durchaus eine Nachlassverbindlichkeit darstellen können. Wenn der Erblasser beispielsweise bereits zu seinen Lebzeiten einen Grabpflegevertrag geschlossen hat, wodurch die Erben als Rechtsnachfolger nach § 1922 BGB gebunden sind (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 06.10.2009 - 3 U 98/08).
Ihr Rechtsanwalt
Christian Keßler
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