Post vom Staatsanwalt? Corona und der besser nie gestellte Antrag auf Sofort-Hilfe: Verteidigungsmöglichkeiten

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Schnell und unbürokratisch sollte Unternehmern wegen des Lockdowns im Rahmen der ersten Welle der Covid19-Pandemie geholfen werden. Entsprechend wurden angesichts behördlich verfügter Geschäftsschließungen mit der Folge erheblicher Umsatzeinbußen auch zahlreiche Anträge auf Gewährung der staatlicherseits angebotenen Corona-Soforthilfen gestellt, die anschließend bewilligt und ausbezahlt worden sind.



Zwar war dieser Auszahlungsvorgang über die Landesbanken unbürokratisch, im Nachgang wurden die Anträge dennoch gründlich geprüft. Nun werfen Staatsanwaltschaften im ganzen Bundesgebiet Antragstellern vor, sich wegen Subventionsbetruges im Sinne von § 264 StGB strafbar gemacht zu haben.  Häufig kommt es nun zu Durchsuchungen der Privat- und Geschäftsraume und zu Haftbefehlen, was jedoch ebenso häufig unverhältnismäßig ist. 



Etliche Unternehmer, insbesondere Soloselbstständige, waren sich nicht im Klaren darüber, wie schnell dieser Tatbestand erfüllt werden konnte, da hierfür schon eine Gedankenlosigkeit im Hinblick auf eine sog. subventionserhebliche Tatsache genügen kann. Subventionen sind gemäß § 264 Abs. 8 StGB nach Bundes- oder Landesrecht gewährte geldwerte direkte Zuwendungen an den Empfänger, die aus Mitteln der öffentlichen Hand erbracht werden, vgl. Landgericht Hamburg, Beschluss vom 18.01.2021, Az. 608 Qs 18/20.


Ansatz: Es war noch kein Haushaltsgesetz beschlossen


Hier sollte die Verteidigung prüfen, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Haushaltsgesetz des Bundes oder jeweiligen Bundesland vorgelegen hat. War dies noch nicht der Fall, scheidet eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetruges aus, ein rückwirkender Gesetzesbeschluss ändert hieran nichts – bei einer Antragstellung zwischen März und Anfang Mai 2020 sollte hier genau hingeschaut werden.


Ansatz: Uneindeutig formuliertes Antragsformular


In manchen Bundesländern wurde lediglich nach einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Lage gefragt, allerdings nicht auf vorhandene Rücklagen, sondern allein auf den cashflow abgestellt.


Auch wurden häufig nicht ausreichende Belehrungen über eine mögliche Strafbarkeit in den Formularen verwendet, insbesondere wurden pauschale Formulierungen (z.B. „jede Falschangabe führt zur Strafbarkeit“) oder abstrakte Begriffe mit Auslegungsspielraum benutzt.


Ansatz: Abgrenzung von Vorsatz zu Leichtfertigkeit und Fahrlässigkeit


Die Ermittlungsbehörden müssen dem beschuldigten Antragsteller einen Vorsatz nachweisen, was nicht immer gelingt, da vielmehr eine Leichtfertigkeit, also eine besondere Gleichgültigkeit oder grobe Unachtsamkeit vorliegen mag, was nach § 264 Abs. 5 StGB zu einer deutlich geringeren Strafe führt.


Bereits eine fehlerhafte Prognose über die zu erwartende Umsatzentwicklung für das der Antragstellung folgende Vierteljahr kann die Strafbarkeit begründen, wobei immer zu prüfen ist, ob die Prognose zum Zeitpunkt der Antragstellung (ex ante) vertretbar gewesen ist. Dem Unternehmer steht wegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. Urteil vom 26.11.2019, AZ. 2 StR 557/18 ein Beurteilungsspielraum, eine sog. Einschätzungsprärogative, zu.


Eine Leichtfertigkeit dürfte auch dann ausscheiden, wenn der Antrag aus Angst oder Verzweiflung angesichts der unsicheren Lage gestellt worden ist und man sich keine Marktvorteile verschafft hat. Letztlich werden nur gröbste Verfehlungen als leichtfertig anzusehen sein, was dazu führen kann, dass lediglich von einer einfachen Fahrlässigkeit gesprochen werden kann – in diesen Fällen scheidet ein Subventionsbetrug aus, da diese Tat nicht fahrlässig begangen werden kann, was zu einer Einstellung des Verfahrens bzw. einem Freispruch führen muss.



Als erfahrener Strafverteidiger vertrete ich Beschuldigte, gegen die wegen im Rahmen des Lockdowns im Frühling 2020 ausbezahlter Corona-Soforthilfen ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren geführt wird.




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