⚖️ Rechtspolitische Implikationen der Drogenkriminalisierung

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Die Kriminalisierung des Umgangs mit Betäubungsmitteln – insbesondere im Bereich des Konsums und Besitzes geringer Mengen – steht seit Jahren in der rechtspolitischen Kritik. Zahlreiche Stimmen fordern eine differenzierte und gesundheitsorientierte Drogenpolitik anstelle einer rein strafrechtlichen Verfolgung. Diese Entwicklung hat praktische Auswirkungen auf die Verteidigung und das Strafverfahren – insbesondere im Umgang mit sog. "Kleinkonsumenten".


📉 Drogenpolitik im Wandel – aber noch nicht im Gesetz angekommen

  • Internationale Gremien (z. B. die UN-Drogenkommission) und nationale Fachkreise sehen in der Kriminalisierung von Drogenkonsumenten ein Hindernis für effektive Prävention und Therapie.

  • Obwohl Gesetzesinitiativen wie das Cannabisgesetz (KCanG) erste Schritte in Richtung Entkriminalisierung markieren, bleibt der Besitz anderer Betäubungsmittel weiterhin strafbar – selbst bei Kleinstmengen zum Eigenkonsum.

📌 Statistisch gesehen betreffen über 60 % der BtM-Strafverfahren Cannabis, oft wegen Besitz in geringen Mengen.


⚠️ Konsequenzen für Betroffene

  • Viele Verfahren betreffen suchtkranke oder gelegentliche Konsumenten, die keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.

  • Dennoch werden Ermittlungsverfahren eingeleitet – teils mit drastischen Folgen wie:

    • Verlust der Fahrerlaubnis,

    • Eintrag ins Führungszeugnis,

    • soziale Stigmatisierung oder

    • berufliche Einschränkungen.


✅ Verteidigungspraxis: Handlungsspielräume nutzen

Gerade bei geringen Mengen und reinem Eigenkonsum bestehen zahlreiche rechtliche Optionen, um eine Einstellung oder milde Reaktion zu erreichen:

  • § 31a BtMG erlaubt der Staatsanwaltschaft, von der Strafverfolgung abzusehen.

  • § 29 Abs. 5 BtMG ermöglicht es dem Gericht, von Strafe abzusehen.

  • Therapie statt Strafe (§§ 35 ff. BtMG) kann bei Suchtproblematik in Betracht kommen.

  • Verweis auf aktuelle Rechtspolitik und Entkriminalisierungsdebatten kann im Rahmen der Strafzumessung unterstützend wirken – etwa durch den Hinweis auf geringe Sozialschädlichkeit.


Fazit:
Obwohl das BtMG in seiner aktuellen Form noch auf Strafverfolgung ausgerichtet ist, bewegt sich die Rechtspolitik langsam in Richtung einer differenzierteren, gesundheitspolitisch orientierten Linie. Für Verteidigung und Betroffene gilt: Die bestehenden Spielräume zur Vermeidung unverhältnismäßiger Sanktionen bei geringem Eigenkonsum sollten konsequent genutzt werden – mit Verweis auf den politischen und gesellschaftlichen Kontext. Eine informierte und strategisch ausgerichtete Verteidigung kann hier den entscheidenden Unterschied machen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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