Vorladung wegen BtMG – Was tun? Ihre wichtigsten Rechte & Tipps vom Strafverteidiger im Betäubungsmittelstrafrecht
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Inhaltsverzeichnis
- Frühzeitige rechtliche Beratung suchen
- Die Aussage bei der Polizei: Schweigen ist Gold
- § 31 BtMG – Von der Kooperation mit den Ermittlungsbehörden abraten
- Therapie statt Strafe: § 35 BtMG und § 64 StGB
- Die Rolle der Einsicht und Reue bei der Schuldfrage
- Fokus auf die persönliche und soziale Situation des Mandanten
Drogendelikte gehören zu den schwerwiegenden Straftaten im deutschen Strafrecht, die hohe Strafen nach sich ziehen können. Wer sich in einem Drogendeliktsverfahren wiederfindet, steht nicht nur vor der Herausforderung, sich gegen die Anklage zu verteidigen, sondern auch vor der Gefahr, ein Leben lang mit den Konsequenzen einer Verurteilung zu kämpfen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Strafe zu mildern oder gar eine Verurteilung zu verhindern.
Frühzeitige rechtliche Beratung suchen
Der erste und wichtigste Schritt, den jemand unternehmen sollte, der in ein Drogendeliktsverfahren verwickelt ist, ist die frühzeitige Kontaktaufnahme mit einem erfahrenen Strafverteidiger. Oft denken Beschuldigte, sie könnten die Situation alleine bewältigen oder es sei nicht nötig, sofort einen Anwalt zu Rate zu ziehen. Diese Denkweise ist jedoch ein großer Fehler. Die ersten Stunden und Tage nach der Festnahme oder der Anzeige sind entscheidend. Ein erfahrener Anwalt kann helfen, die richtigen rechtlichen Schritte einzuleiten, die Erhebung von Beweismitteln zu überwachen und gegebenenfalls Fehlverhalten der Polizei zu erkennen.
Ein Anwalt kann außerdem dafür sorgen, dass keine falschen Aussagen gemacht werden, die später gegen den Beschuldigten verwendet werden könnten. Die Aussage bei der Polizei sollte immer mit rechtlicher Begleitung erfolgen, um unbedachte Eingeständnisse zu vermeiden, die den Fall unnötig erschweren könnten.
Die Aussage bei der Polizei: Schweigen ist Gold
Das Recht zu schweigen ist ein zentrales Prinzip im Strafrecht. Auch wenn die Polizei dazu anregt, Aussagen zu machen oder sich kooperativ zu zeigen, ist es häufig ratsam, sich nicht zu äußern – zumindest nicht ohne anwaltliche Beratung. Aussagen, die unter Druck gemacht oder unbedacht abgegeben werden, können später schwerwiegende Folgen haben.
In Drogendeliktsverfahren gibt es oft eine Vielzahl von Tatverdächtigen und Zeugen. Aussagen, die auf den ersten Blick harmlos erscheinen, können später als Belastung dienen. Besonders gefährlich ist, dass eine unbedachte Äußerung nicht nur den eigenen Fall, sondern auch andere Personen ins Visier der Ermittlungen rücken kann.
Ein Anwalt wird in solchen Fällen die Ermittlungen genau überwachen und dafür sorgen, dass keine Aussagen getroffen werden, die später gegen den Mandanten verwendet werden könnten. Sollte der Fall dennoch eine Kooperation mit den Ermittlungsbehörden erfordern, wird der Anwalt darauf achten, dass die Bedingungen und das Ausmaß einer Aussage im Interesse des Beschuldigten geregelt sind.
Entlastende Beweise suchen und dokumentieren
In Drogendeliktsverfahren sind die Beweise entscheidend. Häufig liegt es an den Ermittlungsbehörden, diese zu sammeln und dem Gericht zu präsentieren. Doch auch der Beschuldigte hat die Möglichkeit, eigene Beweise zu sammeln und zu dokumentieren, die seine Unschuld oder zumindest eine Minderung der Strafe beweisen können. Hier einige Tipps:
Zeugen: Wenn es Zeugen gibt, die den Sachverhalt aus einer anderen Perspektive schildern können, sollte dies umgehend mit dem Anwalt besprochen werden. In vielen Drogendeliktsfällen können Zeugenbeweise entscheidend sein, um die Darstellung der Ermittlungsbehörden zu widerlegen.
Beweismittel sichern: Falls die Beweismittel (z. B. Drogenfunde) unklar sind oder illegal erlangt wurden, sollte dies sofort mit dem Anwalt besprochen werden. Oftmals gibt es Verfahrensfehler bei der Durchsuchung von Wohnungen oder Fahrzeugen, die später zur Unverwertbarkeit der Beweismittel führen können.
Eigene Beweise: In vielen Fällen kann auch der Beschuldigte entlastende Beweise vorlegen, wie z. B. Alibis oder dokumentierte Nachweise über den Besitz von Drogen für den Eigenverbrauch (insbesondere, wenn der Besitz nur eine geringe Menge betraf und es keine weiteren strafverschärfenden Faktoren gibt).
Auf die Verjährung achten
Ein Drogendeliktsverfahren kann eine lange Zeit in Anspruch nehmen, vor allem wenn es sich um komplexe Ermittlungen handelt. Wichtig für den Beschuldigten zu wissen ist, dass es Fristen für die Strafverfolgung gibt, die nicht unbegrenzt sind. Nach Ablauf einer bestimmten Zeit kann das Verfahren nicht mehr fortgeführt werden. Die Verjährungsfrist für Drogendelikte variiert je nach Schwere der Tat und den Umständen. Im Allgemeinen gilt:
Besitz von Drogen: Wenn es sich um eine Straftat handelt, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht ist, beträgt die Verjährungsfrist in der Regel 5 Jahre.
Schwerere Straftaten: Bei schwerwiegenderen Drogendelikten beträgt die Verjährungsfrist in der Regel 10 oder 20 Jahre.
Es kann sinnvoll sein, die Verjährungsfristen im Auge zu behalten, um sicherzustellen, dass keine unzulässige Verzögerung der Verfahren auftritt. Ein erfahrener Anwalt kann helfen, diese Fristen zu überwachen und darauf zu achten, dass keine relevanten Verjährungstatbestände verletzt werden.
§ 31 BtMG – Von der Kooperation mit den Ermittlungsbehörden abraten
Im Strafrecht gibt es die Möglichkeit, durch Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden eine Strafmilderung zu erwirken. Der § 31 BtMG ermöglicht es dem Täter, der sich wegen eines Drogendelikts verantworten muss, von der Strafe verschont zu werden oder eine reduzierte Strafe zu erhalten, wenn er freiwillig Informationen zur Aufklärung anderer Drogendelikte liefert.
Achtung: Bei der Anwendung von § 31 BtMG ist Vorsicht geboten. Es gibt viele Risiken, die mit einer solchen Kooperation verbunden sind. Einer der größten Nachteile ist, dass der Täter, der sich als "Informant" zur Verfügung stellt, oft selbst noch weiter in den Fokus der Ermittlungen gerät. Die Strafverfolgungsbehörden setzen dann möglicherweise weiter gegen ihn oder gegen Dritte durch, was zu weiteren Ermittlungen und schlimmstenfalls zu weiteren Anklagen führen kann. Falsche Beschuldigungen und auch das Risiko, von anderen verraten zu werden, ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Die Strafmilderung ist auch keineswegs garantiert.
Daher wird in den meisten Fällen geraten, nicht sofort von § 31 BtMG Gebrauch zu machen. Dies sollte nur in enger Absprache mit einem erfahrenen Strafverteidiger geschehen, der die Folgen einer solchen Entscheidung abschätzen kann.
Therapie statt Strafe: § 35 BtMG und § 64 StGB
In vielen Drogendeliktsverfahren wird eine Drogenabhängigkeit als zugrunde liegender Faktor für die Straftat anerkannt. Wenn ein Verurteilter die Straftat aufgrund seiner Sucht begangen hat, kann dies ein entscheidender Punkt für die Verteidigung sein. Statt einer Haftstrafe kann unter bestimmten Voraussetzungen die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder die Rückstellung der Strafvollstreckung angeordnet werden. Dies kann einen enormen Einfluss auf den Verlauf des Verfahrens und die Höhe der Strafe haben.
§ 35 BtMG: Zurückstellung der Strafvollstreckung
§ 35 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) ermöglicht es, die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zugunsten einer Therapie zurückzustellen, wenn die Straftat aufgrund einer Drogenabhängigkeit begangen wurde. Dabei gibt es einige wesentliche Anforderungen:
Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren: Diese Möglichkeit gilt in der Regel nur, wenn die verhängte Freiheitsstrafe nicht mehr als zwei Jahre beträgt. Liegt die Strafe über zwei Jahren, kann die Zurückstellung nur für den Rest der Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren gewährt werden.
Rehabilitation: Der Verurteilte muss sich entweder bereits in einer geeigneten Rehabilitationstherapie befinden oder zusagen, sich einer solchen zu unterziehen. Das Gericht muss sicherstellen, dass der Beginn der Therapie gewährleistet ist, was für den Beschuldigten eine entscheidende Rolle spielt.
Zustimmung des Gerichts: Die Zurückstellung der Vollstreckung kann nur mit Zustimmung des Gerichts erfolgen. Sollte diese Zustimmung verweigert werden, kann die Entscheidung jedoch angefochten werden.
Der Vorteil dieser Maßnahme ist klar: Anstatt die Strafe in einer Haftanstalt abzusitzen, kann der Verurteilte eine Therapie absolvieren, die darauf abzielt, seine Drogenabhängigkeit zu behandeln und eine Rückfälligkeit zu verhindern. Eine positive Prognose bezüglich der Heilung oder der Vermeidung eines Rückfalls muss jedoch gegeben sein.
Vorsicht bei Widerruf der Zurückstellung
Ein weiterer Punkt, den die Verteidigung beachten muss, ist die Möglichkeit des Widerrufs der Zurückstellung. Es gibt mehrere Gründe, warum die Rückstellung der Strafvollstreckung widerrufen werden kann, darunter:
Der Verurteilte beginnt die Behandlung nicht oder setzt sie nicht fort.
Der Verurteilte erbringt nicht den erforderlichen Nachweis über die Fortführung der Behandlung.
Es ist nicht zu erwarten, dass der Verurteilte die Behandlung in naher Zukunft wieder aufnimmt.
Sollte der Widerruf eintreten, wird die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wieder aufgenommen.
§ 64 StGB: Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Neben der Rückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG gibt es auch die Möglichkeit einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB. Dies ist eine weitere wichtige Möglichkeit der strafrechtlichen Verteidigung in Drogendeliktsverfahren. Wenn jemand aufgrund einer Sucht strafrechtlich in Erscheinung tritt, kann das Gericht gemäß § 64 StGB eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen. Voraussetzung ist dabei:
Hang zur Substanzmissbrauch: Der Täter muss einen Hang zu alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden Mitteln haben und infolge dieses Hangs eine Straftat begangen haben.
Erhebliche Beeinträchtigung der Lebensgestaltung: Die Abhängigkeit muss zu einer dauerhaften und erheblichen Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, Gesundheit oder Leistungsfähigkeit des Täters geführt haben.
Gefahr für zukünftige Straftaten: Es muss eine Gefahr bestehen, dass der Täter durch die Sucht weiterhin rechtswidrige Taten begehen wird, es sei denn, er wird behandelt.
Die Anordnung dieser Maßnahme erfolgt, wenn eine therapeutische Heilung oder zumindest die Vermeidung zukünftiger Straftaten zu erwarten ist. Dies setzt voraus, dass der Täter eine realistische Chance auf Behandlung und Rückfallvermeidung hat.
Therapie als Alternative zur Haftstrafe
Für die Verteidigung ist es wichtig, in solchen Verfahren darzulegen, dass der Verurteilte die Therapie ernst nimmt und tatsächlich auf eine Heilung der Abhängigkeit hinarbeitet. Dies erfordert häufig gut dokumentierte Beweise, wie etwa Nachweise über bereits absolvierte Therapien, positive Stellungnahmen von Therapeuten oder die Bereitschaft, sich einer Rehabilitation zu unterziehen. Auch die Art der Sucht, das Alter des Täters und die Prognose spielen eine Rolle bei der Entscheidung des Gerichts.
Therapie statt Haft kann für den Beschuldigten eine enorme Chance sein, seine Sucht zu überwinden und gleichzeitig einer Gefängnisstrafe zu entgehen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Behandlung nicht nur als „Strafmilderung“ betrachtet wird, sondern auch ein ehrlicher Versuch sein sollte, die Abhängigkeit langfristig zu überwinden.
Die Möglichkeit, eine Haftstrafe durch eine Therapie zu ersetzen, bietet in Drogendeliktsverfahren einen klaren Vorteil, insbesondere wenn die Straftat im Zusammenhang mit einer Drogenabhängigkeit steht. Sowohl § 35 BtMG als auch § 64 StGB eröffnen dem Beschuldigten Wege, eine Haftstrafe zu vermeiden, indem er sich einer Behandlung unterzieht.
Die Verteidigung sollte in diesen Fällen alles daran setzen, die Notwendigkeit und Wirksamkeit einer Therapie nachzuweisen. Eine sorgfältige, gut dokumentierte Vorbereitung und die Zusammenarbeit mit Fachleuten, wie Therapeuten oder Suchtberatern, ist dabei unerlässlich.
Die Rolle der Einsicht und Reue bei der Schuldfrage
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Verteidigung in Drogendeliktsverfahren ist die Einschätzung der Schuld des Täters. Der Grad der Schuld kann sich erheblich auf die Höhe der Strafe auswirken, weshalb die Verteidigung diesen Punkt gezielt ansprechen sollte. Dabei spielen insbesondere folgende Punkte eine Rolle:
Einsicht in das eigene Verhalten: Wenn der Beschuldigte Einsicht in seine Straftat zeigt und sich seiner Abhängigkeit oder seines Verhaltens bewusst ist, kann dies von erheblichem Vorteil sein. Gerichte neigen dazu, Strafen zu mildern, wenn der Täter reuevoll und einsichtig ist und die Bereitschaft zur Veränderung zeigt.
Verhalten nach der Straftat: Wurde nach der Straftat ein positives Verhalten an den Tag gelegt, wie etwa die Aufnahme einer Therapie oder die Bemühung um eine Rehabilitation, wirkt sich dies positiv auf die Strafmilderung aus. Dies zeigt dem Gericht, dass der Täter nicht nur das Unrecht seiner Tat erkennt, sondern auch aktiv an einer Veränderung arbeitet.
Die Bedeutung von mildernden Umständen im Strafverfahren
Bei der Strafzumessung berücksichtigt das Gericht eine Vielzahl von mildernden Umständen, die zu einer Reduzierung der Strafe führen können. Im Drogendeliktsverfahren sind einige dieser mildernden Faktoren besonders wichtig:
Ersttäter: Wenn der Beschuldigte ein Ersttäter ist und die Straftat als isoliertes Ereignis betrachtet werden kann, kann dies zu einer erheblichen Minderung der Strafe führen. Dies gilt besonders, wenn der Täter keine Vorgeschichte von Drogendelikten oder anderen Straftaten hat.
Freiwillige Therapie: Ein weiteres milderndes Argument ist die freiwillige Therapie, die der Beschuldigte entweder bereits begonnen hat oder zusichert, zu beginnen. Dies zeigt nicht nur, dass der Täter Verantwortung für sein Handeln übernimmt, sondern auch, dass er aktiv an einer langfristigen Veränderung arbeitet.
Außergewöhnliche Belastung des Täters: Falls der Täter unter außergewöhnlichen persönlichen Umständen leidet, wie etwa psychischen Problemen, familiären Belastungen oder anderen Umständen, die seine Handlungsfähigkeit beeinträchtigt haben, kann dies ebenfalls mildernd berücksichtigt werden.
Geringe Menge des Betäubungsmittels: In Drogendeliktsverfahren spielt auch die Menge des beschlagnahmten Betäubungsmittels eine Rolle. Bei geringen Mengen und in Fällen, in denen der Täter nicht gewinnorientiert gehandelt hat, kann das Gericht von einer milderen Strafe ausgehen.
Strafrechtliche Verteidigung: Nicht nur auf den Fall schauen
Die Verteidigung in Drogendeliktsverfahren sollte nicht nur auf den konkreten Fall selbst fokussiert sein, sondern auch auf die persönlichen Umstände des Beschuldigten. Eine detaillierte Analyse der sozialen und gesundheitlichen Situation des Mandanten kann eine entscheidende Rolle spielen, um mildernde Faktoren herauszustellen und die Strafe zu reduzieren. Dazu gehören:
Eine aktive Teilnahme an einem Rehabilitationsprogramm oder die Bereitschaft zur Therapie.
Nachweise für den positiven Wandel im Verhalten des Täters, wie etwa die Aufnahme eines festen Arbeitsplatzes oder die Stabilisierung des privaten Lebens.
Der Nachweis von gesundheitlichen Problemen, die mit dem Drogensuchtverhalten in Verbindung stehen.
Fazit
Die Strafmilderung und die Einschätzung der Schuld spielen in Drogendeliktsverfahren eine zentrale Rolle. Während § 31 BtMG eine Möglichkeit zur Strafmilderung bietet, sollte dieser Schritt mit Vorsicht betrachtet werden, da er zusätzliche Risiken mit sich bringen kann. Stattdessen können Faktoren wie Einsicht, Reue und Kooperation mit den Behörden die Strafe wesentlich beeinflussen.
Ein umfassendes Bild des Täters, das nicht nur das Delikt, sondern auch die persönlichen und sozialen Hintergründe berücksichtigt, ist für eine erfolgreiche Verteidigung unerlässlich. Das Gericht wird nicht nur das Vergehen an sich bewerten, sondern auch, ob der Täter bereit ist, sein Verhalten zu ändern und sich einer Therapie zu unterziehen. Die Verteidigung sollte daher alle relevanten Aspekte, von der persönlichen Reue bis zu Therapieerfolgen, in die Argumentation einfließen lassen.
Fehler bei der Beweislage und der Beweisführung ausnutzen
Eine häufige Verteidigungsstrategie in Drogendeliktsverfahren ist die Überprüfung und Anfechtung der Beweislage. Bei vielen Drogendelikten kann es zu Fehlern in der Ermittlung, Beschlagnahme oder Auswertung von Beweismitteln kommen, die den Fall erheblich beeinflussen. Die Verteidigung sollte folgende Punkte prüfen:
Unrechtmäßige Durchsuchungen oder Beschlagnahmen: Wurden die Drogendelikte im Rahmen einer Durchsuchung entdeckt, sollte geprüft werden, ob die Durchsuchung nach den gesetzlichen Vorgaben erfolgt ist. Gab es beispielsweise Verstöße gegen die Rechte des Beschuldigten, wie eine nicht ordnungsgemäß durchgeführte Durchsuchung oder eine nicht ordnungsgemäß erstellte Durchsuchungsanordnung, kann dies die gesamte Beweislage in Frage stellen.
Fehlerhafte oder nicht nachvollziehbare Beweisketten: Bei der Beschlagnahme von Beweismitteln wie Drogen oder anderen relevanten Substanzen muss die Beweiskette lückenlos und nachvollziehbar sein. Gab es hier Mängel, wie beispielsweise falsche Protokolle oder nicht ordnungsgemäße Verpackung und Kennzeichnung der Drogen, kann dies als Verteidigungsstrategie verwendet werden.
Zweifel an der Herkunft der Drogen: Wenn der Beschuldigte nicht eindeutig mit den Drogen in Verbindung gebracht werden kann, kann die Herkunft der Drogen infrage gestellt werden. Wurde der Besitz der Drogen korrekt zugeordnet, oder könnte es sich um ein Missverständnis handeln, das nicht den Beschuldigten betrifft?
Die gezielte Überprüfung der Beweislage und die Untersuchung möglicher Verfahrensfehler kann zu einer Abweisung der Anklage oder zumindest zu einer Reduzierung der Strafe führen.
Fokus auf die persönliche und soziale Situation des Mandanten
Ein weiteres wichtiges Verteidigungsargument in Drogendeliktsverfahren ist die Berücksichtigung der persönlichen und sozialen Umstände des Mandanten. Hierbei geht es darum, die harten Fakten der Straftat in den Kontext der persönlichen Lebensgeschichte und der Umstände des Täters zu setzen. Dies kann die Strafzumessung erheblich beeinflussen:
Eingeständnis und Reue: Ein klares Eingeständnis der Tat und die Reue des Täters, insbesondere wenn der Drogendelikte begangen wurden, um die eigene Sucht zu finanzieren, können von Gericht positiv bewertet werden. Dies zeigt, dass der Täter die Konsequenzen seines Handelns versteht und bereit ist, an seiner Problematik zu arbeiten.
Soziale Integration und Perspektiven: Es ist hilfreich, dem Gericht zu zeigen, dass der Täter eine positive Perspektive hat, sei es durch eine bestehende Arbeitsstelle, ein stabiles Familienumfeld oder den festen Willen, sich in eine therapeutische Behandlung zu begeben. Solche Aspekte sprechen für eine milde Strafe oder für alternative Maßnahmen wie Therapie statt Haft.
Therapieerfolge und Rehabilitation: Wenn der Täter bereits Therapieerfolge vorweisen kann oder zumindest einen ernsthaften Versuch zeigt, sich von seiner Sucht zu befreien, wird das Gericht eher zu einer milderen Strafe tendieren. Gerade bei langfristigen Drogensuchtgeschichten sind die Bemühungen um eine Rehabilitation ein entscheidender Faktor.
Alternative Sanktionen statt Haft
Eine der wirksamsten Verteidigungsstrategien in Drogendeliktsverfahren ist der Antrag auf alternative Sanktionen. Neben der Möglichkeit der Therapie statt Haft (§ 35 BtMG), die wir bereits ausführlich besprochen haben, gibt es auch andere Möglichkeiten:
Wiedergutmachung und Sozialstunden: In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, den Täter zur Wiedergutmachung anzuregen, z.B. durch Sozialstunden oder gemeinnützige Tätigkeiten. Ein positives Verhalten nach der Straftat – etwa durch Hilfe für andere oder Unterstützung von sozialen Projekten – kann den Strafrahmen erheblich mildern.
Führungsaufsicht und Bewährung: Sollte eine Haftstrafe unvermeidbar erscheinen, so kann der Antrag auf eine Bewährungsstrafe gestellt werden. Hierbei wird eine Haftstrafe unter der Voraussetzung ausgesetzt, dass der Täter bestimmte Auflagen erfüllt, wie z.B. regelmäßige Drogenkontrollen oder Teilnahme an einem Rehabilitationsprogramm.
Fazit und abschließende Überlegungen
Die Verteidigung in Drogendeliktsverfahren ist eine vielschichtige und komplexe Aufgabe, die verschiedene Ansätze erfordert. Es gibt jedoch zahlreiche Möglichkeiten, Strafen zu mildern oder ganz abzuwenden, wenn die richtigen Verteidigungsstrategien zur Anwendung kommen. Die Überprüfung der Beweislage, das Eingeständnis der Tat und die Bereitschaft zur Rehabilitation sind entscheidende Faktoren, die den Verlauf eines Verfahrens positiv beeinflussen können.
Wenn Sie sich oder jemanden in einem Drogendeliktsverfahren verteidigen müssen, ist es ratsam, sich frühzeitig einen erfahrenen Strafverteidiger zu suchen, der mit den Besonderheiten des Drogensystems vertraut ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Verteidigungsoptionen geprüft und die bestmögliche Strategie entwickelt wird.
Wenn Sie mit einem Drogendeliktsverfahren konfrontiert sind, ist es entscheidend, einen erfahrenen Strafverteidiger an Ihrer Seite zu wissen. Rechtsanwalt Tom Beisel bietet Ihnen eine engagierte und kompetente Verteidigung in allen strafrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts.
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Was bedeutet „geringe Menge“ und ist das straffrei?
Eine „geringe Menge“ zum Eigenverbrauch (§ 31a BtMG) kann zu einer Einstellung des Verfahrens führen – muss aber nicht. Ob eingestellt wird, hängt vom Bundesland, der Substanz und den Umständen ab.
Was bringt § 35 BtMG („Therapie statt Strafe“)?
Wer wegen einer drogenbedingten Tat verurteilt wurde, kann die Vollstreckung unter bestimmten Voraussetzungen aufschieben lassen, um eine Therapie zu absolvieren. Das Verfahren ist komplex – hier ist anwaltliche Hilfe sinnvoll.
Soll ich nach § 31 BtMG andere Täter benennen, um eine Strafmilderung zu erhalten?
Davon ist häufig abzuraten. Zwar kann eine Kooperation die Strafe mildern, allerdings drohen erhebliche Risiken: Gegenaussagen, neue Ermittlungen, falsche Beschuldigungen und kein garantierter Vorteil.
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