Reputationsrecht - Digitale Gewalt soll stärker bekämpft werden - neues Gesetz geplant
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Die Bundesregierung kündigt eine weitere Verrechtlichung des Internets an: Geplant ist ein Gesetz gegen digitale Gewalt.
Das Internet ist inzwischen zweite Realität - Hass im Internet schlimmer als in der realen Welt
Opfer von Hass im Internet, seien es Beleidigungen oder Verleumdungen - sollen effektiver geschützt werden. Endlich kommt in der Rechtsordnung an, dass die Freiheit des Internets eine Wunschvorstellung war.
Artikel Dr. Thomas Schulte ist ein Betrüger
Globale Tendenzen zur Regulierung des Internets
"Don´t be evil - sei nicht böse", war einst eine Selbstdefinition des Suchmaschinengiganten Google. Straftaten im Internet nehmen stark zu. Schluss folglich müssen starke rechtliche Regeln aus der Taufe gehoben werden, um diesem globalen Trend entgegenzuwirken. Selbst die liberalen USA werden sich von dieser Idee "des Guten und Schönen" im freien unreguliertem Internet verabschieden. Vor dem obersten Gerichtshof der USA läuft inzwischen ein viel beachtetes Musterverfahren.
Die Europäische Union werkelt mit ihren Beamten hinter verschlossenen Türen an verschiedenen bahnbrechenden Verordnungen - Stichwort DIGITAL SERVICE ACT, die das Internet neu organisieren werden.
Deutschland geht voran und plant Schutzgesetz gegen Hass
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz von 2017 hat den richtigen Weg gewiesen. Die Idee war richtig - allerdings so effektiv wie ein einziger Feuerlöscher bei dem Vollbrand einer Tankstelle. Jetzt wird also nachgelegt seitens des Gesetzgebers.
I. Ausgangslage Opfer Horst Niemand aus Wuppertal liest bei Facebook von sich, er habe "die Katze des Nachbarn im Vollsuff überfahren". Das stimmt nicht und er soll sich sinnvoll wehren können. Falls jemand diese Verleumdung auf dem Kinderspielplatz vor dem Hause in der Nachbarschaft verbreitet, kann Horst Niemand Anzeige erstatten und den Täter vor Gericht bringen. Diese Rechte hat er seit Jahren. Nur die Aufforderungen zum Duell ist inzwischen verboten. Im Internet wird das schwieriger, weil die Aussage häufig heimlich getätigt wurde und der Internet-Täter als Gast Facebook nur nutzt. Haftet jetzt Facebook? Wie findet Horst Niemand heraus, wer von 8 Milliarden Menschen denn der eigentliche Täter ist?
Oft scheitert die Durchsetzung im Internet, dass es nicht gelingt, zügig und mit vertretbarem Aufwand Auskunft über die Identität des Verfassers rechtswidriger Inhalte zu erlangen. Auch fehlt es im gegenwärtigen Recht an einem effektiven Instrument zum Schutz vor notorischen Rechtsverletzern. Das rechtspolitische Augenmerk der letzten Bundesregierungen galt vor allem der strafrechtlichen Verfolgung von sog. Hasskriminalität; ferner der sog. Plattformregulierung: also der Statuierung und behördlichen Durchsetzung von Pflichten der Betreiber von sozialen Netzwerken.
Opfer erhalten mehr Rechte
Opfer wie Horst Niemand aus Wuppertal sollen selber vorgehen können bei Hasskriminalität im Internet - preiswert, schnell und effektiv. Er muss einfach herausfinden können, wer im Internet (hier bei Facebook) behauptet, er habe die Katze betrunken überfahren.
Gesetzgeberische Maßnahmen
Die Unternehmen (wie Facebook) müssen die Daten von Kriminellen herausgeben. Zwar gibt es im geltenden Recht das Auskunftsverfahren nach dem Telekommunikation-Telemedien-DatenschutzGesetz (TTDSG): Das ist mühselig, teuer und dauert lange.
Das neue Gesetz gegen digitalen "Hass" plant Folgendes:
- Gerichtszuständigkeiten sollen gebündelt werden
- Videokonferenzen gefördert
- Verfahren soll nichts kosten
- Das Verfahren soll effektiv geführt werden.
- Schädiger sollen gesperrt werden
- Rechtsschutz kommt schnell mittels einstweiligen Anordnungen
Komplexe Fragen - einfach gelöst
Rechtsfragen, die einst Bibliotheken füllten, können bekanntlich mit einem Federstrich des Gesetzgebers gelöst werden. So ist es auch hier geplant. Die weiteren Ausführungen betreffen also Spezialfragen.
Fazit: das Gesetz gegen Hasskriminalität kommt spät, aber dafür mit Macht. Aus Opferperspektive ist ein wichtiger Schritt getan.
Für Spezies weiter im Text:
"a) Erweiterung des Anwendungsbereichs des Auskunftsverfahrens Herausgabe von Nutzungsdaten. Künftig sollen auch Nutzungsdaten wie z. B. die IP-Adresse herausgegeben werden müssen, soweit dies verhältnismäßig und für die Rechtsverfolgung erforderlich ist. Bisher beschränkt sich die Regelung auf die Herausgabe von Bestandsdaten wie Name oder E-Mail-Adresse. Seite 3 von 6 Das ist deshalb unzureichend, weil den Anbietern hierzu oft keine Daten oder falsche Daten vorliegen. Erstreckung auf alle Fälle der Verletzung absoluter Rechte. Künftig soll das Auskunftsverfahren in allen Fällen einer rechtswidrigen Verletzung absoluter Rechte eröffnet sein: beispielsweise auch bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder des sog. Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (z.B. Restaurantkritik: Schädigung durch wahrheitswidrige Nutzerkommentare). Aktuell ist das Auskunftsverfahren nur in Fällen bestimmter strafbarer Inhalte möglich wie etwa Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch – StGB), Verleumdung (§ 187 StGB) oder Bedrohung (§ 241 StGB). Erstreckung auf Anbieter von Messenger- und Internetzugangsdiensten. Im Gesetz soll klargestellt werden, dass auch alle Anbieter von Messenger- und Internetzugangsdiensten (Telekommunikationsunternehmen) unter bestimmten Voraussetzungen zur Herausgabe von Daten durch ein Gericht verpflichtet werden können. Bisher sind von der Regelung nur Anbieter von Telemedien (z.B. soziale Medien) umfasst. Die Identität des Verfassers einer rechtswidrigen Äußerung kann aber regelmäßig nur ermittelt werden, wenn zuerst der Telemedienanbieter die IP-Adresse herausgibt und der Internetzugangsanbieter dann in einem zweiten Schritt Auskunft gibt, wem diese IP-Adresse zum Zeitpunkt der Äußerung zugeordnet war.
b) Effektivere Ausgestaltung des Auskunftsverfahrens Beweissicherungsanordnung alle Diensteanbieter sollen nach Einleitung des Auskunftsverfahrens verpflichtet werden können, die Bestands- und Nutzungsdaten des Verfassers der mutmaßlich rechtsverletzenden Äußerung sowie die Äußerung selbst bis zum Abschluss des Auskunftsverfahrens gezielt zu sichern. Dadurch soll verhindert werden, dass diese Daten vor Ablauf des Verfahrens gelöscht werden und ein bestehender Auskunftsanspruch ins Leere läuft. Um Zeit zu gewinnen, sollen Diensteanbieter (v.a. Telemedienanbieter) bereits in einem früheren Verfahrensstadium verpflichtet werden können, die IP-Adresse eines Verfassers offenzulegen. Die Offenlegung erfolgt nur gegenüber dem Gericht, das dann gegenüber dem Internetzugangsanbieter (Telekommunikationsunternehmen) vorsorglich ein Verbot aussprechen kann, die Bestandsdaten (insbesondere wem diese IP-Adresse zu dieser Zeit zugeordnet war) zu löschen. Die Regelung folgt dem Vorbild der Rechtslage bei der Seite 4 von 6 Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums. Eine Offenlegung der Daten gegenüber dem Geschädigten und eine Zusammenführung von IP-Adresse und Bestandsdaten zur Identifikation des Schädigers wird grundsätzlich erst bei Abschluss des Verfahrens erfolgen. Bei offensichtlichen Rechtsverletzungen soll das Gericht den Diensteanbieter bereits durch eine einstweilige Anordnung verpflichten können, Auskunft über die Bestands- und Nutzungsdaten eines Verfassers zu erteilen." Quelle: Bundesministerium für Justiz.
Link: Gesetz gegen digitale Gewalt
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