Richtiges Verhalten bei Hausdurchsuchung - vom Fachanwalt für Strafrecht kurz für Notfälle erklärt

  • 5 Minuten Lesezeit

Sie befürchten eine Hausdurchsuchung (oder gar Verhaftung) in Kürze, z.B. nach Sperrung eines social media accounts wegen (kinder)pornographischer Dateien (Meldung an NCMEC erfolgt). Oder Sie wissen, jemand hat Sie angezeigt? Oder gesondert Verfolgte sind bereits "hops genommen" worden und Sie könnten der nächste sein? 


Der nachfolgende Beitrag von Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Dülmen, Gescher, Ahaus) soll nur ein ganz kurzer Nothelfer mit den aller wichtigsten Informationen sein. Kein  Jura-Blabla, nur das Nötigste!  


So verhalten Sie sich, wenn es morgens um Sechs an der Tür klingelt oder das SEK die Tür sprengt:


  • Lassen Sie sich von den Polizeibeamten den Durchsuchungsbeschluss aushändigen und lesen diesen durch, bevor Sie die Beamten und ggf. Spürhunde hinein lassen. 
  • Sollte ein schriftlicher Beschluss nicht vorliegen, was grundsätzlich möglich und zulässig ist, im Falle einer mündlichen Eilanordnung vom Ermittlungsrichter, hören Sie den Polizeibeamten genau zu!
  • Auf die oft gestellte Fangfrage "Dürfen wir reinkommen?" antworten Sie nur: "Nein, nur mit Durchsuchungsbeschluß."  


  • Leisten Sie keinerlei Widerstand gegen das Betreten der Wohnung und auch nicht gegen einzelne Maßnahmen. 
  • Falls ein Polizeibeamter versucht, Sie in einem Zimmer auf einen Sessel zu setzen oder mit Handschellen zu fesseln, leisten Sie keinen Widerstand. Selbst wenn der Durchsuchungsbeschluss sich nachträglich als rechtswidrig herausstellt, wäre der Widerstand gegebenenfalls eine weitere Straftat durch Sie, die auch konsequent von der Justiz verfolgt wird.


  • Willigen sie nicht in die Durchsuchung ein! 
  • Helfen Sie nicht bei der Durchsuchung mit! 
  • Führen Sie mit den durch Suchenden Polizeibeamten keinerlei Gespräche.


Wer zustimmt, beschädigt seine Verteidigungschancen! 

Auch wenn Sie keinen Widerstand leisten und die Beamten in Ihr Haus oder Ihre Wohnung lassen, müssen Sie darauf bestehen, dass Sie der Durchsuchung nicht zustimmen. Sollte der Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig sein, oder sollten andere Verfahrensfehler sich nachträglich herausstellen, so lassen sich nämlich Beweisverwertungsverbote zu Ihren Gunsten im Strafverfahren beanstanden. Wenn Sie aber in die Durchsuchung oder Sicherstellung einwilligen, verlieren Sie dieses Recht. Sogar rechtswidrige Maßnahmen und möglicherweise unverwertbare Beweismittel gegen sie werden dann zulässig. Kurz gesagt: Zustimmung = Verzicht auf Verteidigungsrechte! 


Schweigen Sie! Kein Smalltalk! 

Sie haben das Recht zu schweigen und sollten dies auch unbedingt tun. Jedes lockere Gespräch wird sich später im Durchsuchungsbericht der Beamten wiederfinden, auch wenn Ihnen selbst das gar nicht wie eine polizeiliche, offizielle Beschuldigtenvernehmung vorgekommen ist. Bereits dieses vermeintlich lockere Gespräch oder sonstige Angaben im Rahmen der Durchsuchung können und werden später ihre Verteidigungsposition schmälern.


Keine Zustimmung zur Sicherstellung!

Sie stimmen nicht der Sicherstellung von Handys, Computern, Laptops, USB Sticks, CD-Roms und anderen Beweismittel zu. Sie widersprechen dem ausdrücklich, erdulden aber auch hier die Mitnahme durch die Beamten.


Kontaktaufnahme zum Anwalt

Idealerweise rufen Sie noch während der Durchsuchung einen Strafverteidiger an. Falls ein Beamter das verweigert, bitten Sie ihn, er möge selbst die Nummer eines Ihnen bekannten Strafverteidiger anwählen und das Telefon dann weitergeben! 


Sie werden fast immer im Rahmen einer Hausdurchsuchung auch einer gewissen polizeilichen Willkür ausgesetzt sein, die sich später nicht in der Akte wiederfindet und die sich nur selten nachweisen lässt. Bleiben Sie trotzdem ruhig! Sie und sogar ein Anwalt können im Moment der Vollstreckung des "Durchsuchungsbefehls" (so oft fälschlich genannt) die Maßnahme ohnehin nicht abwenden und nichts dagegen tun. Aber die Polizeibeamten müssen auf jeden Fall wissen, dass Sie als Beschuldigter Ihre Rechte kennen.


Keine Herausgabe von Paßwörtern / PIN!

Geben Sie keinerlei Passwörter beziehungsweise PIN für Handys oder sonstige Datenträger heraus! Die Polizei wird Druck ausüben. Oder die Polizei wird Ihnen Versprechungen machen, dass bei Herausgabe des Passworts Sie das Gerät sehr schnell zurückbekommen werden. Das aber ist eine kriminalistische List oder vereinfacht gesagt, schlichtweg eine Lüge, um Sie zum Beweismittel gegen sich selbst zu machen. Kein Beschuldigter sollte jemals irgendein Passwort freiwillig herausgeben. Dazu besteht keine Pflicht, egal was die Beamten Ihnen gegenüber andeuten oder sogar wahrheitswidrig behaupten.

Sie müssen nicht mitwirken, Sie müssen nicht reden, sie müssen keine Passwörter herausgeben!



Sie gehen nicht freiwillig mit auf die Polizeiwache

Sollten Sie aber festgenommen und mit zur Polizeiwache genommen werden, dulden Sie auch dies. Sie reden aber nicht mit den Polizeibeamten: Nicht während der Fahrt zur Wache, auch nicht auf der Wache!

Sie bestehen im Vernehmungszimmer oder im Polizeigewahrsam einmal mehr darauf, dass Sie jetzt einen Anwalt sprechen wollen. 

Ab jetzt wird Ihnen das auch kein Polizeibeamter mehr Verweigern können. Aber der Versuch, es zu verweigern oder zu verzögern kann trotzdem erfolgen. Bleiben Sie stabil!


Spätestens nach der Durchsuchung: Strafverteidiger beauftragen!

Nach der Durchsuchung kümmern Sie sich unverzüglich um die Beauftragung eines erfahrenen Strafverteidigers. 

Sie halten für Ihren künftigen Anwalt nach Möglichkeit bereit:

  • den Durchsuchungsbeschluss
  • das Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll
  • bei mündlichen Anordnungen von Durchsuchungen haben sie idealer Weise sich zuvor von einem Polizeibeamten die Visitenkarte und die Tagebuchnummer / Vorgangsnummer der Polizei geben lassen. 


Ein erfahrener Strafverteidiger weiß jetzt, was genau zu tun ist:

Ein erfahrener Strafverteidiger, der sein Handwerk versteht, wird Ihnen binnen weniger Wochen Einsicht in die Ermittlungsakte verschaffen. 

Sollten Sie jemanden beauftragen, der Ihnen schon bei der Mandatsannahme sagt, die Akteneinsicht wird Monate oder gar mehr als ein Jahr dauern, dann haben Sie einen schlechten Anwalt erwischt: jeder Betroffene eines Grundrechtseingriffs erhält Akteneinsicht sehr, sehr schnell – Sie müssen nur einen Anwalt haben, der weiß, wie es geht. Das hat natürlich seinen Preis, denn auch der gute, erfahrene Handwerksmeister verlangt mehr für seine Arbeit, als der Geselle.   


Tipps für Angehörige bei Durchsuchung und Verhaftung

Sollte es im Rahmen der Hausdursuchung zugleich zur Festnahme und Vollstreckung von Untersuchungshaft (U-Haft; Haftbefehl) kommen, so können auch Angehörige und Freunde des Beschuldigten zumindest, was die Kontaktaufnahme zu einem Strafverteidiger anbelangt, sich an obengenannte Tipps halten. 


Achtung: falls ein verhaftete Angehöriger noch mit Ihnen sprechen kann, sorgen Sie dafür, dass die Polizeibeamten wissen, dass der festgenommene Angehörige / Freund Sie ausdrücklich damit beauftragt hat, sich um einen Anwalt zu kümmern. Das wird es jedem Anwalt einfacher machen, auch dann Zugang zum Beschuldigten zu bekommen, der selbst von der Außenwelt abgeschnitten ist. 


Rechtsanwalt Urbanzyk ist als Fachanwalt für Strafrecht flexibel und bei Verhaftung und Durchsuchung auch schnell erreichbar unter: 0151-52068763.   

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk

Beiträge zum Thema