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Schluss mit dem „gläsernen“ Versicherungskunden ...

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… sagt das Bundesverfassungsgericht (1BvR 3167/08).

Das höchste deutsche Gericht hatte über die Beschwerde einer Versicherungskundin zu entscheiden. Die unterhielt bei einem Versicherungsunternehmen eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Nach deren Versicherungsbedingungen hatte der Versicherte bei der Beantragung von Versicherungsleistungen u. a. behandelnde Ärzte, Krankenhäuser und sonstige Krankenanstalten sowie Pflegepersonen, andere Personenversicherer und Behörden zu ermächtigen, dem Versicherungsunternehmen auf Verlangen Auskunft zu geben.

Die Kundin beantragte wegen einer Depression Versicherungsleistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie weigerte sich jedoch, die von dem Versicherungsunternehmen verlangte Schweigepflichtentbindungserklärung abzugeben. Stattdessen bot sie an, Einzelermächtigungen für jedes Auskunftsersuchen zu erteilen. Daraufhin übersandte das Versicherungsunternehmen der Kundin vorformulierte Erklärungen zur Schweigepflichtentbindung ihrer Krankenkasse, zweier Ärztinnen und ihrer Rentenversicherung. Die Erklärungen ermächtigten den Versicherer „umfassend“ zur Auskunftseinholung.

Die Kundin lehnte die Unterzeichnung auch dieser Erklärungen ab und bat um weitere Konkretisierung der gewünschten Auskünfte. Dies wurde von dem Versicherer abgelehnt. Die beantragte Berufsunfähigkeitsleistung wurde wegen Verweigerung der verlangten Auskünfte nicht gewährt. Die Versicherungsnehmerin klagte daraufhin auf Zahlung einer monatlichen Rente wegen Berufsunfähigkeit. Diese Klage wurde von den Zivilgerichten abgewiesen.

Die Kundin legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein, weil sie in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden sei. Dies sahen die Verfassungsrichter genauso:

Selbst durch die vorformulierten Einzelermächtigungen würde dem Versicherungsunternehmen ermöglicht, auch über das für die Abwicklung des Versicherungsfalls erforderliche Maß hinaus in weitem Umfang Informationen über die Kundin einzuholen. Darunter seien auch viele, die für die Abwicklung des Versicherungsfalles bedeutungslos seien.

Aus diesem Grunde seien auch die von dem Versicherungsunternehmen verlangten Einzelermächtigungen unwirksam. Zwar müsse das Versicherungsunternehmen den Eintritt des Versicherungsfalles prüfen können. Dabei müsse jedoch die Übermittlung von persönlichen Daten auf das hierfür erforderliche Maß begrenzt bleiben.

Diese Entscheidung dürfte auf die bisherige Praxis der Versicherungsunternehmen große Auswirkungen haben. Bisher haben alle Versicherungsunternehmen umfassende Auskünfte verlangt. Dies hat in vielen Fällen dazu geführt, dass sie hierdurch nicht bekannte Krankheiten bzw. ärztliche Behandlungen erfuhren. Deswegen sind sie in vielen Fällen vom Versicherungsvertrag zurückgetreten. Dies dürfte in Zukunft schwieriger sein. 

Zwar erging die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum alten Recht. Mit dem neu eingeführten § 213 VVG wurde zwischenzeitlich eine gesetzliche Regelung geschaffen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfte jedoch auch für die Anwendung dieser Gesetzesvorschrift zu beachtende Hinweise geben.


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