Schulordnungsmaßnahme auch bei Gewalt nach Provokation
- 2 Minuten Lesezeit
Ein Schüler, der sich an einer gewalttätigen Prügelei beteiligt, muss Schulordnungsmaßnahmen auch dann hinnehmen, wenn die Tat von anderen provoziert wurde. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.
Im Dezember 2012 war es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Schülern eines Gymnasiums in Berlin-Charlottenburg gekommen, nachdem einer von ihnen geäußert hatte, er habe Läuse in den Haaren des anderen gesichtet. Der so Gehänselte fühlte sich hierdurch provoziert und in seiner Ehre verletzt. Die anschließende Prügelei, deren Verlauf nicht mehr rekonstruierbar war, führte u. a. zu einer Prellung am Kopf des Gehänselten und zu Nasenbluten. Die Klassenkonferenz verhängte beiden Schülern gegenüber einen schriftlichen Verweis und gab ihnen als Ordnungsmaßnahme jeweils den Besuch der schulinternen Mediation auf. Hiergegen wandten sich die Eltern des Gehänselten mit ihrer Klage mit der Begründung, ihr Sohn werde schon länger gemobbt; daher habe er sich verteidigen müssen. Es sei ungerecht, ihn als Mobbingopfer dafür zu bestrafen, dass er sich gegen einen körperlichen Angriff verteidigt habe.
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts wies die Klage ab. Die Klassenkonferenz habe die angegriffene Ordnungsmaßnahme im Einklang mit dem Berliner Schulgesetz getroffen. Der Schüler habe durch sein Verhalten die ordnungsgemäße Unterrichts- oder Erziehungsarbeit beeinträchtigt. Voraussetzung für eine Ordnungsmaßnahme sei allein eine objektive Pflichtverletzung des betreffenden Schülers, die hier darin liege, dass er durch sein Verhalten elementare Bildungs- und Erziehungsziele des Berliner Schulgesetzes missachtet habe. Zu diesen Zielen gehöre insbesondere, zu lernen, aktives soziales Handeln zu entwickeln und Konflikte vernünftig und gewaltfrei zu lösen. Durch sein Verhalten habe der Schüler gezeigt, dass er nicht bereit gewesen sei, die Eskalation eines Streits zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zu verhindern. Gerade weil es hier nicht um die Ahndung strafrechtlich relevanten Verhaltens gehe, sei ein an einer körperlichen Auseinandersetzung beteiligter Schüler nicht deshalb vor schulischen Ordnungsmaßnahmen geschützt, weil er sich möglicherweise auf eine Notwehrsituation hätte berufen können.
Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt werden.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 12/2014 vom 25.02.2014 der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz der Stadt Berlin.
Kommentar: Das Urteil mag auf den ersten Blick bemerkenswert sein. Die schulische Ordnungsmaßnahme erhält insoweit Vorrang trotz einer möglicherweise gegebenen Notwehrsituation. Es mag unbestritten sein, dass die Schule ihre Bildungs- und Erziehungsziele nur dann erreichen kann, wenn der Schulunterricht ohne gravierende Störungen in geordneten Bahnen verläuft. Neben den förmlichen Ordnungsmaßnahmen gibt es aber auch pädagogische Maßnahmen, die in den Schulgesetzen meistens nicht näher definiert sind. Eine Abgrenzung der beiden Instrumente zur Wahrung und Einhaltung des Schulfriedens ist meist nicht möglich, da auch die förmlichen Ordnungsmaßnahmen in erster Linie eine pädagogische Funktion haben. Daher waren der schriftliche Verweis und der Besuch der Mediation sicherlich eine mildere und erfolgsversprechende Maßnahme anstelle eines zeitweisen Ausschlusses vom Unterricht. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil in der nächsten Instanz.
Artikel teilen: