Skiunfall in Italien, Beweissicherung FIS-Regeln

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Ein Skiunfall im Urlaub ist allein schon tragisch genug, geschieht er noch dazu im Ausland, ist der Vorfall umgehend noch tragischer.

Bei einem Skiunfall in Italien muss man einige Grundregeln beachten, die eine folgende Schadenersatzforderung leichter und reibungsloser gestalten können.

Grundsätzlich gilt auf Italiens Skipisten ein eigenes Recht. Mit Gesetz vom 24. Dezember 2003 Nr. 363, veröffentlich im Amtsblatt der italienischen Republik Nr. 3 am 5. Jänner 2004, wurden Verhaltensvorschriften erlassen, welche die Verantwortlichkeit bei Unfällen auf und abseits der Skipiste regelt. Damit hat man einen Schlussstrich unter die diversen, oft gegensätzlichen Entscheidungen der einzelnen Gerichte über die Verantwortung bei einem Skiunfall gezogen, denn einige Gericht haben das Verkehrsrecht als Grundlage für die Verantwortung auf der Skipiste als Grundlage herangezogen, wieder andere haben sich eher an die Verhaltensregeln der F.I.S. (Fédération Internationale de Ski) gehalten.

Der Gesetzgeber hat dem ein Ende gesetzt und im Teil 3 des Gesetzes vorerst eine allgemeine Helmpflicht für Jugendliche unter 14 Jahren eingeführt und dann in den Artikeln 9 bis 14 die Verhaltensregeln der FIS rezipiert und zu eigen gemacht.

Zum Beispiel Artikel 9: Die Geschwindigkeit und Fahrweise muss an das eigene Können sowie die Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnisse so angepasst werden, dass sie für die anderen keine Gefahr darstellt.

Wichtig ist auch die Vorschrift in Artikel 10: der Skifahrer der von oben kommt muss eine Fahrbahn wählen die es ihm möglich macht einen Zusammenstoß oder eine Behinderung mit dem unter ihm fahrenden Skifahrer zu vermeiden.

Eine weitere Grundregel ist im Artikel 12: Bei Kreuzungen hat der Skifahrer der von rechts kommt, oder wie von den Hinweisschildern angegeben die Vorfahrt.

Geschieht nun ein Unfall, sollte als erstes die Versorgung des Verunglückten erfolgen, egal ob man den Unfall verursacht hat oder nur Zeuge ist, denn unterlassenen Hilfeleistung kann zivilrechtlich gemäß Artikel 14 des besagten Gesetzes 363/03 und Strafrechtlich verfolgt werden. Nach der Erstversorgung des Verletzten muss die Beweissicherung erfolgen. Es ist bei einem Unfall also immer wichtig, sofern möglich, dem Beamten der den Unfall aufnimmt darauf hinzuweisen, dass der Unfallgegner eine bestimmte FIS-Regel verletzt hat. Alle anwesenden Zeugen sollten dem Beamten sofort genannt werden. Dies um dem späteren Vorwurf entgegen treten zu können, dass die Zeugen am Unfallort nicht anwesend waren, da diese im Protokoll nicht angeführt sind.

Ein Glück für jeden Anwalt sind Lichtbilder des Unfallortes, womöglich noch mit den Spuren des Zusammenpralls, denn Skipisten haben leider den Nachteil, dass sie niemals gleich sind. So kann eine Skipiste ein Jahr nach dem Unfall, durch mehr oder weniger Schnee eine ganz andere Neigung haben, der Schnee kann vereist und glatt sein oder hügelig und matschig. Daher ist es wichtig, dass man dem Dritten (Sachbearbeiter bei der Versicherung oder dem Richter), der am Unfall nicht beteiligt war und auch nicht anwesend war, durch eine detaillierte Beschreibung des Unfallortes, mit Bildnachweis einen guten Überblick gibt.

Im italienischen Schadenersatzrecht muss auch berücksichtigt werden, dass ein Gutachten kein Beweismittel ist. Ein Gutachten dient nicht zur Beweissicherung, ist kein Beweismittel. Die Erstellung eines Gutachtens ist nur im Rahmen eines Zivil- oder Strafverfahrens notwendig, da der Richter den Gutachter beauftragt, anhand der bereits aufgenommenen Beweise zu überprüfen, ob die Darstellung des Klägers technisch möglich ist. Ein Gutachter ist im italienischen Zivilprozessrecht nur der „technische Vertreter“ des Richters. Ein Gutachter darf in seinem Gutachten nie Schuldzuweisungen machen. Er überprüft lediglich ob der Unfallhergang, so wie vom Kläger geschildert und von den Zeugen bewiesen möglich ist. Daher ist es notwendig, dass der Gutachter so viel wie möglich Bildmaterial und Zeugenaussagen vom Unfalltag hat.

Letztlich muss noch auf die neueste Tendenz der Rechtsprechung im Skirecht hingewiesen werden, die auch auf die Beweissicherung Einfluss hat. Immer mehr Richter legen ihren Entscheidungen auch das Grundprinzip der Eigenverantwortung und den Haftungsausschluss des Sportrechts zu Grunde. Im Sportrecht gilt der Grundsatz, dass der Sportler bei Ausübung seines Sports eine gewisse, dem Sport eigene Verletzungsgefahr in Kauf nimmt und eine Haftung des Dritten ausschließt. So kann der Boxer seinen Gegner für ein „blaues Auge“ nicht verklagen und ein Skifahrer den anderen Pistenbenützer eben auch nicht, sofern er nicht den Nachweis erbringen kann, dass der Unfall auf eine Verletzung der FIS Verhaltensvorschriften beruht und er selber (eben in Eigenverantwortung) alles dazu beigetragen hat um den Unfall zu vermeiden.



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