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Sozialrecht – Grad der Behinderung, Merkzeichen „Bl“, auch bei cerebral bedingter Sehstörungen

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In Verfahren auf Feststellung des Grades der Behinderung für Kinder ist oftmals festzustellen, dass die Aussagen der behandelnden Ärzte und des medizinischen Dienstes weit auseinander fallen. Während die behandelnden Ärzte die gegebenen Tatsachen darstellen, erfolgt vom medizinischen Dienst nicht selten eine sehr enge Orientierung an den Vorgaben des Gesetzes und der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Dabei wird jedoch regelmäßig nicht der Sinn und Zweck, sondern der reine Wortlaut der Regelungen in den Vordergrund gerückt.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat mit Urteil vom 22.11.2017, Az. L 13 SB 71/17, zu der Frage des Grades der Behinderung, Merkzeichen „Bl“, bei cerebral bedingter Sehstörungen Stellung bezogen:

„(…) Nach den Maßstäben der neueren Rechtsprechung des BSG hat die Klägerin als blind zu gelten. Zwar fehlt ihr das Augenlicht nicht vollständig. Auch hat sich nicht beweisen lassen, dass ihre Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht beidäugig mehr als 1/50 beträgt. Zur Überzeugung des erkennenden Senats liegen jedoch andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vor, dass sie einer solchen Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzustellen sind. (…)“

Ergänzungen des Anwalts für Sozialrecht:

Das Urteil des LSG setzt die neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Bereich der Anerkennung des Grades der Behinderung fort.

Früher erfolgte auch von der Rechtsprechung eine eher strenge Orientierung an den versorgungsmedizinischen Grundsätzen und den darin bereits festgelegten Bewertungen. Diese Rechtsprechung wurde vom BSG unter Verweis auf das Risiko von Zufallsergebnissen gerade bei mehrfach schwerstbehinderten Menschen aufgegeben. Danach kommt es nunmehr darauf an, ob eine den versorgungsmedizinischen Grundsätzen vergleichbare Beeinträchtigung zu verzeichnen ist. 

Die Fakten des Falles bestätigen eindrucksvoll die Richtigkeit der neuen Rechtsprechung. Die Eltern des Kindes hatten vorgetragen, dass die Klägerin in der meisten Zeit des Tages die Augen geschlossen halte oder nur einen kleinen Spalt geöffnet habe. Im Umgang mit der Klägerin werde immer deutlicher, dass diese kein Interesse an ihren Augen habe. Sie habe sich dahingehend entwickelt, dass sie sogar bei der Nahrungsaufnahme die Augen ganz schließe.

Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten. 

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