Talaq Scheidung – Urteil zu Wirksamkeit einer ausländischen Privatscheidung in Deutschland

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Nach einer im Dezember 2017 ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte muss das Land Deutschland im Ausland durchgeführte Privatscheidungen nach dem Scharia-Recht nicht anerkennen.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eheleute stammen ursprünglich aus Syrien und haben dort im Jahr 1999 vor einem syrischen Gericht islamisch geheiratet. Beide Ehegatten lebten für längere Zeit in Deutschland und erwarben auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Zwischenzeitlich hatten beide Ehegatten jedoch auch im Ausland gelebt. Im Jahr 2013 erklärte der Ehemann vor einem geistlichen Scharia Gericht in Syrien die Scheidung der Ehe, in dem er den Talaq aussprach. Das Gericht stellte die Scheidung fest und dokumentierte dies in einem gerichtlichen Beschluss. Der Ehemann beantragte beim Oberlandesgericht München die Anerkennung der im Ausland durchgeführten Scheidung. Die Ehefrau wehrte sich gegen die Anerkennung der ausländischen Scheidung. Da es nach Ansicht des Oberlandesgerichts für die Entscheidung der Anerkennung auf die Auslegung europäischen Rechts ankam, legte das Oberlandesgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vor.

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die einschlägige EU-Verordnung „Rom III“, wonach sich die Wirksamkeit der Scheidung im konkreten Fall nach syrischem Recht richtete, nicht auf Privatscheidungen Anwendung findet. Anerkennungsfähig seien nur Ehescheidungen, die von einem staatlichen Gericht oder einer staatlichen Behörde ausgesprochen und dokumentiert werden. Geistliche Scharia-Gerichte in islamischen Ländern fallen nach Ansicht des Europäischen Gerichtshof nicht unter die Verordnung.

Folge der Entscheidung dürfte sein, dass es häufiger Fälle geben wird, in welchen islamische Ehen mit Auslandsbezug mehrfach geschieden werden müssen: Einmal im außereuropäischen Heimatland, wenn zu diesem noch Bezug besteht, und einmal vor einem deutschen Gericht, wenn die Rechtswirkungen der Scheidung auch in Deutschland gelten sollen.

Im konkreten Fall des syrischen Ehepaares wird die Durchführung eines Scheidungsverfahrens in Deutschland erforderlich sein.

Sollten Sie eine Ehescheidung beabsichtigen, rate ich Ihnen einen Anwalt zu kontaktieren. Für eine Scheidung in Deutschland ist gem. §114 FamFG ein Anwalt ohnehin zwingend erforderlich. Sofern eine für Sie günstigere Möglichkeit der Scheidung im Ausland infrage kommt, sollte zunächst von einem Anwalt geklärt werden, ob diese Scheidung überhaupt in Deutschland anerkannt werden kann. Sie vermeiden so unter Umständen doppelte Kosten. 


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