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Tarifvertragliche Befristung: wie weit sind Abweichungen von der gesetzlichen Regelung erlaubt?

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Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob die gesetzlichen Vorgaben zwingend sind oder in welchem zulässigen Rahmen von ihnen abgewichen werden kann. Hintergrund ist hierbei die jüngste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Interessant ist die Frage insbesondere bei der sachgrundlosen Befristung.

Kann der Tarifvertrag die sachgrundlose Befristung über die gesetzlichen Vorgaben hinaus ausweiten?

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz schreibt vor, dass eine Befristung ohne sachlichen Grund höchstens für die Dauer von zwei Jahren zulässig ist. Hiervon gibt es allerdings eine wichtige Ausnahme: den Tarifvertrag.

Der Tarifvertrag darf grundsätzlich von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. Dies sieht das Teilzeit- und Befristungsgesetz ausdrücklich vor. Eine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen kann dabei sowohl zu Gunsten des Arbeitnehmers als auch zu dessen Nachteil erfolgen. Das heißt: Es können nicht nur kürzere Befristungsmöglichkeiten vereinbart werden. Vielmehr ist es auch möglich, tarifvertraglich die Dauer der Befristung erheblich auszuweiten und auf diese Weise die Möglichkeit einer auch sachgrundlosen Kettenbefristung zu statuieren. Die gesetzlichen Vorschriften, welche die Grenze grundsätzlich bei einer Befristung von zwei Jahren ziehen, sind nicht zwingend, sondern zu Gunsten der Tarifvertragsfreiheit abdingbar. Grundsätzlich ist es den Tarifparteien überlassen, hier eine soziale und gerechte Regelung zu finden. Unklar war bisher, wie weit die Vertragsautonomie zu Lasten des Arbeitnehmers gehen kann.

Die bisherige Auffassung des BAG

Die Vertragsfreiheit ist eines der bedeutenden Prinzipien des Zivilrechts. Welche Vereinbarungen vertraglich getroffen werden, ist grundsätzlich allein Sache der Vertragsparteien, in unserem Fall genauer: der Tarifparteien.

Klar war aber dennoch auch bisher, dass es eine Missbrauchskontrolle und somit eine Beschränkung der Befristungsmöglichkeit ohne sachlichen Grund geben muss. Bisher erfolgte die Missbrauchskontrolle durch die Arbeitsgerichte allerdings eher bezogen auf den Einzelfall. Klare Kriterien, ab welcher Befristungsdauer tatsächlich von einem Missbrauch der tarifvertraglichen Befristung auszugehen ist, gab es bisher nicht.

Und so entschied das BAG aktuell

In seiner Entscheidung vom 26.10.2016 legte das BAG erstmals eine Höchstgrenze für die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung fest und schuf damit mehr Rechtssicherheit (BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15).

Das BAG stellte in dieser Entscheidung klar,

„… dass die Befugnis der Tarifparteien aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen nicht schrankenlos gilt. Der durch das Gesetz eröffnete tarifvertragliche Gestaltungsspielraum ermögliche demnach nur tarifvertragliche Regelungen, durch die die im Befristungsgesetz genannten Werte für die Höchstdauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags und die Anzahl der möglichen Vertragsverlängerungen nicht um mehr als das Dreifache überschritten werden ...“

Vereinfacht gesagt bedeutet das:

Tarifverträge dürfen grundsätzlich aufeinanderfolgende sachgrundlose Befristungen bis zu einer Gesamtdauer von sechs Jahren vorsehen. Innerhalb dieser sechs Jahre ist höchstens eine neunmalige Kettenbefristung möglich.

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