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Telekommunikationsüberwachung Datenverwertung (Encrochat)

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Die aktuell überall in der BRD laufenden Encrochatverfahren, die auf der Auswertung im Ausland erlangten Telekommunikationsdaten beruhen, zum Anlass nehmend, ist auf die sensible Handhabung persönlicher Kommunikation nochmals hinzuweisen.

Zum Hintergrund ist zu erwähnen, dass ein Anbieter von Kommunikationsdiensten (Encrochat) damit warb, dass dessen besonders ausgestattete Mobiltelefone abhörsicher und geschriebene Chats nicht zu entschlüsseln seien.

Aufgrund dieser Werbung und den sehr exklusiven Preisen des Service, vermuteten die Ermittler eine Nutzung des Dienstes zu kriminellen Zwecken.

Im Rahmen einer konzertierten Aktion, unter Beteiligung des Geheimdienstes in Frankreich, wurde auf einen richterlichen Beschluss aus Frankreich heraus der Encrochatserver angegriffen und monatelang 32.000 Handys -auch solche auf deutschen Hoheitsgebiet- überwacht. Diese Daten wurden den deutschen Ermittlungsbehörden  zur Verfügung gestellt und wurden ausgewertet. Aufgrund dieser Vorermittlungen in Frankreich wurden verschiedenste Ermittlungsverfahren in Deutschland eingeleitet, die zwischenzeitlich teilweise zu Anklagen und auch schon zu Verurteilungen geführt haben. (vgl. insoweit Derin/Singelnstein, "Verwendung und Verwertung von Daten aus massenhaften Eingriffen in informationstechnische Systeme aus dem Ausland (Encrochat), NStZ 2021, 449)

Im Rahmen eines solchen Verfahrens ist festzustellen, dass die Verwertung dieser zu Beweiszwecken nach französischen Recht gewonnen Daten, von den Obergerichten in der BRD für verwertbar erklärt wurden, obwohl erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, wegen der Art und Weise der Gewinnung der Daten, durch die Strafverteidiger eingewendet werden.

Damit ist darauf hinzuweisen, dass für die Ermittlungsbehörden zwischenzeitlich die Auswertung der Handys, wegen der dort gespeicherten Daten, auch bei Gewinnung der Daten nach deutschen Recht, zu einem enorm wichtigen Instrument geworden sind. 

Da zudem in der BRD grundsätzlich auch eine rechtswidrige Beweisgewinnung nicht zwingend zum Beweisverwertungsverbot vor Gericht führt, ist also ein sorgfältiger Umgang mit der eigenen Kommunikation und ein kontrolliertes Verhalten im Internet geboten. Durch die Speicherung auf dem Gerät oder in Clouds sind oft umfängliche Kommunikationsdaten vorhanden, die zur Auswertung stehen und zu sogenannten Zufallsfunden führen können, die wiederum verwertbar sind und zu Beweiszwecken vor Gericht verwendet werden können.

Als Beschuldigter ist man nicht verpflichtet, den Ermittlungsbehörden Zugang zu seinem Handy oder Computer, durch Mitteilung der Passwörter oder aber sonstigen Zugangssperren, zu ermöglichen. Hier schützt nur ein konsequentes Widersprechen und Passivität bei der Aufforderung, den Zugang zu gewähren.  Bei Fingerabdruckhandys oder aber Gesichtserkennung als Verschlüsselung ist es den Ermittlungsbehörden gestattet, diese Sperren durch Vorhalten des Handys oder der Abnahme von Fingerabdrücken im Rahmen angeordneter erkennungsdienstlicher Maßnahmen zu überwinden.

Jeder sollte selbst entscheiden, ob er den Zugang gewährt oder nicht. Wegen dem dann unbeschränkten Zugang zu allen Daten ist ein Widersprechen in aller Regel nicht falsch. Eine Entscheidung über eine Kooperation mit den Ermittlungsbehörden sollte nach Rücksprache mit einem im Strafrecht spezialisierten Anwalt  getroffen werden. 

Schweigen ist als erste, sich selbstschützende Maßnahme, in aller Regel nie verkehrt, aber wegen dem Drängen von Ermittlern zur Aussage auch nicht leicht durchzuhalten. 

Statistisch sind deshalb Ermittlungsmaßnahmen mit Durchsuchung und Beschlagnahme von Gegenständen und begleitende Vernehmung von Personen für die Ermittlungsbehörden besonders erkenntnisreich, weil in diesen Situationen die Ermittler schon wegen dem Überraschungsmoment und ihrer Erfahrung im Vorteil sind. 

Damit gilt Ruhe bewahren, die angeordneten Maßnahmen erdulden, nicht in weitere Maßnahmen vorschnell einwilligen und Fragen -mit Ausnahme zu denen zur Person- nicht beantworten. Am besten den Anwalt seines Vertrauens hinzurufen. Das darf und kann einem nicht verwehrt werden, wenn die Ermittler einen konkreten Verdacht verfolgen und hierzu Fragen stellen, da dies bereits eine Vernehmung zur Sache darstellt, bei der dem Beschuldigten ein Konsultationsrecht zu seinem(r) Verteidiger(in) nach der StPO garantiert wird. Man muss dieses Recht aktiv einfordern, dann wird es einem gewährt werden.


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